#97 Highlights von der LogiMAT mit Christoph Rixe

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Finger weg, diese Folge ist frisch aus dem Ofen! Zurück von der LogiMAT gibt es dieses Mal die heißesten News und noch dampfende Infos zu den Trends für 2025.

Andrea hat sich dafür 3-Sterne Logistikexperte Christoph Rixe geschnappt und ein 5-Gänge-Menü der Extraklasse gezaubert:

Zur Vorspeise servieren wir dir eine Melanche aus Zahlen und Trends von der Logimat. Im nächsten Gang kredenzen wir eine Komposition von den spannendsten Entwicklungen bei FTS, gefolgt von den Top-Themen KI und Automatisierung in der Lagerlogistik.

Als Hauptgang folgen die Highlights direkt von der Messe – ein absoluter Genuss! Und zum Dessert gibt es einen Blick in die Zukunft und Technologien, welche du unbedingt im Auge behalten solltest!

Lasst euch unsere frische Folge gut schmecken und gebt uns Feedback, welche News für dich so richtig lecker waren.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Highlights von der LogiMAT

ANDREA SPIEGEL: Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0, der Experten-Talk für den Mittelstand. Wir haben uns heute mal ein ganz anderes Thema überlegt. Ich glaube, das haben wir, seit der Podcast läuft, noch nie gemacht. Und zwar schauen wir uns heute mal die Trends von der LogiMAT 2025 an – ganz frisch von der LogiMAT wieder zurückgekommen sozusagen, und absolut informiert ist mein lieber Kollege Christoph Rixe. Schön, dass du da bist. Du bist bei uns ja als Teamleiter im Bereich Staplerleitsysteme und fahrerlose Transportsysteme unterwegs und kennst dich aus.
CHRISTOPH RIXE: Ja, ich hoffe es zumindest. Ich war jetzt zwei Tage auf der LogiMAT, habe mich mal umgeguckt, war, glaube ich, einmal in jeder Halle drin, habe reingeschaut, was es Neues gibt, und freue mich, hier zu sein.
ANDREA SPIEGEL: Sehr schön, das finden wir gleich raus. Wie immer an der Stelle noch mal kurz der Hinweis für euch: Diesen ganzen Podcast gibt es auch als Videoshow bei YouTube zu sehen. Schaut da also sehr gerne auch mal vorbei.
Und Christoph, ich habe jetzt nur ganz bisschen was über dich erzählt, deswegen erzähl uns doch mal ein bisschen genauer: Was machst du bei L-mobile, wer bist du eigentlich? Erzähl mal ein bisschen was von dir.
CHRISTOPH RIXE: Ich bin bei L-mobile jetzt seit vier Jahren, im Februar vor vier Jahren angefangen, und habe als Projektleiter für unsere klassischen Warehouse-WMS– und Unified-Warehouse-Projekte begonnen. Mittlerweile verantworte ich bei uns den kompletten Produkt- und Projektbereich, was Staplerleitsysteme und fahrerlose Transportsysteme angeht.
Das heißt, ich bin mit unserem Sales Team draußen unterwegs, berate vor Ort und bin dabei, wenn wir in die Konzeptionsphase gehen. Ich übernehme die Logistikplanung, berate unsere Kunden, wie das komplette Logistikkonzept aussehen soll, und wenn es dann in die Projekte reingeht, sorge ich natürlich auch dafür, dass sie am Ende erfolgreich implementiert werden.
ANDREA SPIEGEL: Sehr schön, das hört sich spannend an. Da gucken wir gleich wahrscheinlich auch noch mal an der einen oder anderen Stelle ein bisschen genauer rein.
Frage vorab an dich: Wenn du heute eine Sache ändern könntest, die dann für immer so bestehen bleibt – welche wäre das?
CHRISTOPH RIXE: Ui, ui.
ANDREA SPIEGEL: Privat oder sonst irgendwie politisch, beruflich, allgemeingültig für die Welt – darfst du dir irgendwas aussuchen.
CHRISTOPH RIXE: Superschwierig … Ich hätte meine Brillen von Anfang an bei Fielmann gekauft. Geht das?
ANDREA SPIEGEL: Das können wir gerne so nehmen. Perfekt. Okay, dann lass uns einsteigen. Du hast gesagt, du warst auf der LogiMAT. Bist du mit irgendeiner bestimmten Mission da hingegangen? Was war dein Plan – oder wolltest du dich einfach mal berieseln lassen?
CHRISTOPH RIXE: Nee, ich bin schon mit einer konkreten Mission hingegangen. Gerade was das fahrerlose Transportsystem-Geschäft angeht, sind wir ziemlich stark auf Partner angewiesen.
Das heißt, wir bauen keine eigenen fahrerlosen Transportsysteme. Auch die Integration vor Ort – je nachdem, welche Fördertechnik notwendig ist oder welche Schnittstellen benötigt werden – erfolgt durch Partner. Ich wollte mich mit ihnen vernetzen, austauschen, schauen, was es für neue Produkte und Technologien gibt und wie sie auf aktuelle Markttrends reagieren. Das war mein erstes Ziel. Zum anderen haben wir einen neuen Mitarbeiter im Sales-Bereich meines Teams eingestellt, und der sollte natürlich auch den Markt kennenlernen und erste Kontakte zu unseren Partnern aufbauen. Das war so meine Hauptmission. Und dann habe ich natürlich auch links und rechts über den Tellerrand geschaut, geguckt, was macht die Konkurrenz, wohin entwickelt sich der Markt, gibt es irgendwelche Trends, auf die wir reagieren müssen.
Ich verantworte ja auch das Produktmanagement in meinem Bereich. Und wenn ich festgestellt hätte, dass ein Wettbewerber etwas ganz Neues in der Pipeline hat, müssten wir natürlich auch langfristig reagieren, um als L-mobile wettbewerbsfähig zu bleiben.

