ANDREA SPIEGEL: Wir schauen uns vielleicht mal zwei Use Cases an. Wir haben es schon angesprochen, Lager und Produktion. Fangen wir mal mit der Produktion an. Da ist ja der Use Case, einen digitalen Fertigungsauftrag über das e-label abzubilden. Wir sehen es auch hier hinten schon. Vielleicht kann man damit mal einsteigen. Was heißt das genau?
MARKUS LAUBER: Wenn man sich den Prozess ein bisschen anschaut, bekommen die meisten Unternehmen Aufträge, wo irgendwas produziert werden muss. Im nächsten Step wird dann der Fertigungsauftrag oder Produktionsauftrag in die richtige Reihenfolge gepackt, dass ich ressourcenschonend und termintreu produzieren kann. Sobald diese Produktionsaufträge oder Fertigungsaufträge dann final freigegeben sind, passiert in 99,9 % aller Unternehmen das Gleiche. Es wird Papier ausgedruckt.
Der Fertigungsauftrag an sich selber wird ausgedruckt, es werden Zeichnungen ausgedruckt, es werden sonstige Belege ausgedruckt. Es entsteht erstmal massig Papier. Jetzt ist dieses Papier aber nicht der Kostenfresser. Ein Blatt Papier ist heutzutage relativ einfach zu besorgen. Kostet auch fast nichts. Das Problem ist dann nur, wie mache ich das Papier irgendwo fest?
Das heißt, die meisten Unternehmen kommissionieren ihre Einzelteile in Schaefer Kisten rein. Dann liegen entweder die Papiere in der Mitte drin oder sie werden irgendwo außen drangeheftet oder wie auch immer.
ANDREA SPIEGEL: Mit dem guten alten Tesa.
MARKUS LAUBER: Genau das ist das Problem. Ich habe natürlich nicht bloß zehn von solchen Kisten bei mir im Unternehmen im Umlauf, sondern ich habe vielleicht 5000, 10.000, 20.000 Kisten im Umlauf. Wenn ich dann etwas suchen muss, mir etwas runterfällt oder ein Ladungsträger hat kein Papier mehr angeheftet, macht es das schwierig.
Jetzt geht es darum, eine Möglichkeit zu finden weg von diesem Papier zu kommen, dann dieses e-label fest mit einem KLT zu verheiraten und die Anzeige dadurch dynamisch zu machen.
ANDREA SPIEGEL: Jetzt hast du es schon gesagt. Mit dem KLT „verheiraten“. Das klingt erstmal ganz nett und man kennt die Hochzeit auch vom Auto, wo die Karosserie mit dem Motor verheiratet wird. Aber wie genau muss ich mir das vorstellen bei so einem e-label? Woher weiß das e-label, an welcher Kiste es hängt oder die Kiste mit welchem e-label sie zu tun hat? Also wie macht man das?
MARKUS LAUBER: Ich habe auf der einen Seite meinen freigegebenen Fertigungsauftrag, der aus dem ERP rauskommt. Jetzt brauche ich irgendeinen Mechanismus der sagt, der Fertigungsauftrag gehört fix zu dieser Kiste, zu einem fixen e-label und gehört auch noch zu einem fixen Barcode mit dazu.
Da muss ich einen Prozess schaffen, der bei uns Verheiratungsprozess genannt wird. Heißt ich gehe eine Verbindung ein. In unserem Fall wird die Verbindung dann irgendwann getrennt werden und es wird auch eine Scheidung geben. Leider kein Happy End.
Die Verheiratung kann man auf unterschiedlichste Weisen tun. Man kann zum Beispiel das Ganze mit einem handelsüblichen Scanner machen. Dort habe ich meine ganzen Fertigungsaufträge drauf und mittels Scan kann ich einfach mein e-label abscannen und so praktisch diese Einheit bilden. Es muss im Vorfeld in unserem Prozess schon einmal eine Einheit zwischen Ladungsträger und e-label geknüpft sein.
Dann kann ich das aber Ad Hoc machen. Sobald ich dann das Ganze bestätige, ändert mein e-label entsprechend dann die Eigenschaft oder die Anzeige. Es wird mit meinem Fertigungsauftrag verheiratet und ich kann es dann dynamisch ansprechen. Heißt, egal welche Änderungen bei mir im Unternehmen passieren, ich habe immer aktuelle Daten auf dem e-label.
ANDREA SPIEGEL: Du hast gerade schon das Wort „Anzeige“ verwendet. Was kann ich mir dann auf dem e-label anzeigen lassen? Also sowas wie Farben und Formen? Du hast schon Barcode anklingen lassen. Da ist ja oft das Problem, dass die nicht gut lesbar sind, wenn die digital sind.
