#82 Optimierte Kommissionierung mit Pascal Löchner

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Zeit- und Kostentreiber Kommissionierung! Und weder das eine, noch das andere wollen die meisten mittelständischen Unternehmen in ihren Logistikprozessen. Gäbe es doch nur… …

eine neue Folge Industrie 4.0 zum Thema pick2hub. Und wie es der Zufall so will sprechen wir heute darüber mit Pascal Löchner, Head of Sales bei L-mobile! Dabei spricht er mit Andrea Spiegel über die Vorkommissionierung, Zwischenlagerung und die wichtigsten Indikatoren für einen dringenden Optimierungsbedarfs im warehouse. Und wie da jetzt das Thema Nachhaltigkeit rein passt – musst du wohl selbst herausfinden. Also direkt in die neue Folge gestartet!

Das Transkript zur Podcast-Folge: Optimierte Kommissionierung

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Industrie 4.0, der Experten-Talk für den Mittelstand. Heute schauen wir uns ein sehr spannendes Thema an, nämlich die auftragspezifische Vorkommissionierung und die Zwischenlagerung von WarenRohmaterialien und vorgefertigten Teilen – alles, was man eben braucht. Wir werden das heute etwas genauer beleuchten.
Bei mir ist Pascal Löchner, die meisten von euch kennen ihn schon. Er ist Head of Sales und Geschäftsführer hier bei L-mobile. Hallo Pascal, schön, dass du da bist.
PASCAL LÖCHNER: Hallo.
ANDREA SPIEGEL: Wie immer an dieser Stelle der kurze Hinweis: Auch diese Folge gibt es als Video auf YouTube. Schaut dort gerne vorbei, falls ihr das gerade als Podcast hört. Pascal, du kennst es ja schon: Du darfst dich jetzt auch mal wieder vorstellen. Ich denke, die meisten kennen dich inzwischen, aber vielleicht gibt es ja heute doch etwas Neues von dir zu erzählen.
PASCAL LÖCHNER: Ja, oder für die, die unsere Folgen zum ersten Mal hören oder die vielleicht mit den letzten Folgen beginnen.
ANDREA SPIEGEL: Ja, oder so herum, genau. Aber natürlich haben alle alle Folgen gehört – davon gehen wir doch aus, das ist klar. Stell dich mal vor: Wer bist du, und was machst du bei uns?
PASCAL LÖCHNERPascal Löchner, mein Name. Ich bin Vertriebsleiter und in der Geschäftsführung bei L-mobile und seit 14 Jahren dabei. In dieser Zeit beschäftige ich mich intensiv mit SoftwareProzessenLagerlogistikProduktion und Außendienst.
ANDREA SPIEGEL: Also mit allem, was wir hier so machen. Sehr cool, klingt auf jeden Fall spannend. Da werden wir jetzt gleich ein bisschen mehr von deiner Expertise abgreifen, um zu erfahren, wie solche Prozesse gestaltet werden können.
Wie gesagt, das Thema heute ist die auftragspezifische Vorkommissionierung und der gesamte Prozess dahinter. Am Ende wollen wir natürlich auch die spannende Frage klären, wie Technologien dieses Thema beeinflussen, optimieren oder bis zu einem gewissen Punkt unterstützen können.

ANDREA SPIEGEL: Du weißt ja, wie es läuft. Bevor wir tiefer ins Thema einsteigen, möchten wir noch ein bisschen mehr über dich als Person erfahren. Heute habe ich mir eine spontane Frage für dich überlegt: Nenn uns doch bitte mal eine Sache, die dich beruflich so richtig begeistert, und eine Sache, für die du privat so richtig brennst.
PASCAL LÖCHNER: Beruflich begeistert mich vieles, aber was mich wirklich motiviert, ist der Moment, wenn es gelingt, mittels Technologie – es muss nicht unbedingt Software sein – von einem Ausgangszustand aus ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Man hat sich ein Ziel vorgenommen und schafft es dann, dieses Ziel mit den zur Verfügung stehenden MittelnWerkzeugen und Budgets tatsächlich zu realisieren. Wenn man dann sozusagen vor diesem vollendeten Werk steht und sagen kann, „Genau so habe ich es mir vorgestellt“, oder sogar noch besser – das finde ich sehr motivierend.
Privat ist es relativ simpel: Wenn man den ganzen Tag auf einen Berg gestiegen ist und dann ganz oben steht und dieses Gefühl von unbegrenzter Freiheit hat – das ist ein Wahnsinnsgefühl. Es macht mich sehr glücklich.