ANDREA SPIEGEL: Sehr schön.

ANDREA SPIEGEL: Okay, das heißt, das Thema fahrerlose Transportsysteme schauen wir uns heute auf jeden Fall an, würde ich sagen.
Gibt es denn – vielleicht so vorab, als kleiner Teaser – Trends, die du ganz grob identifizieren konntest, die für dich spannend waren?
CHRISTOPH RIXE: Ja, ich glaube, am spannendsten fand ich gar nicht mal das Thema mobile Robotik, sondern generell den Einzug von KI in verschiedene logistische Bereiche.
Das hat man letztes Jahr schon angedeutet gesehen, aber jetzt wird es, finde ich, noch mal deutlich konkreter. Im letzten Jahr war es häufig ein Buzzword – da wurde gesagt: „Ja, wir arbeiten an KI“. Aber jetzt sieht man tatsächlich erste Use Cases, bei denen man sagen kann: „Ah, okay – dafür nutzt ihr KI?“
Genau – dafür nutzen sie Machine Learning, Machine Vision, lernende Algorithmen, tiefe neuronale Netze usw. Und da entstehen immer mehr konkrete Anwendungsfälle – das finde ich wirklich spannend.

ANDREA SPIEGEL: Okay, sehr gut.

ANDREA SPIEGEL: Dann würde ich sagen, wir starten mit deinem Steckenpferd: fahrerlose Transportsysteme. Welche neuen Technologien oder Konzepte sind dir da so aufgefallen? Oder gab es vielleicht etwas Spezielles, dass du nicht erwartet hättest?
CHRISTOPH RIXE: Also, es wurde im Vorfeld ziemlich gehypt – einige Änderungen bei verschiedenen Anbietern, was jetzt neu ist auf der LogiMAT. Da habe ich tatsächlich mehr erwartet, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich habe mir dann alles angeschaut, was dieses Jahr so vorgestellt wurde, und gesagt: „Okay, es ist keine bahnbrechende neue Technologie auf den Markt gekommen“, bei der ich sagen würde: Das wird jetzt die komplette Intralogistik oder das gesamte Geschäft rund um fahrerlose Transportsysteme und mobile Roboter revolutionieren.
Es war eher eine Konsolidierung am Markt. Was man in den letzten drei Jahren beobachten konnte, war: neuer Anbieter hier, neuer Anbieter da. Ich glaube, letztes Jahr war ich schon mal in einem Podcast bei euch, da habe ich gesagt, dass immer mehr chinesische Anbieter in den Markt drängen und auch in den Preiskampf einsteigen.
Jetzt stelle ich fest, dass sich das etwas beruhigt hat. Dieses Jahr habe ich, glaube ich, keinen Anbieter gesehen, den ich letztes Jahr noch nicht gesehen hatte oder zu dem ich zumindest nicht schon mal Kontakt hatte – sei es im Rahmen eines Projekts, einer Recherche oder einer Ausschreibung, die wir begleitet haben.
Es war also viel Bekanntes dabei. Natürlich hat sich in den Portfolios etwas getan, aber auch da würde ich eher sagen: Viele Hersteller haben mittlerweile sehr ähnliche Robotertypen. Natürlich unterscheiden sich die Spezifikationen noch, aber was die Grundgerüste angeht, gleichen sich die Systeme immer mehr an. Das bedeutet, jeder auf dem Markt kann mittlerweile die gängigen Use Cases – also Palettentransport, KLT-Transport und vielleicht noch Sonderladungsträger – zumindest ein Stück weit abdecken.
ANDREA SPIEGEL: Gibt es denn trotzdem irgendetwas, von dem du sagst: „Das war neu“ oder „Das kam zusätzlich dazu“, dass man auf jeden Fall wissen sollte? Ich meine, du kennst dich natürlich sehr gut aus, aber vielleicht sind ja auch Zuhörerinnen und Zuhörer dabei, die sich mit dem Thema noch nicht so tiefgehend beschäftigt haben. Gibt es da etwas, bei dem du sagen würdest: „Da sollte man mal genauer hinschauen, gerade beim Thema AGV“?
CHRISTOPH RIXE: Das hängt natürlich davon ab, wie tief man bereits in der Materie steckt, sag ich mal. Wenn man das Thema schon seit zwei, drei Jahren begleitet, dann gibt es durchaus einzelne Produkte, die man sich mal genauer anschauen sollte.

