Kanban-System: So gelingt die Nachschubsteuerung in Lager und Produktion

Die Kanban-Methode basiert auf der Idee, Artikel und Materialien bedarfsorientiert zu steuern, indem nur tatsächlich benötige Mengen hergestellt oder geliefert werden. Das Prinzip findet insbesondere in der Produktionslogistik Anwendung, um den Materialfluss zwischen den verbrauchenden und bereitstellenden Stellen zu optimieren und unnötig hohe Lagerbestände im Pufferlager zu reduzieren. Dadurch lassen sich unter anderem Lagerkosten reduzieren und gebundenes Kapital freisetzen. Im Zuge der Digitalisierungsstrategie vieler Unternehmen werden die traditionellen und papierbasierten Kanban-Systeme jedoch zunehmend durch elektronische Kanban-Systeme im Lager abgelöst. Das Ziel: Das Kanban-System mithilfe von IT-Unterstützung noch effizienter zu machen.

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Was ist ein Kanban-System?

Kanban ist eine Methode zur bedarfsgerechten Nachschubsteuerung in der Produktion. Das Ziel ist es, die Produktion mittels selbstgesteuerter Regelkreise mit den benötigten Materialien zu versorgen und so unnötig hohe Lagerbestände zu vermeiden. Kanban wird auch als Hol- oder Pull-Prinzip bezeichnet, um das Beschaffungsprinzip einer Produktion zu beschreiben, welches direkt auf Nachfrage reagiert. So wird beispielsweise erst nach Bestelleingang die Produktion von Teilen oder eines Produkts angestoßen.

Das traditionelle Kanban-System wurde von Taiichi Ōno entwickelt, als dieser eine Lösung dafür suchte, um die Produktivität des Unternehmens zu steigern. Seine Idee war es, den Materialfluss in der Produktion wie in einem Supermarkt zu organisieren: Der Verbraucher entnimmt die benötigten Artikel in der benötigten Menge aus dem Regal, während ein Mitarbeiter die entnommenen Materialien wieder auffüllt.

In Bezug auf die Produktion bedeutet dies, dass mehrstufige Fertigungs- bzw. Produktionsstufen mittels Regelkreisen miteinander verbunden werden. Hierfür werden auf jeder Fertigungsstufe Zwischenlager (Pufferlager) vorgehalten. Benötigte Mengen werden aus dem Pufferlager entnommen und – analog zum Supermarkt – durch die vorgelagerte Fertigungsstufe wieder aufgefüllt. Da sich das Kanban-System konsequent am vorliegenden Verbrauch ausrichtet, können Lagerbestände auf die tatsächlich benötigten Mengen reduziert werden. Folglich lassen sich Lagerkapazitäten freisetzen und Lagerkosten reduzieren.

Das Kanban System in Lager und Produktion vereinfacht die Nachschubprozesse in der Produktion, da jede Fertigungsstufe nur bei Vorlage eines tatsächlichen Bedarfs produziert. Die Vorratshaltung im Lager kann daher auf ein realistisches Maß reduziert werden.

Wie funktioniert ein Kanban-System?

Ablauf von Kanban in der Logistik

Das Kanban System in der Logistik funktioniert mit Kanban-Karten, die einem Artikel oder Produkt eindeutig zugeordnet sind und als Informationsträger dienen.

Wörtlich übersetzt bedeutet Kanban „Karte“, „Beleg“ oder „Tafel“. Denn als zentrales Steuerungselement von Kanban in der Logistik werden sogenannte Kanban-Karten eingesetzt. Außerdem basiert das Kanban-System auf dem Grundgedanken eines Supermarktes: Im Supermarkt entnehmen Kunden täglich verschiedene Produkte aus den Regalen. An der Kasse werden die entnommenen Artikel erfasst und gesammelt als Nachschubmeldung an das Lager weitergegeben. Das Lager füllt die Regalbestände auf und gibt beim Erreichen eines definierten Lagerbestandes eine Nachschubmeldung an das Zentrallager oder an den Lieferanten ab. So wird rechtzeitig dafür gesorgt, dass die Regale stets befüllt und die Lagerbestände nie aufgebraucht sind.

Exakt diesen Regeln folgt auch Kanban. Die Kanban-Karte dient als wesentlicher Informationsträger und ist einem Artikel oder einem Produkt im Warenregal des Kanban Supermarkts eindeutig zugeordnet. Sobald der Materialvorrat aufgebraucht bzw. der Mindestbestand erreicht ist, wird die Kanban-Karte an den Lieferanten zurückgegeben und dadurch das Signal zum Nachschub gegeben. Nun kann entweder die Produktion der vorgelagerten Stelle angestoßen oder mit der Bereitstellung der Materialien begonnen werden. Sobald die Kanban-Behälter mit den angeforderten Materialien wieder dem Pufferlager zugeführt werden, kann sich die nachgelagerte Stelle wieder an diesem Bestand bedienen.

