ANDREA SPIEGEL: Hast du vielleicht einen Tipp für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sagen, sie möchten etwas bewegen und die Führungsriege inspirieren oder anstacheln, den nächsten Schritt in Richtung Digitalisierung zu gehen? Wie kann man so etwas angehen?
INGO KLARENBACH: Ja, das ist ein ganz schwieriges Thema. Ich kenne es selbst. Da kamen auch Mitarbeiter zu mir und sagten: “Können wir nicht WhatsApp untereinander nutzen? Das geht schneller als E-Mails.” Ja, könnt ihr machen, aber es ist halt nicht der offizielle Weg im Unternehmen. Und solange die Unternehmensführung oder die nächste Entscheiderebene das nicht wahrnimmt oder registriert und sagt, da ist ein Problem oder Potenzial, das sollten wir mal angehen, ist es sehr schwierig, das durchzusetzen. Was sich natürlich bewährt, ist, solange man das selbst engagiert tut und bereit ist zu sagen, okay, in meinem Rahmen und Entscheidungsgebiet mache ich so viel wie möglich. Das ist zum Beispiel etwas, was ich mache: Ich brauche nicht unbedingt Hilfsmittel von meinem Arbeitgeber, sondern beschaffe mir die selbst, wenn sie mir helfen. Manchmal sage ich, es wäre nicht schlecht, dann beziehe ich es offiziell und bezahle nichts dafür, und ansonsten beschaffe ich sie mir selbst, weil ich es mir damit einfacher mache.
ANDREA SPIEGEL: Weil du es dir wert bist.
INGO KLARENBACH: Ja, ganz genau. Wenn ich es damit einfacher habe und weniger Stress habe, dann interessiert mich das weniger. Aber diese Einstellung hat nicht jeder, und in großen Unternehmen ist das auch nicht unbedingt der richtige Weg. Wenn einer von zehn das macht, bringt es nur ihm etwas, aber nicht der gesamten Mannschaft. Insofern kann man nur hoffen, dass irgendwer bereit ist, ein Entscheider wirklich hinzuschauen und sich ein Gesamtbild zu verschaffen, was wirklich passiert und welchen Nutzen eine entsprechende Lösung haben kann. Ansonsten hat man da wirklich wenig Chancen.
ANDREA SPIEGEL: Man sollte also vielleicht auch ein Stück weit Beharrlichkeit mitbringen. Nicht nerven, aber gute Argumente zurechtlegen.
INGO KLARENBACH: Statt zu schimpfen, einfach handeln. Das hat meist den Effekt, dass es zur Normalität wird. Die Kollegen werden darauf aufmerksam und sagen, eigentlich gar nicht schlecht, das würde ich auch machen. Wenn es nachher mehrere tun, fällt es irgendwann auf, und man sagt, irgendwas ist anders, es funktioniert besser. Vielleicht sollten wir es offiziell tun.
ANDREA SPIEGEL: Also auch direkt eine Lösung mit anbieten. Nicht nur schimpfen und sich beschweren, sondern selbst nach einer Lösung suchen und sie präsentieren.
INGO KLARENBACH: Genau. Ich war in Betrieben, wo das so war. Beim Thema Vorschlagswesen oder Verbesserungsvorschläge haben die Mitarbeiter das nicht eingereicht, sondern einfach gemacht und fanden es gut. Das eine ist, zu sagen, ich gebe nichts an und lasse die Geschäftsführung das machen. Das ist heute keine vertretbare Einstellung. Die konnte man eigentlich nie vertreten. Da bin ich dann irgendwo falsch. Wenn ich aber wirklich für meinen Bereich Vorteile erschaffe, durch Dinge, die ich selbst einbringe, dann habe ich auch eine ganz andere Verbindung mit dem, was ich tue. Das merkt man in solchen Betrieben sehr deutlich.
ANDREA SPIEGEL: Da sind wir auch viel beim Mindset der Mitarbeiter. Man kann sich auch selbst an die Nase fassen und sagen, ich kann etwas bewirken. Ich bin nicht nur hier, um die acht Stunden abzusitzen, sondern ich möchte gestalten.
INGO KLARENBACH: Und das ist letztlich viel besser als Wertschätzung, die von außen kommt. Wenn ich selbst weiß, warum ich hier bin und was ich tue, dann macht es mehr Spaß.
ANDREA SPIEGEL: Macht dann auch mehr Spaß.
INGO KLARENBACH: Eben, ganz genau. Da bin ich nicht so auf das Lob angewiesen.