ANDREA SPIEGEL: Hast du denn irgendwelche, ich sag mal, fundamentalen Unterschiede zwischen europäischen Herstellern und vielleicht chinesischen? Oder gibt es noch andere Herstellergruppen, die man betrachten muss? Gibt es da irgendwelche wesentlichen Unterschiede oder sagst du, auch da gibt es langsam so eine Konsolidierung – außer vielleicht im Preisgefüge?
CHRISTOPH RIXE: Also tatsächlich, gut, dass du das ansprichst – mir ist aufgefallen, dass sich immer mehr europäische Firmen in diesen Preiswettbewerb hineinbegeben. Zum Beispiel hat die Firma Safelock ein Gerät auf den Markt gebracht, das preislich sehr attraktiv geworden ist. Als ich mit dem Ansprechpartner von Safelock darüber gesprochen habe, habe ich gesagt: „Huch, damit seid ihr wirklich wettbewerbsfähig.“ – und genau das war auch das Ziel. Sie haben ein Gerät vorgestellt, das teilweise günstiger ist als einige vergleichbare Produkte von asiatischen Herstellern. Das heißt, ich merke, dass der europäische Markt so ein wenig aufgewacht ist in Bezug auf das, was in den letzten Jahren passiert ist. Vorher war es so, dass chinesische Anbieter mit sehr günstiger Hardware auf den Markt kamen. Jetzt sagen die europäischen Hersteller: „Gut, wir lassen uns darauf ein – wir wollen uns keine Marktanteile wegnehmen lassen, nur weil andere bei der Hardware günstiger sind.“
Pauschal fällt einem auf einer Messe allerdings relativ wenig auf, was man als klaren Nachteil der chinesischen oder allgemein asiatischen Hersteller sehen könnte. Auf den ersten Blick sieht man häufig, dass beispielsweise keine personenschutzzertifizierten Scanner verbaut sind – also die, die vorne angebracht sind, egal ob sie zur Lokalisierung oder zum Personenschutz gedacht sind. Das ist ein Punkt, aber selbst da gibt es mittlerweile auch zertifizierte Lösungen. Also kann man das nicht mehr ganz pauschalisieren.
Was mir dann aber doch auffällt, ist das Thema Software. Ich sage das auch oft in Gesprächen mit meinen Kunden: Die Geräte fahren alle – und wenn sie mit den entsprechenden Sensoren ausgestattet sind, können sie auch zertifiziert werden. Aber das ganze Thema: Wie managed man das? Wie pflegt man das? Wie erweiterungsfähig ist die Software? Und was passiert, wenn ein Fehler auftritt? Wer kann das konfigurieren, wer kann das einstellen? Welche Rückmeldung gibt das System?
Das ist meiner Meinung nach, nach wie vor ein Wettbewerbsnachteil bei vielen asiatischen Herstellern. Der Nachteil ist aber nicht so einfach greifbar – man sieht ihn auf einer Messe selten. Das merkt man oft erst, wenn man mitten in der Integration steckt. Oder natürlich, wenn man – wie wir – das als Dienstleistung oder als Generalunternehmer anbietet und dann gefragt wird: „Könnt ihr dieses Gerät und die dazugehörige Software implementieren?“ Erst dann stellt man häufig fest, wo die Hürden liegen.