Bevor ein Kanban-System im Lager bzw. Kanban zur Produktionssteuerung eingeführt wird, ermittelt der Kanban-Koordinator zunächst die Anzahl der benötigten Kanban-Karten. Hierbei gilt grundsätzlich, dass so viel Material zirkulieren sollte, um die Bedarfsmengen zu decken, die im Zeitraum der Wiederbeschaffung auftreten. Die Anzahl der Kanban-Karten ist regelmäßig zu prüfen anzupassen, da die Anzahl in Abhängigkeit von den Umständen der Logistik variiert. Außerdem kann auch der Verlust von Kanban-Karten zu Abweichungen der geplanten Kanban-Karten führen.

Die Kanban-Methode hat sich vielfach bewährt und findet in zahlreichen produzierenden Unternehmen täglich Anwendung. Dabei gibt es heutzutage zahlreiche Weiterentwicklungen, um die Nachschubsteuerung in der Logistik mittels Kanban noch effizienter zu gestalten. Hierfür kommen häufig moderne Technologien zum Einsatz, wie zum Beispiel RFID-Technologie, um manuelle Abläufe weitgehend zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Welche Vorteile bringt ein Kanban-System?

Steigern Sie mit Kanban die Effizienz Ihrer Lagerlogistik

Da Materialen nur nachgefüllt werden, wenn ein realer Bedarf besteht, werden teure Überbestände vermieden, die in Folge manueller oder zeitgesteuerter Nachbestellungen entstehen könnten. Die konsequente Anwendung von Kanban in der Logistik stellt so die beste Voraussetzung für eine Just-in-Time-Produktion dar, die darauf abzielt, Materialien exakt zu dem Zeitpunkt bereitzustellen, zu dem sie benötigt werden. Dadurch lassen sich Ressourcen effizienter nutzen und Lagerkosten reduzieren. Dank der begrenzten Verfügbarkeit von Kanban-Karten können kritische Materialengpässe rechtzeitig erkannt und entsprechende Materialnachschübe veranlasst werden.

Statt einer starren Struktur, erlaubt das Kanban-System eine flexible und situationsorientierte Ausrichtung an den jeweiligen Anforderungen der Produktion. Entsprechend der Nachfrage, lässt sich nämlich die Materialzufuhr mittels der Anzahl der Kanban-Karten kontrolliert und zuverlässig regulieren. Selbst neue Produktvarianten lassen sich so jederzeit einfach leicht in den Arbeitsablauf integrieren.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil von Kanban-Systemen in Lager und Produktion besteht in der Vereinfachung der Kommunikation aller beteiligter Mitarbeiter. Denn beim Kanban-System muss nicht jeder Einzelne im Detail über eine ganze Prozesskette in Kenntnis gesetzt werden. Allein die Kenntnis über den Status des jeweiligen Regelkreises ist für den jeweiligen Mitarbeiter ausreichend. Somit erweist sich Kanban als selbstregulatives System, das einfach erlernt werden kann. Notwendige Voraussetzung ist jedoch die Einhaltung einige Regeln, um den Mehrwert tatsächlich auszuschöpfen, den der Einsatz von Kanban im Lager bieten kann. Nur so lässt sich schließlich die Effizienz des Produktionsprozesses steigern und Kosten für eine unnötige Lagerhaltung oder vermeidbarer Wartezeiten in der Produktion reduzieren.

Vorteile eines Kanban-Systems im Lager

Reduzierung unnötiger Materialtransporte

Reduzierung der Lagerbestände

Geringere Lagerkosten

Reduzierung von Suchzeiten

Kürzere Durchlaufzeiten

Optimierung der Wertschöpfungskette

Welche Arten von Kanban-Systemen gibt es?

Das Kanban-System findet sowohl in Handelsunternehmen als auch in der Produktionslogistik Anwendung. Dabei kann ein Kanban-System zur Steuerung mehrerer Lager vor Ort eingesetzt werden als auch zur Steuerung ganzer Logistikketten. Grundsätzlich kann in das Einkartensystem und in das Zweikartensystem unterschieden werden: Das Einkartensystem wird häufig eingesetzt, wenn der Materialnachschub über einen externen Zulieferer erfolgt (Lieferanten-Kanban). Hierbei wird ein Transportbehälter als Hilfsmitteln genutzt. Das Zweikartensystem, welches mit Produktions-Kanbans und Transport-Kanbans arbeitet, kommt demgegenüber häufig zur innerbetrieblichen Produktionssteuerung zum Einsatz.