ANDREA SPIEGEL: Vielen Dank für den Einblick.

ANDREA SPIEGEL: Ich habe mir jetzt eine ziemlich hochtrabende, spannende Einstiegsfrage überlegt, aber nach unserem kurzen Vorgespräch vorhin habe ich mich umentschieden. Also fange ich so an, wie du es mir vorgeschlagen hast: Was zum Geier ist auftragsspezifische Vorkommissionierung und wer braucht sowas?
PASCAL LÖCHNER: Ja, genau, fangen wir vielleicht mal mit der Frage an, wer sowas braucht. Denn tatsächlich ist es nicht für jedes Unternehmen relevant. Ich würde sagen, klassische Handelsunternehmen sind in der Regel nicht die Zielgruppe, also zumindest nicht die meisten.
ANDREA SPIEGEL: Trotzdem gerne dranbleiben.
PASCAL LÖCHNER: Genau, auch Handelsunternehmen haben durchaus auftragsspezifische Ware. Bei denen ist das Thema aber nicht ganz so präsent oder brisant wie bei Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau. Und dazu muss man vielleicht ein bisschen tiefer in den Prozess einsteigen. Was zeichnet den Maschinen- und Anlagenbauer jetzt aus, und was unterscheidet ihn von einem klassischen Handelsunternehmen?
Der Maschinen- und Anlagenbauer produziert meistens Maschinen und Anlagen für kundenspezifische Aufträge. Es ist also nicht so, dass große Maschinenanlagen auf Halde produziert werden. Es gibt ein paar wenige Unternehmen, die das tun, aber in den meisten Fällen sind die Maschinen bereits verkauft, bevor sie produziert werden. Jeder Airbus, als großes Beispiel, der zusammengebaut wird, ist schon verkauft. Es gibt also einen Kunden dafür.
ANDREA SPIEGEL: Der hat ihn bestellt.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Das Gleiche gilt im Maschinen- und Anlagenbau. Diese Anlagen kosten oft mehrere hunderttausend Euro bis hin zu mehreren Millionen. Und diese Anlagen sind alle schon verkauft. Das bedeutet, man hat ein länger laufendes Projekt, das aus sehr vielen einzelnen Teilen besteht. Eine solche Anlage hat nicht nur drei Teile, sondern vielleicht 3.000 oder 30.000 oder 300.000 Teile – angefangen von der kleinsten Unterlegscheibe bis hin zu großen, teuren Baugruppen wie MotorenSteuerungen oder Antriebstechnik. Und diese Teile müssen jetzt bestellt werden – und zwar im richtigen Fortschrittstakt, entsprechend der geplanten Fertigung der Anlage.
Wenn ich jetzt beispielsweise eine solche Anlage bekomme, die möglicherweise ein Gehäuse enthält, möchte ich das Gehäuse nicht gleich zu Beginn ans Lager legen. Eine wichtige Funktion ist also die Disposition. Wenn ein Fertigungsauftrag geplant und freigegeben wurde, gibt es verschiedene Baustufen und Baugruppen, die bei den Lieferanten bestellt werden. Ich kann diese Teile entweder selbst fertigen oder viele Maschinen- und Anlagenbauer haben die Fertigungstiefe so weit reduziert, dass sie diese Teile extern beziehen.
ANDREA SPIEGEL: Die mir also alles liefern, was ich zum Bau meiner Maschine brauche.
PASCAL LÖCHNER: Genau so. Und jetzt stellt sich natürlich die Frage: Was hat das alles mit der Vorkommissionierung zu tun? Die Herausforderung kommt dann, wenn für dieses spezifische Projekt – also für diese Maschine oder Anlage, die ich bauen möchte – irgendwann mal die Speditionen mit den Materialien ankommen. Jetzt kommt es zu einer logistischen Herausforderung. Was möchte man nicht machen? Man möchte das ganze Material nicht einfach schon mal in den Fertigungs- oder Montagebereich stellen. Das wäre problematisch, weil der Platz dort meistens nicht ausreicht. Vor allem, wenn man alles auf einmal bestellt, würde es die Kapazitäten sprengen.