ANDREA SPIEGEL: Ich weiß nicht, ob du die Frage beantworten möchtest oder kannst – also ich sag mal: Hardware-seitig sind sie offensichtlich konkurrenzfähig, auch wir Europäer nähern uns jetzt preislich wieder anderen Regionen an. Aber wieso ist das mit der Software so ein Problem? Wird da nicht genug Augenmerk draufgelegt oder gibt’s da andere Gründe?
CHRISTOPH RIXE: Ich glaube, das ist tatsächlich auch kulturell bedingt – und hängt vielleicht auch mit dem europäischen Sicherheitsverständnis zusammen oder mit den entsprechenden Erwartungshaltungen. Ich habe oft den Eindruck, dass viele asiatische Firmen – auch auf Anwenderseite – sagen: „Super, ich kaufe mir zwei Geräte, und dann kommt ihr vor Ort und nehmt das System in Betrieb.“ Dann stehen da die Techniker und sagen: „Wir brauchen von euch eine Freigabe fürs Netzwerk. Wir benötigen Zugriff auf den Serverschrank, um unsere Hardware unterzubringen. Wir müssen eventuell an die SPS von Maschinen ran.“
Und das wird dann oft sehr ad hoc gemacht, gerade im asiatischen Raum – vor allem bei mittelständischen Unternehmen.
Der europäische Markt hingegen fragt eher: „Was genau wollt ihr bei uns machen?“ Und wenn dann die Antwort kommt: „Das sehen wir uns vor Ort an“, heißt es schnell: „Nee, so läuft das nicht.“ Wir müssen im Vorfeld genau wissen, was geplant ist. Das stellt dann natürlich auch eine Herausforderung dar – insbesondere bei Themen wie Netzwerkzugriff. Die Fragen lauten dann: Was genau wollt ihr in unserem Netzwerk machen? Auf welche Bereiche wollt ihr zugreifen? Diese ganzen administrativen, teils auch IT-relevanten Prozesse möchten wir gerne vorab geklärt haben – nicht erst während der Implementierung.
Die europäische Denkweise ist da eher: Wir wollen den Implementierungsprozess so effizient und effektiv wie möglich gestalten, um möglichst wenig Downtime in der Produktion zu haben und unsere internen Ressourcen – etwa in der IT, Technik oder Haustechnik – so wenig wie nötig zu belasten. Dafür brauchen wir natürlich einen guten Plan: Was muss wann passieren?
ANDREA SPIEGEL: Genau.
CHRISTOPH RIXE: Um deine Frage zu beantworten: Wird da weniger Augenmerk draufgelegt? Nein – aber die Frage ist eher, wann und wie man sich mit den Themen beschäftigt. Und da sagen dann viele: „Die Software ist schlecht.“ Aber das liegt oft einfach daran, dass man sich mit der Software nicht auskennt oder dass sie nicht so intuitiv ist, dass sie jeder direkt bedienen kann. Wenn man jedoch als Firma diese Software schon 30 Mal genutzt hat, dann wirkt sie vielleicht gar nicht mehr so schlecht, weil man die Spezifika kennt. Für uns als Integrator ist das natürlich schwierig, wenn wir uns mit zehn verschiedenen Softwarepaketen auskennen müssen, die alle erst nach dem 30. Mal richtig beherrschbar sind.
ANDREA SPIEGEL: Verstehe.