MARKUS LAUBER: Also vielleicht die Frage rumgedreht was kann man nicht anzeigen lassen? Dann ist es noch einfacher für mich.
Also wenn es darum geht eine detaillierte Zeichnung oder Produktbilder anzuzeigen, dafür ist das e-label nicht ausgelegt. Wenn wir an der Stelle kurz mal auf die Technologie von so einem e-label eingehen. Was ist es überhaupt?
Man kann es vergleichen mit einem klassischen E-Book Reader. Dieser hat eine relativ lange Batterielaufzeit mit der Eigenschaft, dass nur wenn die Seiten aktualisiert werden, Strom verbraucht wird. Das ist beim e-label genauso. Heißt, ich habe minimalen Stromverbrauch, wenn das e-label sich aktualisiert. Ansonsten in der reinen Anzeige Funktion kann das e-label 10 bis 15 Jahre anzeigen. Das macht es sehr interessant.
Um auf die Frage zurückzukommen, ich kann alles anzeigen lassen. Ich kann auch Barcodes anzeigen lassen, zum Beispiel im Lagerumfeld als Lagerplatzauszeichnung oder im Produktionsumfeld. Ich möchte auch hier ein Barcode anzeigen lassen, um zum Beispiel an einem Montagearbeitsplatz meinen Arbeitsgang anzumelden. Heißt mit abscannen direkt vom e-label.
Es gibt sie in unterschiedlichen Farben. Schwarz-Weiß wird immer angezeigt und dann muss ich mich leider beim Kauf dafür entscheiden, welche zusätzliche Farbe ich denn gerne haben möchte.
Mittlerweile gibt es Gelb oder Rot als zusätzliche Anzeigefarbe. Man sieht es hier bei uns. Das ist ein rotes e-label. Was da drauf angezeigt werden soll, kann sich jeder Firmeninhaber oder jeder Produktionsmitarbeiter selber festlegen.
ANDREA SPIEGEL: Das heißt Schwarz-Weiß plus eine Farbe?
MARKUS LAUBER: Genau. Also klar, wir bringen gewisse Templates Vorlagen mit, wie sowas aussehen könnte. Aber in den meisten Fällen machen sich die Unternehmen da selbst Gedanken und machen dann praktisch ihr eigenes Design.
ANDREA SPIEGEL: Was sie dann individuell brauchen?
MARKUS LAUBER: Genau.
ANDREA SPIEGEL: Du hast jetzt schon ein paar Punkte angesprochen. Aber was würdest du sagen, sind die ganz konkreten Vorteile von einem digitalen Fertigungsauftrag? Also was bringt mir das? Was für Szenarien können da auftreten, wo das natürlich viel hilfreicher ist als ein Papier? Du hast es schon gesagt, man kann es nicht unbedingt verlieren.
MARKUS LAUBER: Also man kann es nicht verlieren.
Wenn da wirklich hunderte Kisten bei uns an der Wand stehen würden und du würdest eine spezielle Kiste suchen. Dann müsstest du vielleicht umstapeln, wenn die Papiere in den Kisten liegen. Dadurch geht Zeit verloren oder du findest es nicht auf Anhieb. Wenn du Glück hast, ist es gleich in der ersten Kiste.
ANDREA SPIEGEL: Meistens ist es die Letzte.
MARKUS LAUBER: Genau. Bei einem e-label aber, kann ich in weiter Ferne stehen und ich sehe anhand der Abbildung sofort die Kiste. Heißt, dass was durch das e-label vereinfacht wird, ist das ganze Thema Suchzeitminimierung. Man hat Zeit für was anderes, sinnvolleres und natürlich dann auch effektiver zu werden und Prioritäten anzeigen zu lassen. Ich kann ganz einfach meine QS, also meine Qualitätssicherung, darüber abbilden.
Wenn ein QS-Prüfer den Bestand in dieser Kiste nochmal prüfen möchte, kann er mit seinem Handscanner einfach den Fertigungsauftrag einscannen. Wenn es nicht in Ordnung ist, drückt er auf „nicht in Ordnung“ und sofort ändert sich das e-label, dass die Ware gesperrt ist.
ANDREA SPIEGEL: Und man hat es wahrscheinlich auch immer direkt im System. Es ist nicht so, dass es noch drei Tage braucht, bis der Mitarbeiter aus Halle zwei auch weiß, dass der Auftrag jetzt gesperrt ist.