Also, was machen die meisten Unternehmen? Sie haben einen Lagerbereich, in den das Material im Wareneingangankommt. Dort muss es eingelagert werden. Das Material bekommt dann irgendwo eine „Heimat“, bis der Werkstatt- oder Hallenmeister sagt: „Jetzt haben wir Baugruppe 1 fertig, jetzt ist Stufe 2 oder Arbeitsgang 2, 3, 4 dran.“ Dann brauche ich mein Material. Und das können sehr viele Materialien sein. Jetzt stellt sich die große Frage: Muss ich das ganze Material erst in ein Hauptlager legen, um es später aufwendig wieder zusammenzukommissionieren?
An dieser Stelle kommt die auftragsspezifische Vorkommissionierung ins Spiel. Sie kann auf zwei Arten erfolgen:
Erstens, die klassische Vorkommissionierung: Ich muss eine größere Baugruppe vorkommissionieren, was über eine Freigabe eines Fertigungsauftrags erfolgt. Dann habe ich beispielsweise 500 oder 1.000 Teile, die ich vorkommissioniere. Das dauert ein wenig, da viele Teile eine Weile brauchen, bis sie aus dem Lager raus sind. Diese Teile stelle ich dann an einem speziellen Platz bereit – auf WagenPaletten oder Ladungsträgern.
Zweitens, der innovativere Teil: Hier wird das Material bereits im Wareneingang abgefangen. Ich möchte es also nicht erst ins Lager schieben, weil das Einlagern und Auslagern wieder Kosten verursacht. Ich nehme es direkt im Wareneingang und sortiere es dort nach den jeweiligen Projekten. Bei der Bestellung muss ich schon wissen, welches Material von welchem Lieferanten für welches Projekt gedacht ist. Zum Beispiel könnte ich 1.000 Teile für drei Projekte gleichzeitig bestellen.
ANDREA SPIEGEL: Also für mehrere Projekte gleichzeitig?
PASCAL LÖCHNER: Genau. Wenn ich 1.000 Teile für drei Projekte bestelle, muss ich den Wareneingang bereits aufteilen: 300 Teile für Projekt 1300 für Projekt 2300 für Projekt 3 und die restlichen 100 Teile lege ich vielleicht auf Lager, als Ersatzmaterial. Diese Trennung muss direkt im Wareneingang erfolgen.
Viele Unternehmen machen das heute schon, aber meist noch „mit der Hand am Arm“. Das bedeutet, es gibt irgendwo eine Palette oder einen Wagen.
ANDREA SPIEGEL: Da weiß dann nur wieder einer, dass es da steht.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Das weiß dann einer, vielleicht noch zwei. Aber man hat nicht wirklich einen Überblick über den Erfüllungsstand. Dann schreibt man auf, was ich schon oft gesehen habe: DIN-A4-ZettelEdding und Paketklebeband.
ANDREA SPIEGEL: Gute Kombi.
PASCAL LÖCHNER: Genau, gute Kombi.
ANDREA SPIEGEL: Die Drei-Einigkeit im Wareneingang.
PASCAL LÖCHNER: Genau, die Drei-Einigkeit. Aber wehe, es wird eng mit dem Platz, oder es muss etwas umgelagert werden, oder es kommt noch etwas dazu. Oder ich möchte wissen, wie viel Material ich für eine Baugruppe da habe. Dann wird es schon schwierig. Aber soweit zur Story.
Und wer braucht jetzt dieses Verfahren? Genau die Unternehmen, die solche Prozesse haben. Jetzt komme ich vielleicht doch noch einmal auf die Handelsunternehmen zurück: Wenn ich ein reines Handelsunternehmen bin, größere Kundenbestellungen habe und Material extern bestellen muss, weil ich es nicht am Lager habe oder auf die Lieferung warte, dann könnte auch hier ein solcher Prozess sinnvoll sein. Man könnte dann mit der auftragsspezifischen Vorkommissionierung arbeiten, um Fehlteile für einen Auftrag direkt aus dem Wareneingang zu nehmen und sie direkt dem Kundenauftrag zuzuordnen, ohne sie durch das Hauptlager zu schleusen.

ANDREA SPIEGEL: Ist denn jetzt der Wareneingang die einzige Quelle für so ein Vorkommissionierlager, sage ich mal? Oder könnte es auch vorkommen, dass man für eine Maschine ein bestimmtes Teil selbst fertigt und es erst einmal auf Halde legt? Würde das auch dazugehören?