ANDREA SPIEGEL: Das würde vielleicht jetzt gerade genau zu meiner nächsten Frage passen. Es geht ja gerade bei solchen industriellen Prozessen auch immer um Standardisierung, sage ich mal – also bis zu einem gewissen Punkt um Anbindungen, Fleet Management. Ich will vielleicht auch zwei verschiedene Geräte von unterschiedlichen Anbietern haben, weil ich bestimmte Use Cases habe, die der eine gut abbilden kann, und ein anderer Anbieter kann vielleicht einen anderen Use Case besser mit seinen Geräten abdecken. Gab es da irgendwelche Neuerungen, von denen du berichten kannst, oder sagst du, da sind wir noch nicht so weit, wie du gerne wärst?

CHRISTOPH RIXE: Jein. Das Thema mit diesen Leitsteuerungen, die verschiedene Roboter integrieren können, gab es natürlich schon in den letzten Jahren – zum Beispiel bei Synaros mit der VDA 5050 als einem der ersten Vorreiter. Es gibt immer mehr Firmen, die so etwas anbieten: eine Leitsteuerung, die in der Lage ist, verschiedene Roboter von unterschiedlichen Herstellern über die VDA 5050 – also ein Schnittstellenprotokoll – zu integrieren.

Aber auch über andere Schnittstellen. Es gibt zunehmend Anbieter, die sagen: „Wir machen VDA 5050, wir unterstützen aber auch die herstellerspezifischen Schnittstellen.“ Die haben sie dann zusätzlich bei sich integriert, um Nachteile der VDA 5050 auszugleichen. Denn klar: Wenn man versucht, alles über einen Kamm zu scheren, geht natürlich auch mal etwas verloren. Die VDA 5050 entwickelt sich allerdings weiter.

Was man jetzt so im Subtext mitbekommt – das steht aber noch nirgends offiziell, z. B. auf der LogiMAT – ist, dass immer mehr Leute sagen: „Okay, VDA 5050 ist gut, aber wir müssen sie entweder stark erweitern, um mehr Use Cases abdecken zu können, oder zusätzlich auf die herstellerspezifischen Schnittstellen setzen.“ Die müssten dann eben auch bei sich integriert werden. Das habe ich jetzt häufiger gehört, wenn ich gefragt habe: „Habt ihr eine eigene Leitsteuerung?“ – „Ja, haben wir.“ – „Könnt ihr auch mit anderen Leitsteuerungen arbeiten?“ – „Ja, wir können VDA 5050 und haben auch unsere eigene Schnittstelle.“ Und dann sagen sie oft: „Die bevorzugen wir, weil die VDA 5050 für diesen oder jenen Use Case nicht ausreicht.“ Das hört man inzwischen ziemlich oft.

ANDREA SPIEGEL: Okay, das heißt, da ist in Sachen Standardisierung noch ein bisschen Arbeit zu leisten?

CHRISTOPH RIXE: Ja, was die Schnittstellen angeht, kann man auf jeden Fall noch einiges standardisieren. Ich habe vorhin gesagt: Die Geräte sind mittlerweile viel einheitlicher – aber das betrifft natürlich nur den allgemeinen Use Case. Wenn man sagt: „Ich möchte KLTs transportieren“, dann klingt das erstmal super einfach, und da können tatsächlich viele Anbieter mitgehen.

Aber wenn man dann in die Details schaut – also: Welche Genauigkeitsanforderungen habe ich? Welche Art von Lokalisierung verwende ich? Wie steuere ich die Antriebe? Was für ein Fahrwerk habe ich – nutze ich z. B. einen Differenzialantrieb oder einen anderen? Dann liegen da eben noch die Unterschiede. Und das muss natürlich vom Roboter oder von dessen Steuerung auch entsprechend gehandhabt werden.

Die VDA 5050 kümmert sich klassisch nur um die Verwaltung und Verteilung von Aufträgen – nicht um solche fahrzeugspezifischen Details.

ANDREA SPIEGEL: Ja, irgendwo muss man ja anfangen, wie man so schön sagt.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es denn irgendetwas, wo du sagst: Irgendeine Veränderung im Bereich fahrerlose Transportsysteme oder Ähnliches, die besonders für kleine und mittelständische Unternehmen interessant ist? Oder würdest du sagen, das ist im Moment immer noch eher etwas für größere Unternehmen? Gab es etwas, das du besonders spannend für den Mittelstand findest?

CHRISTOPH RIXE: Auch da ein ganz klassisches Nein – äh, Jein, sorry.

ANDREA SPIEGEL: Nein ist auch mal okay, aber…

CHRISTOPH RIXE: Also, ich denke nach wie vor, dass fahrerlose Transportsysteme oder autonome mobile Roboter – sogenannte AMRs – für den Mittelstand wahnsinnig wichtig sind. Wir werden in Europa, insbesondere in Deutschland, nicht darum herumkommen, in der Logistik immer weiter zu automatisieren. Prozesse, die aktuell sehr stupide sind – etwa der reine Transport von Waren von A nach B – gilt es zu automatisieren, um die Effizienz in den logistischen Abläufen massiv zu steigern. Daran führt kein Weg vorbei.