MARKUS LAUBER: Genau. Wobei, vielleicht kommen wir später nochmal zu den Grenzen der Technologie von e-labeln. Da muss man ehrlich sein, es ist zwar eine super Technologie, aber es sind so ein paar Eckpfeiler, wo man einfach schauen muss und berücksichtigen muss.
ANDREA SPIEGEL: Alles hat seine Grenzen.
MARKUS LAUBER: Genau richtig.
ANDREA SPIEGEL: Vielleicht können wir nochmal darauf eingehen, wie groß ist denn so ein e-label? Gibt es Einheitsgrößen? Wir haben gesagt, man kann viel darauf abbilden, aber wenn es dann nur noch Schriftgröße acht ist, hilft es auch keinem.
MARKUS LAUBER: Also erstmal die e-labels gibt es in unterschiedlichen Größen. Wir haben e-labels, die sind so groß, wie eine Briefmarke, das ist das kleinste Format. Das größte e-label, was es gibt, ist im A4 Format mittlerweile.
ANDREA SPIEGEL: Doch so groß.
MARKUS LAUBER: Genau, doch so groß. Wenn ich Anfragen bekomme, dann sagen die Leute meistens, dass sie ein relativ großes e-label brauchen, weil da relativ viele Information drauf müssen, die vorher auf dem Papier standen. Das ist dann so interessant, wie es dann im Prozess weitergeht.
Meistens werden dann die e-labels im Verlauf immer kleiner, weil ich ja völlig dynamisch unterwegs bin. Ich kann immer genau diese Information anzeigen lassen, die ich aktuell brauche. Heißt, meistens werden in so einem Projektfortschritt die e-labels immer kleiner, dafür wird die Aktualisierung immer größer bzw. häufiger.
ANDREA SPIEGEL: Ich habe mich natürlich auch ein bisschen schlau gemacht, bevor wir uns hier getroffen haben und habe gesehen, dass es auch e-labels gibt, die man in Kombination mit RFID Technologie nutzen kann.
Also mit einer Ortungstechnologie. Kannst du das vielleicht mal erklären, wie das funktioniert und dann natürlich auch, was es für einen Mehrwert bringt? Wenn ich vielleicht zusätzlich zum e-label noch eine Ortungstechnologie direkt habe, kann ich mir dann vielleicht noch mehr Zeit sparen?
MARKUS LAUBER: Also man spricht hier ein bisschen von Auto-ID Technologie. Das bedeutet alles, was ich über gewisse Lasertechnik automatisch erkennen kann. Klar, dieses e-label wird sehr gerne mit RFID kombiniert. In unserem Ladungsträger hier, ist unter dem Barcode ein RFID Tag integriert, man sieht ihn nur nicht.
Das macht es dann möglich, dass ich überall mit diesem Ladungsträger in meinem Produktionsumfeld, wo ich mithilfe von Lesetechnik diesen Tech auslesen kann, ich auch automatisch meinen Auftrag identifizieren kann. Heißt, ich würde automatisch in meinen richtigen Fertigungsauftrag springen. Es könnte sogar eine BDE Meldung davon abhängen. Beispielsweise starte ich automatisch meinen Produktionsschritt.
Wenn ich wissen möchte, wo finde ich denn gerade diese Kiste? Zum Beispiel habe ich ein Übergangstor zwischen zwei Hallen. Dann würde ich mithilfe der RFID-Technik erkennen, ob diese Kiste noch in der Halle 1 ist oder sich mittlerweile schon in Halle 2 bewegt hat.
Man sieht, dass e-label mit unterschiedlichsten Ortungstechnologien natürlich kombinierbar sind. Bei RFID kann man ohne Weiteres, eine Art Zonenortung realisieren und ich weiß grob wo sind meine einzelnen Bestände. Für die meisten Unternehmen reicht diese grobe Ortung aus. Klar, es geht auch immer genauer.
Es gibt andere Technologien, wie Bluetooth, Low Energie, BLE, UWE, UWB. Um die e-labels zu orten, brauche ich wieder einen zusätzlichen Tech, der mir auf zehn Zentimeter Abstand genau sagt, wo sich meine Kiste befindet. Und ich möchte natürlich dann automatisch Buchungen im ERP System absetzen. Beispielsweise wechselt jetzt mein Bestand von Halle 1 zu Halle 2. Das möchte ich auch in meinem ERP widerspiegeln. Ich mache eine Umbuchung von einem Lagerort. Da muss niemand mehr was machen, das funktioniert automatisch. Das sind dann weitere Vorteile, wenn ich zum Beispiel Ortungstechnologie oder Auto-ID Technologie mit zum Einsatz bringe, dass mir dieser Buchungsaufwand im ERP auch noch erspart wird und ich einfach viel granularer meine Daten abbilden kann.