ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, ich muss in meinem Betrieb quasi auch dafür sorgen, dass da jemand am Start ist, der sich um das Projekt kümmert.
JENS MALSO: Definitiv.
ANDREA SPIEGEL: Alles klar. Frage Nummer zwei ist, ich stelle mir vor, ich habe jahrelang mit der Maschine gearbeitet. Das ist quasi mein Baby, an dem ich jeden Tag unterwegs bin. Und jetzt wird das hier mit Retrofit ans Netz angeschlossen. Da ist vielleicht neue Sensorik dran, vielleicht auch nicht, irgendein neues Schaltteil, was auch immer, braucht es für die Mitarbeiter Schulungen, um damit umgehen zu können? Oder ist es eher so, dass man sagt, da läuft ja alles wie immer, wir werfen jetzt halt noch ein paar Daten ab? Oder wie muss ich mir das vorstellen?
JENS MALSO: Also anders als bei BDE hat …
ANDREA SPIEGEL: Betriebsdatenerfassung meinst du?
JENS MALSO: Betriebsdatenerfassung. Hat MDE, Maschinendatenerfassung, nahezu keinen Impact auf die Leute. Also wirklich keinen. Denn es gibt keine wirkliche Interaktion über das hinaus, was der Mensch ohnehin tut. Und es gibt auch keine Befindlichkeitsstörung, dass man jemandem seine Errungenschaften abnimmt. In Wahrheit, man wertet sie auf. Das ist bei anderen Teilen des Projektes viel kontroverser. Man hat tatsächlich Leute, die sich durch das Projekt angegriffen fühlen, in ihrer Arbeit und auch in ihrem Wert für das Unternehmen und all dem. Das bei Maschinendaten nicht. Und das ist quasi völlig ohne Impact auf das soziale Gefüge, was sich da ergibt.
ANDREA SPIEGEL: Aber das heißt, jemand, der mit der Maschine interagiert tagtäglich, der muss jetzt nicht unbedingt irgendwie neu geschult werden, sondern es geht einfach weiter wie bisher.
JENS MALSO: Genau. Es sei denn, es kommt natürlich vor, wenn man tatsächlich so ein Interface tauscht, dann sieht das aus wie neu. Aber sieht es halt so aus wie neu, wie an dieser Maschine da zu rechten, das hat dann keinen direkten Impact.
ANDREA SPIEGEL: Das heißt, ich brauche höchstens vielleicht eine kurze Schulung für das neue Interface, dass einfach klar ist, was ist wofür da. Aber tendenziell ist es mit wenig Aufwand verbunden.
JENS MALSO: Also es hat quasi keine dieser anderen Folgen, die man vielleicht im Projekt spürt, wenn man vermitteln muss, warum man das überhaupt tut.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, insofern vielleicht auch ein kleiner Vorteil gegenüber einer komplett neuen Maschine, wenn es nicht unbedingt nötig ist, dann muss ich die Mitarbeiter auf die neue Maschine einspielen, muss sie schulen lassen und so weiter. Das kann ich dann in dem Fall vermeiden sozusagen.
ANDREA SPIEGEL: Jetzt vielleicht zum Abschluss noch mal so ein bisschen dein Statement zum Thema Retrofitting. Also wie geht es dir damit, wenn du jetzt mit einem Unternehmer zusammensitzt, der sagt, ich weiß nicht, ob das Richtige für mich ist, was würdest du dem sagen, in welche Richtung würde euer Gespräch gehen? Kannst du da vielleicht noch mal so als Abschluss so einen kleinen Einblick vielleicht auch in deine Gedankenwelt geben?
JENS MALSO: Ich mag nicht mehr so sehr jemanden überzeugen müssen. Ich frage, bringt es was? Bringt es mehr, als es kostet? Ist es überhaupt gewollt? Und sind sie bereit zu tun, was am Ende rauskommt? Denn ich messe, manchmal wissen alle schon, was rauskommt. Das ist skurril. Aber am Ende kommt etwas raus und ich weiß dann, aha, das muss ich tun, das ist das Problem. Sind sie bereit, das zu tun? Wenn sie nicht bereit sind, die Konsequenzen mitzunehmen aus dem, was dabei rauskommt, dann brauchen wir das nicht tun, dann ist es einfach nur nicht werthaltig. Das wären die Fragen, die ich stelle. Und wenn der oder diejenige sagen kann, ja, ich will es wirklich wissen, es ist mir das wert und ich will auch danach handeln, dann ist alles gut.
ANDREA SPIEGEL: Go for it. Wie man so schön sagt, einen schlechten Prozess zu digitalisieren macht noch keinen guten digitalen Prozess, sondern einen schlechten digitalen Prozess. Das heißt, wie immer bei der Digitalisierung, das ganze Bild betrachten, alles mitdenken.