Und wenn ich jetzt sehe, dass sich europäische Hersteller zunehmend auf diesen Preiskampf einlassen, dann ist das aus meiner Sicht eine positive Entwicklung am Markt. Denn dadurch werden die Projekte insgesamt einfach lukrativer. Auf der einen Seite stellen wir fest, dass die Lohnkosten jedes Jahr weiter steigen, ebenso die Prozess- und Materialkosten. Wenn nun der Investitionsaufwand für ein fahrerloses Transportsystem im Verhältnis dazu relativ stabil bleibt, dann beginnt sich das Ganze natürlich früher zu rechnen.

Deshalb sage ich: Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist es wichtig, sich zu fragen: Welchen Prozess habe ich, den man eventuell einfach automatisieren kann? Habe ich einen einfachen, stupiden Transportweg von A nach B? Oder habe ich wiederkehrende logistische Prozesse – und wie kann ich diese möglichst kosteneffizient bei mir im Unternehmen umsetzen?

ANDREA SPIEGEL: Sehr gut. Da haben wir, glaube ich, auch schon mal einen Podcast dazu gemacht – wie man am besten in der Logistik automatisiert. Falls euch das also näher interessiert, hört da auf jeden Fall gerne noch mal rein. Ich kann leider die Folgennummer gerade nicht sagen, weil ich sie nicht auswendig weiß… du vermutlich auch nicht? Aber man findet sie auf jeden Fall.

ANDREA SPIEGEL: Sehr schön. Gibt es denn – mal ganz unabhängig von fahrerlosen Transportsystemen, AMRs und was es da alles gibt – noch irgendeinen anderen Trend, irgendeine andere Technologie, die du abseits deiner gewohnten Pfade entdeckt hast, wo du sagst: Das war cool, das hat mich begeistert, da hätte ich Lust drauf?

CHRISTOPH RIXE: Ja, ich fand wirklich – das habe ich vorhin schon kurz angedeutet – das Thema mit der KI relativ interessant. Es gab auf der LogiMAT auch einen Best-Product-Preis, der dafür vergeben wurde. Dabei ging es konkret darum, dass im Hintergrund eines WMS-Systems mithilfe künstlicher Intelligenz geprüft wird, welcher Prozess für das jeweilige Lagersystem vielleicht besser wäre.

Also zum Beispiel: Macht es Sinn, gewisse Artikelgruppen oder bestimmte Artikel an eine andere Stelle im Lager zu verlagern, um den gesamten Kommissionier Prozess zu optimieren? Sollte man die Waren eventuell umlagern? Erkennt das System Trends in den Kommissionierungen, mit denen sich das System insgesamt verbessern lässt?

Früher hat man das klassisch ein- oder mehrmals im Jahr über eine ABC-/XYZ-Analyse gemacht. Man hat gesagt: Super, meine Highmover lagere ich eher unten, wo man schnell zugreifen kann, und meine C-Teile kommen weiter nach hinten oder oben ins Regal. Das Ganze hat man manuell ausgewertet, meist in Excel – oder, wenn man schon ein moderneres ERP- oder WMS-System hatte, wurden entsprechende Vorschläge automatisch generiert.

Jetzt ist es so, dass dies durch KI im Hintergrund geschieht. Die KI prüft also nicht mehr nur rein mathematisch, was aktuell der Highmover ist, sondern sie lernt im Hintergrund die Gewohnheiten, die Frequenzen, mit denen gepickt wird, und erstellt eine Simulation: Sie nimmt das bestehende Lager, erzeugt eine digitale Kopie und simuliert, wie es sich verhalten würde, wenn man bestimmte Artikel an andere Positionen verlagert.

Dabei wird sowohl ein Vergleich mit den Ist-Werten der Vergangenheit gemacht als auch eine Prognose für die Zukunft. Das System spielt diese Szenarien durch und stellt fest: “Wenn wir dies, das und jenes ändern, wären wir um diesen oder jenen Prozentsatz effizienter.” Diese Erkenntnisse werden dann als Handlungsvorschläge an die Logistikleitung übermittelt. Das finde ich wirklich cool – das ist so ein Use Case, bei dem ich sage: Das ist ziemlich pfiffig.

ANDREA SPIEGEL: Da vielleicht noch eine Frage: Ist das ein unabhängiges System, das ich in jedem WMS im Hintergrund nutzen kann, oder ist es an ein bestimmtes System gebunden?