PASCAL LÖCHNER: Der Wareneingang ist die eine Quelle. Wie wir gerade schon angedeutet haben, ist die eigene Produktion die zweite Quelle. Es kommt darauf an, wie der Prozess gestaltet ist: Läuft alles im Wareneingang zusammen, oder gibt es einen speziellen Bereich in der Logistik, in dem das Material zusammengeführt wird? Das Ziel ist es, alles in einem Bereich zu bündeln – sowohl das Material aus dem Wareneingang als auch das Material aus der Produktion. Das ist der häufigste Fall, aber es gibt auch kleinere Randprozesse.
ANDREA SPIEGEL: Okay, aber im Grunde geht es also darum, wie die Prozesse im Unternehmen organisiert sind, um den Vorkommissionierungsprozess sinnvoll zu gestalten. Habe ich das richtig verstanden?
PASCAL LÖCHNER: Genau, und dann natürlich auch möglichst effizient – vielleicht auch ein bisschen effizienter als mit PackbandEdding und DIN-A4-Zetteln.

ANDREA SPIEGEL: Wenn wir schon bei PackbandEdding und den DIN A4-Zetteln sind: Was sind die Stolpersteine oder die Stellen, an denen es momentan schiefgeht? Wenn wir von dem Prozess ausgehen, wie du sagst, so eher “mit der Hand am Arm”, also wie Unternehmen das aktuell vielleicht noch umsetzen, die noch nicht digitalisiert haben oder da noch nicht besonders weit sind – wo liegen die Schwierigkeiten in diesem Prozess der auftragsspezifischen Vorkommissionierung?
PASCAL LÖCHNER: Ich glaube, der Prozess an sich ist gar nicht so dramatisch, weil er eigentlich relativ simpel ist. Die Herausforderung liegt eher in der organisatorischen Umsetzung. Ohne jetzt schon zu viel über Technologie oder Digitalisierung sprechen zu wollen: Es ist unheimlich aufwendig, im Wareneingang die Bestellung zu nehmen, jedes Mal nachzuschauen, was es ist und wo es hingehört. Die meisten Systeme können diese Metrik einfach nicht unterstützen, weshalb dann oft diese lästigen ZettelPackband und der Edding zum Einsatz kommen.
ANDREA SPIEGEL: Mit Systemen meinst du ERP-Systeme zum Beispiel oder Warenwirtschaftssysteme?
PASCAL LÖCHNER: Genau, ERP-SystemeLagerverwaltungssystemeWarenwirtschaftssysteme. Diese Systeme müssen das ja nachher irgendwie managen, weil dort die Bestände und die Lagerplätze gespeichert sind. Aber viele Systeme unterstützen diesen Prozess eben nicht von Haus aus, und dann bleibt oft nur die manuelle LösungManuell bringt jedoch immer Schwierigkeiten mit sich: Transparenz fehlt, ich weiß nicht genau, was jetzt wo liegt. Hat schon jemand etwas entnommen? Wo befindet sich der Lagerplatz, an dem das Material tatsächlich liegt? Die eigentliche Herausforderung sehe ich eher darin, sich überhaupt für so einen Prozess zu entscheiden, dann die entsprechenden Strukturen zu schaffen und Lösungen zu finden, die eben nicht auf Packband und Zetteln basieren, sondern diese Prozesse systemisch unterstützen.
Das macht natürlich nur Sinn, wenn ich entsprechendes Volumen habe. Für zwei Maschinenbauprojekte im Jahr brauche ich das nicht. Das kann ich dann tatsächlich manuell und mit dem Packzettel effizienter hinbekommen. Aber wenn ich an größere Maschinen und Anlagenbauprojekte denke, bei denen mehrere Projekte parallel laufen – also 20, 30 oder mehr Projekte – dann wird es sinnvoll, solche Prozesse zu digitalisieren.
ANDREA SPIEGEL: Da wird es dann spannend. Und dann lohnt es sich auch, in diese Prozesse mal tiefer reinzuschauen.

ANDREA SPIEGEL: Wo fange ich an, wenn ich mir vornehme, langfristig einen solchen Prozess zu digitalisieren oder mich damit zu beschäftigen? Was muss ich mir anschauen? Wo setze ich an?
PASCAL LÖCHNER: Da gibt es mehrere Aspekte. Eigentlich verrate ich jetzt alles, was man bei uns in der Beratung erfahren könnte.
ANDREA SPIEGEL: Das ist der Vorteil für die Leute, die unseren Podcast hören.