Lieferanten-Kanban

Mittels Lieferanten-Kanban wird die Teilebereitstellung durch externe Lieferanten sichergestellt, welcher die benötigten Teile auf Lager hat.

Transport-Kanban

Das Transport-Kanban fungiert als innerbetrieblicher Transportauftrag, um die Materialbereitstellung von Kanban Supermarkt zur verbrauchenden Stelle sicherzustellen.

Produktions-Kanban

Das Produktions-Kanban oder auch Fertigungs-Kanban stellt die verbrauchsgesteuerte Produktion zwischen zwei aufeinander folgenden Prozessschritten sicher. Die Produktion des angeforderten Materials darf ausschließlich aufgrund der Bedarfsmeldung erfolgen.

Welchen Prinzipien folgt ein Kanban-System?

Wie bei allen Systemen, gibt es auch bei der Kanban-Methode einige Regeln, die konsequent eingehalten werden müssen, um einen funktionierenden Regelkreis zu gewährleisten. Während das klassische Kanban-System insbesondere auf das regelkonforme Verhalten der Mitarbeiter angewiesen ist, können IT-gestützte Kanban-Systeme einige Kanban-Prinzipien durchgehend automatisiert abbilden.

  • Die verbrauchende Stelle fordert erst dann Nachschub an, wenn ein Bedarf besteht

  • Der Höhe des angeforderten Nachschubs darf eine definierte Menge nicht überschreiten

  • Keine Materialbereitstellung oder Produktion ohne Bedarfsmeldung

  • Die Nachbestückung erfolgt nur in Höhe des angeforderten Bedarfs

  • Mit dem Signal zur Nachbestückung ist der angeforderte Nachschub zeitnah bereitzustellen

  • Die Behälter und Kanban-Karten sind dem Regal eindeutig zugeordnet und dürfen nicht vertauscht werden

Für welche Anwendungsbereiche eignen sich Kanban-Systeme?

Obwohl das Kanban-System zahlreiche Vorteile mit sich bringt, eignet sich der Einsatz der Methode nicht für jeden Anwendungsfall. Die Stärken des Kanban-Prinzips liegen insbesondere in der optimalen Nachschubversorgung bei einem gleichmäßig, relativ planbaren Materialverbrauch. So kann zum Beispiel die Bereitstellung einer hohen Anzahl gleichartiger Teile, wie z. B. in der Fließfertigung für standardisierte Serienprodukte, ideal gewährleistet werden. Bei steigernder Variantenvielfalt und sinkenden Losgrößen sowie für die Einzelfertigung eignet sich der Einsatz der Kanban-Methode demgegenüber nicht. Kanban sollte außerdem nicht dazu eingesetzt werden, um auf extreme Nachfrageschwankungen zu reagieren. Hierfür erweist sich die Methode nicht als effizient genug.

Neben den Eigenschaften der Produkte hat auch die Produktionsstätte wichtige Kriterien zu erfüllen, um die Kanban-Methode erfolgreich einsetzen zu können. So sollten die Herstellungstechniken der Produkte relativ konstant beibehalten werden, da mit einem Kanban-System nicht unbedingt flexibel auf größere Änderungen reagiert werden kann. Zudem haben sowohl sämtliche Mitarbeiter in Lager und Produktion als auch externe Lieferanten sorgfältige jegliche Kanban-Regel zu befolgen, um einen reibungslosen Materialfluss gewährleisten zu können. Denn bricht nur ein Element weg, zum Beispiel, weil eine Bestellung nicht rechtzeitig aufgegeben wird oder weil eine Kanban-Karte aus Unachtsamkeit verloren ging, können Verzögerungen in der Produktionskette entstehen, die teure Wartezeiten, Produktionsstillstände oder gar Lieferverzögerungen nach sich ziehen können.

Produkte mit geringen Nachfrageschwankungen

Produkte mit hohem Wertanteil

Produkte mit geringer Variantenvielfalt

Welche Nachteile birgt ein Kanban-System?

Obwohl das Kanban-System eine beliebte Methode zur Materialflussoptimierung in Lager und Produktion ist, gibt es auch einige potenzielle Nachteile zu berücksichtigen: So kann der Einsatz von klassischen Kanban-Karten zu Zeitverzögerungen während des Übergabe- oder des Buchungsprozesses führen. Gehen Kanban-Karten gar während der Entnahme verloren oder werden diese vergessen, können Probleme bei der Nachschubsteuerung entstehen. Die mangelnde Bestandstransparenz kann so zu Fehlern in der Materialnachversorgung führen und im schlimmsten Fall im Stillstand der Produktion enden. Die gleichen Konsequenzen drohen, wenn sich nicht jeder einzelne Mitarbeiter an die Regeln und Abläufe von Kanban hält. Zusätzlich kostet das manuelle Einsammeln der Kanban-Karten sowie das Buchen von Bestellungen wertvolle Zeit Ihrer Mitarbeiter.