CHRISTOPH RIXE: Das, was wir da jetzt gesehen haben, war an ein bestimmtes System gebunden. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich diese Logik in den nächsten Jahren auch weiter am Markt verbreiten wird. Sie ist übrigens ziemlich ähnlich zu dem, was wir gerade für unser Stapler-Light-System entwickeln. Auch dort arbeiten wir mit einer vergleichbaren Logik.

Ich habe jetzt natürlich schon die Idee, mal mit unserer Produktmanagerin für das WMS zu sprechen und zu sagen: “Hey, wenn wir das, was wir bereits haben, etwas adaptieren, kommen wir vielleicht auch in eine ähnliche Richtung.”

ANDREA SPIEGEL: Sehr gut. Das hört sich doch schon mal gut an. Also hast du auch schon Ideen für deinen eigenen Job mitgenommen?

CHRISTOPH RIXE: Ja, ja – tausende! Das war ja auch eines meiner Ziele auf der LogiMAT: mal ein bisschen zu schauen, was die Konkurrenz macht – und daraus zu lernen.

ANDREA SPIEGEL: Das stimmt wohl.

ANDREA SPIEGEL: Es gibt ja auch immer wieder Bestrebungen – oder besser gesagt, das brauchen wir eigentlich ganz grundsätzlich auf unserer Welt – aber gerade natürlich auch im industriellen Kontext ist Nachhaltigkeit ein großes Thema. Hast du da irgendwelche Trends wahrnehmen können, bei denen du sagst: Ja, da macht jemand etwas in Richtung nachhaltiger Prozesse oder vielleicht auch wirklich grüner Nachhaltigkeit? Also, wie können Prozesse grüner werden und so weiter?

CHRISTOPH RIXE: Ja, da habe ich einiges gesehen. Das ist wirklich anspruchsvoll. Ich habe mir vorhin auch noch ein paar Notizen gemacht, und das Thema war auch dabei. Gerade was Verpackungsmaterialien angeht, hat das noch einmal mehr Fahrt aufgenommen. Man sieht immer öfter, dass mit recyceltem Papier gearbeitet wird oder mit echtem Papier statt Plastik – oder mit anderen Stoffen, die nicht aus Kunststoff sind, um zum Beispiel Luftpolsterfolie zu produzieren. Das ist ein Trend, der sich weiterentwickelt, was die Verpackung betrifft.

Und bei anderen Systemen ist das Thema Energiekosten immer wieder relevant. Wir haben jetzt von einem RFID-Anbieter – darf ich Werbung machen? – ja, der hat einen Best-Product-Award gewonnen. Die haben eine neue Version ihres Readers herausgebracht, und der spart anscheinend bis zu 40 Prozent des Stromverbrauchs ein. Das ist natürlich auch ein Nachhaltigkeitsaspekt, je nachdem, wie man das sehen möchte. Ich denke dabei immer: Wenn man die Technologie, zum Beispiel mit unserem Stapler-Leitsystem, kombiniert, dann erhöht sich auch die Lebensdauer eines Staplers in einer Schicht, weil er jetzt weniger Strom verbraucht, wenn er unterwegs ist. Und wenn er weniger Strom verbraucht, kann er auch länger fahren und länger produktiv arbeiten. Aber unterm Strich ist es natürlich auch ein Nachhaltigkeitsaspekt. Wenn ich weniger Strom verbrauche, muss ich weniger Strom aus fossilen Energieträgern gewinnen.

ANDREA SPIEGEL: Auf jeden Fall. Sehr cool. Gibt es hier jetzt noch etwas, bei dem du sagst: “Andrea, danach hast du mich noch nicht gefragt, aber das möchte ich auf jeden Fall noch erzählen”? Etwas, das dich begeistert hat oder vielleicht auch zum Nachdenken angeregt hat – oder vielleicht etwas, das du nicht so gut fandest? Da gibt es ja allerlei.

CHRISTOPH RIXE: Du stellst heute echt viele Fragen…

ANDREA SPIEGEL: Keiner hat gesagt, dass es leicht wird.

CHRISTOPH RIXE: Also unterm Strich: Ich fand, die LogiMAT war dieses Jahr wieder ein toller Erfolg. Es hat sich für mich angefühlt, als wäre es ein viel stärkeres Networking-Event gewesen. Ich habe wenig Laufkundschaft erlebt, aber das lag vielleicht auch einfach daran, dass ich dieses Jahr mit einem eher Networking-orientierten Ansatz unterwegs war. Aber es hat Spaß gemacht, die komplette Branche wieder zu sehen, zu beobachten, wohin sich einzelne Produktbereiche entwickeln und welche neuen Trends sich abzeichnen, bei denen man mitarbeiten kann. Aber ich würde tatsächlich sagen, dass es dieses Jahr leider keine bahnbrechenden neuen logistischen Konzepte gab.

