ANDREA SPIEGEL: Ich glaube, der Grund, warum viele auch unseren Podcast gerne hören, ist, dass wir über Digitalisierung, Industrie 4.0 sprechen und auch über Technologien, die solche Prozesse unterstützen können. Du hast ja schon gesagt, dass man vielleicht ein System braucht, das das kann – oder das ERP-System kann es vielleicht, oder auch nicht.
Es gibt ja noch viele andere Technologien, mit denen man das unterstützen kann. Vielleicht können wir darüber mal ein bisschen sprechen. Also zum einen softwareseitig: Was brauche ich dafür, damit so etwas sauber abgebildet werden kann? Und zum anderen, was gibt es sonst noch für Technologien? Papier ersetzt man ja auch gerne durch E-Labels, zum Beispiel – also durch elektronische Etiketten, die es ja auch in verschiedenen Varianten gibt. Können wir darüber vielleicht noch ein bisschen sprechen? Welche Technologien unterstützen also einen Vorkommissionierungsprozess?
PASCAL LÖCHNER: Es gibt ganz viele Technologien, die das unterstützen können. Aber nicht alle kann man einfach im Mix zusammenwerfen.
ANDREA SPIEGEL: Du darfst dir mal ein Beispiel überlegen.
PASCAL LÖCHNER: Es hängt auch ein bisschen davon ab, wie die Prozesse aussehen. Ich fange mal mit einem eher ungewöhnlichen Beispiel an. Angenommen, ich habe eine eigene Fertigung und muss Fremdbearbeitung machen, also Material auslagern – zum Beispiel, ich stelle ein Blechgehäuse her, das dann lackiert werden muss. Das Lackieren mache ich aber außerhalb, also bei einem externen Dienstleister.
Das geht dann raus, wird lackiert und kommt wieder rein. Und in diesem Fall könnte man auch ein RFID-System im Wareneingang einsetzen. Man könnte einen Ladungsträger mit einem RFID-Tag versehen, das dann eingebucht wird, und über den Reader könnte man das Material direkt an den Lagerplätzen verbuchen. Das ist ein eher unübliches Beispiel, aber es könnte so funktionieren.
Für den von uns eben beschriebenen Regelprozess würde ich sagen, dass es am preisgünstigsten mit mobilen Lösungen geht. Ich bin am Ort des Geschehens und kann dann direkt mobil buchen – das ist jetzt keine besonders neue Technologie, aber ein etabliertes Szenario mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
ANDREA SPIEGEL: Ein guter Einstieg vielleicht auch.
PASCAL LÖCHNER: Ja, funktioniert gut. Genau. Für die Auszeichnung der Lagerplätze, um das Zettel-Stift-Problem zu lösen, kann man natürlich Etiketten im Wareneingang drucken und die dann an den Wagen und Lagerplätzen anbringen. So hat man das Handgekritzel zumindest mal los. Aber ich muss trotzdem immer noch die Nummer scannen, um dann in der Applikation den Status zu sehen. Und wenn ich an die Kollegen in der Montage denke, die ja nicht direkt zur Logistik gehören und meistens auch keine mobilen Geräte oder Handscanner dabei haben, wird es schwierig.
Deshalb könnte man dort ein digitales Display anbringen. Aber normale Tablets sind oft sehr batterielastig, das heißt, ich müsste sie alle zwei Tage aufladen, was wiederum keiner macht. Deshalb gibt es sogenannte E-Ink-Displays, die wir als E-Labels bezeichnen. Diese gibt es in verschiedenen Größen, von kleinen Briefmarkenformaten bis hin zu A4-Größe. Mit diesen lässt sich deutlich besser arbeiten, weil man sie zum Beispiel dauerhaft an den Wägen oder Lagerplätzen anbringen kann. Einmal im Prozess eingebunden, muss ich dann nur noch den Lagerplatz mit dem E-Label verknüpfen, um zu wissen, welches Material damit verbunden ist.
ANDREA SPIEGEL: Du gehörst also diesem Lagerplatz.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Oder diesem Auftrag oder Projekt. So kann dann die passende Information angezeigt werden. Der Vorteil dieser E-Labels ist, dass sie eine extrem lange Batterielaufzeit haben. Sie halten drei bis fünf Jahre, und man kann die Batterie dann austauschen, ohne dass das Display neu geladen werden muss. Sie aktualisieren sich in Echtzeit.
ANDREA SPIEGEL: Und was ich gelernt habe, ist, dass sie nur dann Energie verbrauchen, wenn sie aktualisiert werden.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Deshalb halten sie so lange, weil der Energieverbrauch extrem niedrig ist.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Und was wäre eine sinnvolle Anzeige für so ein Label? Was sollte darauf stehen?
