ANDREA SPIEGEL: Wenn wir das Thema Praxis erstmal ein bisschen auf die Seite schieben, haben viele Firmen erstmal das Gefühl, dass Digitalisierung wahnsinnig teuer und ein hohes Investment ist.
Kannst du in diesem Zusammenhang eine kleine Beispielrechnung machen oder etwas dazu sagen? Wann kann ich vielleicht mit einem ROI rechnen? Wenn ich zum Beispiel mein Lager digitalisieren möchte und noch relativ am Anfang oder vielleicht auch schon ein bisschen weiter bin, mit was für einer Art von Kosten muss ich rechnen und wann lohnt sich das?
GÜNTER LÖCHNER: Die absoluten Kosten sind relativ. Ich sage mal, kleine Projekte beginnen da irgendwo bei 30.000 €. Aber das sind wirklich sehr kleine Projekte. Ich habe fünf Leute im Lager, einen Handscanner und mit normaler Lagerbuchung. Große Projekte gehen dann auch in Richtung 100.000 oder 500.000 €, wenn ich einfach 40 Gabelstapler im Auto Bereich mit GPS ausrüste. Also das ist sehr unterschiedlich.
Der absolute Betrag ist aus meiner Sicht oft irrelevant, weil entscheidend ist ja gar nicht ob das 30.000 € oder 200.000 € kostet, sondern was ich damit für einen Nutzen erreiche.
Und hier braucht man auch jemand Kompetentes, oft auch einen Partner, der einen an die Hand nimmt und quasi die Nutzen hebt, herausrechnet und einfach sagt, was kann ich an Nutzen erreichen. Und ich sage mal, selbst wenn das Projekt teurer wäre, ist das Entscheidende: Was kriege ich für einen Nutzen?
200.000 € sind teurer als 30.000 €. Wenn ich aber für 200.000 € einen Nutzen pro Jahr von 200.000 € oder 300.000 € erreiche, dann habe ich ja einen ROI von einem Jahr. Viele Projekte die wir im traditionellen Bereich machen, also keine Innovationsprojekte wo wir etwas ganz Neues anfassen was noch nie jemand getan hat, dort rechnen wir oft mit einem ROI von einem Jahr. Das ist für uns die wichtigste Kenngröße, wenn man eine komplette Digitalisierungsstrategie hat, die sich mit mehreren Teilprojekten über einen längeren Zeitraum auseinandersetzt.
Ich empfehle oft diese generelle Strategie zu entwickeln, dass man weiß, wo man überhaupt hinwill. Auf dem Weg dorthin gibt es sage ich mal acht oder zehn Teilprojekte. Ich versuche dann Quick Wins zu erreichen, also mit gewissem, kleinem, überschaubarem Investment und Risiko schon den ersten Erfolg und Nutzen zu erhalten, um damit das Geld zu verdienen. Das kann man dann in Folge investieren und somit die weiteren Schritte erreichen. Teilweise würde ich, wenn ich wenig Übung habe, mit den leichteren Dingen beginnen, was viele schon gemacht haben. Dann wird mir das auch gelingen.
Für die technologischen enorm herausfordernden Dinge oder wo Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden, empfehle ich andere Strategien. Beispielsweise Pilotprojekte, wo man in Teilbereichen mit 5 liebgewonnenen Kunden mal was ganz Neues probiert. Damit ist das Risiko auch überschaubarer.