ANDREA SPIEGEL: Okay, aber vielleicht hast du ja schon Ideen. Wenn es dieses Jahr nicht so bahnbrechend Neues gab, hast du eine kleine Prognose für uns? Vielleicht, wo du sagst, das könnte ich mir vorstellen, dass das im nächsten Jahr immer mehr Thema wird oder dass da vielleicht nächstes Jahr etwas Neues kommt? Oder vielleicht hast du auch Wünsche an die Branche, die du einfach hier mal anbringen möchtest?

CHRISTOPH RIXE: Ja klar, dann haue ich einfach mal raus, was mein Wunschkasten ist. Also, ich habe eine kleine Prognose. Ich denke, wir werden gerade, was die mobile Robotik angeht, noch eine stärkere Konsolidierung bei den Produkten sehen. Ich glaube tatsächlich auch, dass die Preise noch etwas attraktiver werden. Was die Softwareseite angeht, denke ich, dass wir auch einen kleinen Shift erleben werden. Vielleicht werden viele Hersteller dann tatsächlich auf allgemeine Leitsteuerungen umsteigen, die vielleicht sogar nicht mehr aus ihrer eigenen Hand stammen. Oder sie werden ihre eigenen Leitsteuerungen massiv verändern, um besser auf die Anforderungen des Marktes reagieren zu können.

Was ich mir von der Branche wünsche – und das gehen wir natürlich auch von unserer Seite aus an – ist, dass wir die Integrationsarbeit noch flexibler gestalten. Also, Plug-and-Play-Lösungen. So schlimm ich das Wort selber auch finde, weil es natürlich nicht so einfach ist. Aber ich denke, dass es in den nächsten Jahren immer stärker werden wird, dass man die Systeme in kleinen Baukästen zusammenfasst und sagt: “Wir können mit dem Baukasten des Herstellers A, mit dem Baukasten des Herstellers B und mit dem Baukasten des Herstellers C problemlos zusammenarbeiten.” Natürlich ist dann am Ende immer noch ein Aufwand da, um die Systeme miteinander zu verbinden und die Feinjustierung vorzunehmen. Aber solange die Konnektivität und Interkonnektivität größtenteils geschaffen ist, wird auch der Implementierungsaufwand für komplexe logistische Prozesse einfach geringer. Und ich glaube, in diese Richtung wird sich die Branche weiterentwickeln.

ANDREA SPIEGEL: Sehr spannend. Vielen, vielen Dank für deine Zeit. Gibt es noch etwas, das wir ergänzen sollten?

CHRISTOPH RIXE: Shout-out an alle, die auf der LogiMAT waren. Es hat mich gefreut, euch dieses Jahr wiederzusehen. Genau, darf ich jetzt noch deine Freunde grüßen?

ANDREA SPIEGEL: Du darfst auch deine Freunde grüßen.

CHRISTOPH RIXE: Genau. Hallo auf jeden Fall an alle Mobile-Partner, die nicht am Stand waren, aber auch natürlich an alle anderen Aussteller. Es hat mir wirklich viel Spaß gemacht, und ich freue mich schon auf die nächste LogiMAT.

ANDREA SPIEGEL: Sehr schön. Das hört sich gut an. Vielen Dank für deine Zeit, Christoph. Wenn ihr noch Fragen rund um die LogiMAT habt, schickt sie gerne durch – per Kommentar, per E-Mail, per Nachricht, was auch immer euch einfällt. Meldet euch bei uns. Wenn ihr Fragen an Christoph habt, geben wir sie sehr gerne weiter. Ansonsten hoffen wir, dass euch die Folge gefallen hat. Wenn dem so ist, lasst uns gerne einen Daumen nach oben bei YouTube oder eine Bewertung bei Apple Podcasts oder Spotify da. Und ja, meldet euch auch gerne bei uns, wenn ihr Ideen für weitere Folgen habt, die euch interessieren würden. Dann vielen Dank euch und bis zum nächsten Mal. Macht’s gut.

CHRISTOPH RIXE: Tschüss.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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