PASCAL LÖCHNER: Genau! Also, was muss man sich anschauen? Zunächst einmal muss man im Wareneingangsbereich überlegen, wie der Prozess so optimiert werden kann, dass ich, wenn ich vor dem Material stehe, ohne Rücksprache mit einem Disponenten das Material direkt so auseinanderklamüsern kann, dass es am richtigen Ort landet. Das heißt, man muss sich einmal die Software anschauen, mit der man das macht.
Das kann im ERP-System sein, das kann in einer mobilen Lösung sein – das ist völlig egal, von welchem Anbieter die Applikation kommt. Aber man muss sicherstellen, dass man genau weiß, welche Teile wo hingehören. Es müssen also klar definierte Lagerplätze existieren, und man muss auch einen Hinweis erhalten, dass von den tausend bestellten Teilen300 für Projekt A, 300 für Projekt B und 300 für Projekt C vorgesehen sind. Die restlichen 100 Teile kommen ins Hauptlager.
Der nächste Schritt ist, zu überprüfen, wo diese Teile dann tatsächlich hinkommen. Wo sind die Lagerplätze? Sind es Lagerplätze, die auch im ERP-System oder der Lagerverwaltung geführt werden? Ich kenne viele Maschinenbauer, die einen Trick anwenden, um die Verwaltung zu vereinfachen: Sie buchen das Material direkt auf den Fertigungsauftrag, sobald es im Wareneingang eintrifft. Buchungstechnisch ist das super einfach und macht das Leben angenehmer. Aber nach diesem Schritt sind die Bestände im System nicht mehr korrekt geführt.
ANDREA SPIEGEL: Aber wo ist dann das Material?
PASCAL LÖCHNER: Genau, das ist dann das Problem. Der Lagermitarbeiter sagt: “Das Material kann ich nicht mehr auf den ERP-Lagerplatz legen, weil es ja schon weggebucht wurde.” Daher muss man sich überlegen, wie man dieses Material weiterhin verfolgen kann. Eine Möglichkeit wäre, eine separate Datenbank zu verwenden oder einen Gesamtprozess zu finden, bei dem das Material zunächst in spezielle Lagerplätze gebucht wird, die ausschließlich für das Projekt gedacht sind. Nicht jedes ERP-System kann ein Projektlager führen, also muss man sich auch darüber Gedanken machen. Wir hätten da eine Lösung, ohne zu viel darüber sprechen zu wollen.
Das ist die zweite physische Herausforderung. Und dann gibt es noch die Thematik mit den Zetteln und Stiften. Diese möchte man natürlich auch irgendwie eliminieren. Warum? Weil es immer wieder zu Schreibfehlern kommt und die Informationen unheimlich schnell veralten. Eine handgeschriebene Projektnummer auf einem Lagerplatz sagt mir lediglich, dass dort Material für ein bestimmtes Projekt liegt. Aber wie viel da ist, was noch fehlt, was im Rückstand ist, und bei welchem Lieferanten die Teile noch ausstehen – das kann ich nur herausfinden, indem ich zum Disponenten oder in das ERP-System gehe.
Hier können verschiedene Technologien für mehr Transparenz sorgen, vielleicht auch ohne Handscanner, sodass man direkt am Lagerplatz sehen kann: “Ah, alles klar, das kann ich schon mal mitnehmen.” Oder: “Lass es lieber noch da.”
ANDREA SPIEGEL: Okay, das heißt, du würdest definitiv im Wareneingang anfangen?
PASCAL LÖCHNER: Ja, definitiv.
ANDREA SPIEGEL: Mit diesem Prozess, den erstmal genau zu untersuchen, zu studieren: Wie funktioniert das? Was läuft gut, was läuft nicht gut? Welche Informationen haben wir schon und welche benötigen wir noch?
PASCAL LÖCHNER: Genau. Der Wareneingang ist nur der Bereich, in dem der physische Prozess beginnt. Aber davor muss man schon mit der Auftragsdisposition sprechen, weil diese entscheidet, wann welches Material für die Fertigung bereitgestellt wird. Deshalb sollte man frühzeitig anfangen, über Lösungen nachzudenken. Normalerweise passiert es so, dass derjenige im Lager sagt: “Ich möchte jetzt den Prozess verbessern.” Aber man muss bereits vorher, im Bereich Wareneingang und Einkauf, beginnen, Lösungen zu diskutieren. Erst dann kann man sich den physischen Prozess genauer anschauen und überlegen, was damit zu tun ist.
ANDREA SPIEGEL: Okay, aber lasst uns mal ein bisschen auf die physischen Prozesse fokussieren. Ich glaube, sonst wird es ein bisschen zu lang.
