ANDREA SPIEGEL: Das heißt aber auch für mich als Unternehmen, wenn ich sage, ich möchte KI einsetzen, weil es vielleicht einen Use Case gibt, der sinnvoll ist, ist es nicht unbedingt nachhaltig, wenn ich versuche, das selbst abzubilden, also selbst jemanden hinstelle, der das für mich programmiert. Vielleicht ist es dann sinnvoller, die technische Expertise von außen zu holen, während ich die Prozessexpertise habe und wir dann zusammenkommen.
PHILIPP DAMM: Das ist ganz spannend. Tatsächlich ist es so, dass man die Methoden eigentlich gerne teilt. Wenn wir an Projekte herangehen, erfinden wir das Rad nicht neu, sondern schauen, was es bereits gibt und fragen das an. In der Regel darf man das Ganze auch branden. Das heißt, man kauft die Methode von jemandem zu, darf aber seinen eigenen Namen darauf schreiben und kann das Ganze dann verwenden und in die Anwendung bringen. Letztlich, und das ist jetzt ein interessanter Aspekt, ist der Prozess an sich das Spannende. Es geht nicht zuerst um das Werkzeug, wie man arbeitet, sondern um den Prozess. Ein ineffizienter Prozess wird nicht effizient, nur weil man ihn digitalisiert. Wenn man einen effizienten Prozess digitalisiert, kann er zwar effizient sein, aber er nutzt vielleicht nicht alle Vorteile, die die Digitalisierung bietet. Er könnte noch viel effizienter sein.
ANDREA SPIEGEL: Da wären wir wieder bei dem Beispiel mit dem E-Mail-Postfach.
PHILIPP DAMM: Ja, genau, aus der ersten Folge.
ANDREA SPIEGEL: Genau, also kleiner Cliffhanger hier, hört da auf jeden Fall rein.
PHILIPP DAMM: Genau. Darum geht es letztlich. Das ist, glaube ich, auch das Entscheidende aus der KMU-Perspektive. Wenn man sich Gedanken macht, was man in der Produktion verändern könnte, sollte man sich nicht hinsetzen und überlegen, welche Methode man verwendet. Das kann man denjenigen überlassen, die das Ganze programmieren. Spannend wäre es doch zum Beispiel, wenn man merkt, dass man einen sehr hohen Luftverbrauch an den Anlagen hat, weil man viel Pneumatik verwendet. Wenn man es schafft, den Luftverbrauch zu reduzieren, ohne die Hardware zu verändern, beispielsweise durch die intelligente Abschaltung von Maschinen, wenn sie erkennt, dass sie nicht läuft. Natürlich muss man an der einen oder anderen Stelle vielleicht etwas Hardware nachrüsten.
ANDREA SPIEGEL: Sensoren zum Beispiel.
PHILIPP DAMM: Ja, oder auch ein Ventil, das letztlich dann zumacht. Genau, da muss man dann auch im Einzelfall betrachten, dass jedes Unternehmen in der Produktion einzigartig aufgestellt ist. Aber es gibt ganz viele Möglichkeiten. Man muss sich keine Probleme ausdenken, sondern sollte sich wirklich die vornehmen, die man auch hat. Wenn man beispielsweise darunter leidet, dass Maschinen regelmäßig ausfallen, kann man sich mit dem Thema Predictive Maintenance auseinandersetzen und es vor Ort prüfen. Da gibt es viele Ansätze, wie man herangehen kann.
Letztlich muss man sich die Maschine ansehen. Wir reden ja aktuell über Altbestand; bei neuen Maschinen kann man das von vornherein mitdenken. Spannend ist, wie man den Altbestand angehen kann. Man kann zum Beispiel akustische Daten nutzen, was immer interessant ist. Wenn man mit einem Meister spricht, der neben der Maschine steht, sagt er oft, dass er hört, wenn etwas kaputt ist. Das Ganze kann man aber auch mit einem Mikrofon aufnehmen und über die Audiodaten Muster erkennen. Solche Ansätze kann man zum Beispiel für Predictive Maintenance verwenden. Natürlich hat das nicht in jeder Anwendung Sinn, keine Frage.
Aber genau das macht die Entwicklungsarbeit spannend und interessant. Wichtig ist, dass man anfängt und sich Gedanken macht, vielleicht auch über Prozesse, aber im Wesentlichen erst mal über die Probleme oder die Potenziale, die man erschließen möchte. Da hilft es natürlich, sich zu informieren, welche Potenziale andere bereits erschlossen haben. Das ist auch ein Stück Nachhaltigkeit. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden, sondern kann schauen, was andere machen, und bewerten, ob es gut oder schlecht ist. Manchmal muss man auch einfach etwas ausprobieren und die Erkenntnis gewinnen, dass es vielleicht doch nicht so gut war. Aber man muss es zumindest versucht haben.
ANDREA SPIEGEL: Also für sich den richtigen Weg zu finden, ist die Kunst sozusagen. Zum Thema Maschinendatenerfassung und wie man alte Maschinen anbinden kann, haben wir tatsächlich auch schon mal eine Folge gemacht mit einem Kollegen. Hört da gerne mal rein. Die Folgennummer habe ich jetzt gerade nicht präsent, aber ich glaube, ihr findet sie in unserem Feed. Da gehen wir genau auf solche Themen ein. Wie kann ich alte Maschinenanbinden oder mit neuer Technik ausstatten, um sie für Predictive Maintenance und Co. nutzbar zu machen.