ANDREA SPIEGEL: Du hast jetzt gerade schon ein bisschen angeteasert, was es so ein bisschen braucht für so ein Remote-Projekt. Also wie gesagt, nehmen wir vielleicht wirklich den mittelständischen Maschinenbauer, der sagt, “Oh, Lagerproduktion, da geht doch irgendwie noch was, da haben wir noch Prozesse, die wir optimieren können,” hat jetzt einen Partner gefunden. Wie läuft das jetzt ab, so ein Projekt generell erst mal, so einen ganz groben Überblick, wie wenn du jetzt eine Anfrage reinkriegst, da was zu digitalisieren? Wie würde das jetzt ablaufen einmal generell und dann auch nochmal ganz speziell dieses Remote-Thema?
VALENTIN ARNEGGER: Also in aller Regel haben wir im Vorfeld ein ganz klares Gespräch, wo man erstmal so ein bisschen die Rahmenbedingungen abstimmt. Meistens hat der Vertrieb schon eine sehr gute Vorarbeit geleistet. Das heißt, die versuchen natürlich so viel wie möglich Informationen zu greifen, damit auch klar ist, was sind die Anforderungen an den Prozess, was sind die Anforderungen an gegebenenfalls eine Software, was ist notwendig, damit man das erfüllen kann. Dann gibt es verschiedene Komponenten, die man dann zum Einsatz bringen möchte. Die versuchen wir dann so zusammenzusetzen, dass es möglichst standardisiert oder mit einer hohen Standarddichte, sage ich mal, funktionieren kann. Und diese Prozesse muss ich natürlich in irgendeiner Form rüberbringen, wie funktioniert das bei uns im Standard und dann gehe ich normalerweise den Weg, dass ich sage, okay, was für Anforderungen hast du natürlich als Kunde, vergleiche das mit unserem Standard ab und dann konzentrieren wir uns in aller Regel auf die Sachen, die aus diesem Standard rausgehen. Und dann machen wir im Prinzip eine Bewertung. Also gemeinsam mit dem Kunden, mit unserer Entwicklungsabteilung sagen, “Okay, für diese Anpassung brauchen wir so und so viele Tage. Brauchst du es wirklich, willst du es wirklich, ist es dir das wert und wenn es dir das wert ist, dann beauftragst und wir machen es.”
ANDREA SPIEGEL: Okay. Und jetzt war das ja erstmal so der allgemeine Ablauf sozusagen. Wo wird es jetzt spannend, wenn man Richtung Remote Work guckt? Also was ist überhaupt, klar, ich meine Teams-Meeting oder was auch immer man für eine Software verwendet, ein Online-Meeting abzuhalten, ist ja erstmal jetzt nichts Ungewöhnliches mehr, sage ich mal. Wo wird es denn spannend?
VALENTIN ARNEGGER: Spannend wird es immer dann, wenn es natürlich in die Praxis geht. Also dadurch, dass wir das virtuell oder viele Workshops in der Vergangenheit virtuell geführt haben und auch in Zukunft machen werden, ganz klar, ist es für mich natürlich als in der beratenden Funktion mitunter schwierig, diese Prozesse wirklich vollständig zu erkennen. Also ich habe jetzt ein Beispiel, da habe ich ein, wir nennen das LIC, ein L-mobile Implementation Concept. Das ist unser, ich sage mal, ich nenne es mal Standardwerk, um entsprechend den Kunden vollumfänglich abzuholen, um…
ANDREA SPIEGEL: So die ersten Schritte mal abzuklopfen und so.
VALENTIN ARNEGGER: Genau. Und dann schreiben wir rein, wie ist der Prozess beim Kunden, wie können wir uns das vorstellen, dass dieser Prozess bei uns in der Software abgebildet wird und so weiter. Und das Spannende dabei ist eigentlich, wenn ich dann beim Kunden vor Ort bin, dann kommen nochmal fünf andere Sachen raus. Also man muss sich einfach im Klaren sein, ich kann nicht aus der Ferne, vielleicht auch generell nicht, auch wenn ich persönlich vor Ort bin, nicht immer alle Problemfälle oder Anforderungen identifizieren auf einen Schlag, sondern ich kann eigentlich nur versuchen, die, ich sage mal, die guten 80 Prozent hinzukriegen und das aber auch klar zu kommunizieren. Mit dem Wechsel in eine digitalisierte Welt verändern sich ja auch die Prozesse. Das heißt, der Kunde muss ja auch, ich sage mal, immer überlegen, ist das jetzt noch die alte Welt, in der ich mich bewege und schneide ich diesen Zopf ab oder gehe ich hin und schaue mir erstmal an, was da überhaupt möglich ist und komme von da aus mit einer völlig neuen Idee in eine ganz andere Richtung, um das umzusetzen. Also das heißt, der Kunde wächst mit der Digitalisierung oder mit dem Digitalisierungsprojekt von unserer Seite aus. Wir wachsen in bestimmten Bereichen mit, wir lernen auch mit jedem Projekt dazu, ist auch wichtig. Plus, dass wir daraus auch vieles mitnehmen, um unseren Standard auch wieder nach vorne zu treiben. Und das Kundenprojekt treibt auch unseren Standard.
ANDREA SPIEGEL: Jetzt hast du gesagt, man kann natürlich nicht immer alles über ein Gespräch schon mal rausfinden. Manchmal ist es dann wirklich, wenn man vor Ort ist. Jetzt haben wir gesagt, okay, es geht um Remote-Digitalisieren. Ich kann vielleicht klar nicht vor Ort sein, aus gesundheitlichen Gründen. Es ist technisch gerade nicht möglich. Es gibt irgendwelche Auflagen. Egal, was es für einen Grund gibt. Vielleicht auch heutzutage einfach dieses Thema, muss ich gleich die 700 Kilometer Lebenszeit auf der Straße verbringen oder kann ich vielleicht das erstmal digital machen? Wie läuft das ab? Wie muss ich mir das vorstellen? Ist es dann wieder nur ein Gespräch oder was passiert?
VALENTIN ARNEGGER: Naja, also das sind jetzt mehrere Aspekte. Also das eine ist, dass wir schon versuchen, den Kunden dazu zu motivieren, dass er vielleicht zum Beispiel mit seinem Handy und Teams mal eine Runde durchs Lager läuft, im einfachen Fall. Der Kunde muss sehr gut und präzise unterwegs sein, damit er entsprechend auch auf solche Termine vorbereitet ist. Wir müssen uns dabei sehen. Es reicht nicht nur zu telefonieren, aus meiner Sicht. Einfach, weil ich nicht immer erkennen kann, ob ich gerade richtig liege oder nicht.
ANDREA SPIEGEL: Mimik spielt dabei auch eine große Rolle.
VALENTIN ARNEGGER: Das sehe ich auch im täglichen Umgang mit Kollegen. Es ist wichtig, dass man sich sieht, und das gilt auch für das Kundenprojekt. Dazu kommt, dass man einerseits in einem gewissen Umfang vielleicht auch mal die Software zeigen kann. Es ist keine Blackbox, sondern sie ist vorhanden. Und vor allem muss man ein wechselseitiges Verständnis aufbauen. Es läuft immer darauf hinaus, wie wir es hier gerade haben, wie ein Frage-Antwort-Spiel. Wie machen Sie das aktuell? Wie möchten Sie es in Zukunft machen? Dann komme ich ins Spiel. Ich habe das verstanden. Ich könnte mir vorstellen, dass wir das bei uns so und so lösen. Und dann ergibt sich nach und nach ein Bild, das in sich stimmig ist, würde ich sagen.