PASCAL LÖCHNER: Eine Projekt-ID wäre schon einmal ganz gut. Dann vielleicht die Information, wie viel von den geplanten Plätzen bereits belegt ist.
ANDREA SPIEGEL: Also ob es für dieses Projekt noch andere Plätze gibt?
PASCAL LÖCHNER: Genau, wenn für dieses Projekt mehr Platz benötigt wird als nur ein Platz – also etwa Paket 1 von 5, Paket 2 von 5. Das kennt man vielleicht aus dem Versandbereich, wenn man größere Möbelstücke bestellt hat. Diese Information könnte nützlich sein. Dann vielleicht noch das Zieldatum. Da kommt auch die Diskussion mit der Auftragsvorbereitung ins Spiel: Was ist das Zieldatum? Gibt es ein vordefiniertes Datum? Wo finde ich es? In welchem ERP-System oder in welchem anderen System?
ANDREA SPIEGEL: Das Zieldatum bezieht sich dann auf den Gesamtauftrag oder darauf, bis wann das Material zum nächsten Fertigungsschritt bereit sein muss?
PASCAL LÖCHNER: Beides könnte wichtig sein. Das Bereitstellungsdatum für die Montage ist wahrscheinlich operativ wichtiger, während der Endfertigungs– oder Auslieferungstermin zum Kunden auch relevant ist, weil ich wissen möchte: Wo brennt es?
ANDREA SPIEGEL: Ja, wo befinden wir uns auf der Timeline?
PASCAL LÖCHNER: Genau, wo stehen wir? Das könnte hilfreich sein. Vielleicht auch die Information zu rückständigen Artikeln oder zu Artikeln mit der längsten Lieferzeit, sofern das gepflegt wird. Wenn der Lieferant also ein Lieferdatum angibt, könnte man das ins ERP-System eintragen und es dann auf dem E-Label anzeigen lassen. So weiß ich zumindest schon einmal, dass die letzten fünf Artikel erst in zwei Monaten kommen. Weitere nützliche Infos wären der prozentuale Erfüllungsgrad – also wie viel von den bestellten Teilen bereits verfügbar ist. Wenn ich schon 95 Prozent beisammen habe, könnte ich mit diesen 95 Prozent schon arbeiten, auch wenn der Rest noch fehlt. In diesem Fall müsste in der Logistik nur ein neuer Lagerplatz oder ein neuer Trolley dafür angelegt werden.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, wir brauchen eine Software, die diese Prozesse abbilden kann. Wir brauchen mindestens mobile Geräte, Scanner oder etwas Ähnliches, mit dem wir arbeiten können, und ein E-Label als Unterstützung, um den Prozess übersichtlicher zu gestalten.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Es geht darum, den Prozess digitaler zu machen und Echtzeitinformationen bereitzustellen. Der wichtigste Aspekt ist die Bestandstransparenz am Ort des Geschehens – also dort, wo die Palette oder das Material tatsächlich liegt. Der Zettel mit der Projektnummer hilft zwar, das Projekt zu identifizieren, aber alle anderen Informationen, die ich sonst umständlich beschaffen müsste, werden direkt angezeigt.
ANDREA SPIEGEL: Ja, das ist ein gutes Thema. Für die Leute in der Produktion zum Beispiel, die vielleicht keine Handgeräte dabei haben, ist das sehr praktisch.
PASCAL LÖCHNER: Genau.
ANDREA SPIEGEL: Okay, sehr cool. Das heißt, die richtigen Daten zur richtigen Zeit sind ein wichtiges Thema – Echtzeitinformationen auch. Was brauche ich als Grundlage, damit das nachher funktioniert? Für Echtzeitinformationen?
PASCAL LÖCHNER: Ja, Informationen wären gut.
ANDREA SPIEGEL: Nein, aber ich meine: Was gehört dazu? Ich denke an Dinge wie Datenpflege und so weiter. Es ist ja schön, wenn ich ein System habe, aber das muss auch gepflegt sein, sonst funktioniert es nicht.
PASCAL LÖCHNER: Salopp gesagt: Das ERP-System muss die Fertigungsstammdaten enthalten. Ohne diese geht es nicht.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, das ist ein wichtiger Aspekt, den man berücksichtigen muss.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Man muss die Fertigungsaufträge so strukturieren, dass sie in Baugruppen abgebildet werden können, damit man weiß, was man nachher sammeln muss. Da muss man sich etwas überlegen. Das muss nicht immer direkt im ERP-System umgesetzt werden, aber man muss eine Struktur haben, die auch physisch abgebildet werden kann. Entweder innerhalb des ERP-Systems oder mit speziellen Tools, die diese Struktur außerhalb des Systems abbilden können.