Grundsätzlich hängt der Erfolg eines Kanban-Systems von den jeweiligen Anforderungen und Gegebenheiten in der Lager- bzw. Produktionsumgebung ab. Prüfen Sie daher im Vorfeld sorgfältig, ob sich die Einführung eines Kanban-Systems für Ihr Unternehmen eignet. Sprechen Sie hierzu gern mit unseren erfahrenen Experten – wir beraten Sie gern.

Ein Kanban System im Lager kann zu Problemen bei der Materialbereitstellung führen, zum Beispiel aufgrund von Verlust von Kanban-Karten.

Nachteile von Kanban in Lager und Produktion

Intransparente Prozesse

Wenig Prozesssicherheit

Karten können verloren gehen

Karten müssen ausgetauscht und gepflegt werden

Manuelle Übergabe von Karten kostet Zeit

Manuelle Buchungen im ERP-System kosten Zeit

Wie Kanban-Systeme noch effizienter gestaltet werden können? Mit einem elektronischen Kanban-System

Tschüss, Kanban-Karten: Ab sofort sorgen IT-gestützte Kanban-Systeme für noch mehr Effizienz in der Logistik

Im Zuge der Digitalisierung werden Kanban-Systeme im Lager heutzutage oftmals automatisiert abgebildet. Mit sogenannten elektronischen Kanban-Systemen lassen sich die Nachteile der klassischen Kanban-Methode gänzlich vermeiden. Fehlerquellen, wie der Verlust von Kanban-Karten, das Vergessen von Nachbestellungen sowie der hohe Zeitaufwand rund um das Einsammeln, die Pflege, die Weitergabe und das manuelle Verbuchen der Bestellungen in Ihrem ERP-System, können somit gänzlich vermieden werden. Stattdessen sorgen elektronische Kanban-Systeme, sogenannte E-Kanban-Systeme, dafür, Nachschubprozesse in Lager und Produktion schneller, prozesssicher und effizienter abzubilden.

Wie funktioniert ein vollautomatisierter Kanban-Prozess in der Intralogistik?

Elektronisches Kanban-System im Lager & die Rolle des Lagerverwaltungssystems (LVS)

Vollautomatisierte Kanban-Systeme im Lager sorgen für die Überwachung der Füllbestände sowie für die Weitergabe der Informationen an das Lagerverwaltungssystem und an das ERP-System. Über intelligente Meldepunkte im Regal werden die Informationen über die Füllstände funkbasiert an einen Leitstand übermittelt und die Bestandsmeldungen schließlich über L-mobile direkt an Ihr ERP-System gemeldet.

Die Echtzeitübertragung der Materialbestände im Lager sorgt sowohl für absolute Transparenz als auch für die Senkung der Lagerbestände. Somit können bisher benötigte Lagerflächen eingespart und anderweitig genutzt werden. Fehler in der Nachbestückung und hohe Sicherheitsbestände, selbst bei steigender Variantenvielfalt, gehören dank des automatisierten Kanban-Systems fortan der Vergangenheit an. Wird ein Behälter aus dem Regal entnommen, wird der Meldebestand unmittelbar ausgelöst und die Bedarfsliste für die Logistik aktualisiert. Folgerichtig führt dies zu einer über Prioritäten gesteuerten, schnellen und effizienten Materialversorgung.

Die automatisierte Nachschubsteuerung überwacht die Füllstände der Rollenregale als Meldepunkt in der Logistikkette. Die Sensoren (1) an den FIFO-Regalen sorgen für eine durchgängige Erfassung der Behälteranzahl und geben diese Information an die Sensorbox (2) weiter. Diese erhält den Sensorstatus von bis zu vier Behältern je Regalfach und übermittelt den Materialbestand an die Smartbox (3) weiter, welche die empfangenen Daten wiederum über ein Funknetz an den Transceiver (4) übermittelt. Im Anschluss werden die empfangenen Statusmeldungen des Transceivers an die Software (5) gesendet, welche die Materialbestände der im Netzwerk eingebundenen Rollenregale auf dem PC darstellt und im ERP-System automatisch bucht.

Bildquelle: WERMA Signaltechnik GmbH & Co.KG

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