PASCAL LÖCHNER: Ja, das haben wir aber schon das meiste abgedeckt. Ich denke, da gibt es nicht mehr viel hinzuzufügen.
ANDREA SPIEGEL: Nee, zumindest nicht zum Prozess an sich.

ANDREA SPIEGEL: Ich glaube, der Grund, warum viele auch unseren Podcast gerne hören, ist, dass wir über DigitalisierungIndustrie 4.0 sprechen und auch über Technologien, die solche Prozesse unterstützen können. Du hast ja schon gesagt, dass man vielleicht ein System braucht, das das kann – oder das ERP-System kann es vielleicht, oder auch nicht.
Es gibt ja noch viele andere Technologien, mit denen man das unterstützen kann. Vielleicht können wir darüber mal ein bisschen sprechen. Also zum einen softwareseitig: Was brauche ich dafür, damit so etwas sauber abgebildet werden kann? Und zum anderen, was gibt es sonst noch für TechnologienPapier ersetzt man ja auch gerne durch E-Labels, zum Beispiel – also durch elektronische Etiketten, die es ja auch in verschiedenen Varianten gibt. Können wir darüber vielleicht noch ein bisschen sprechen? Welche Technologien unterstützen also einen Vorkommissionierungsprozess?
PASCAL LÖCHNER: Es gibt ganz viele Technologien, die das unterstützen können. Aber nicht alle kann man einfach im Mix zusammenwerfen.
ANDREA SPIEGEL: Du darfst dir mal ein Beispiel überlegen.
PASCAL LÖCHNER: Es hängt auch ein bisschen davon ab, wie die Prozesse aussehen. Ich fange mal mit einem eher ungewöhnlichen Beispiel an. Angenommen, ich habe eine eigene Fertigung und muss Fremdbearbeitung machen, also Material auslagern – zum Beispiel, ich stelle ein Blechgehäuse her, das dann lackiert werden muss. Das Lackieren mache ich aber außerhalb, also bei einem externen Dienstleister.
Das geht dann raus, wird lackiert und kommt wieder rein. Und in diesem Fall könnte man auch ein RFID-System im Wareneingang einsetzen. Man könnte einen Ladungsträger mit einem RFID-Tag versehen, das dann eingebucht wird, und über den Reader könnte man das Material direkt an den Lagerplätzen verbuchen. Das ist ein eher unübliches Beispiel, aber es könnte so funktionieren.
Für den von uns eben beschriebenen Regelprozess würde ich sagen, dass es am preisgünstigsten mit mobilen Lösungen geht. Ich bin am Ort des Geschehens und kann dann direkt mobil buchen – das ist jetzt keine besonders neue Technologie, aber ein etabliertes Szenario mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
ANDREA SPIEGEL: Ein guter Einstieg vielleicht auch.
PASCAL LÖCHNER: Ja, funktioniert gut. Genau. Für die Auszeichnung der Lagerplätze, um das Zettel-Stift-Problem zu lösen, kann man natürlich Etiketten im Wareneingang drucken und die dann an den Wagen und Lagerplätzen anbringen. So hat man das Handgekritzel zumindest mal los. Aber ich muss trotzdem immer noch die Nummer scannen, um dann in der Applikation den Status zu sehen. Und wenn ich an die Kollegen in der Montage denke, die ja nicht direkt zur Logistik gehören und meistens auch keine mobilen Geräte oder Handscanner dabei haben, wird es schwierig.
Deshalb könnte man dort ein digitales Display anbringen. Aber normale Tablets sind oft sehr batterielastig, das heißt, ich müsste sie alle zwei Tage aufladen, was wiederum keiner macht. Deshalb gibt es sogenannte E-Ink-Displays, die wir als E-Labels bezeichnen. Diese gibt es in verschiedenen Größen, von kleinen Briefmarkenformaten bis hin zu A4-Größe. Mit diesen lässt sich deutlich besser arbeiten, weil man sie zum Beispiel dauerhaft an den Wägen oder Lagerplätzen anbringen kann. Einmal im Prozess eingebunden, muss ich dann nur noch den Lagerplatz mit dem E-Label verknüpfen, um zu wissen, welches Material damit verbunden ist.
ANDREA SPIEGEL: Du gehörst also diesem Lagerplatz.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Oder diesem Auftrag oder Projekt. So kann dann die passende Information angezeigt werden. Der Vorteil dieser E-Labels ist, dass sie eine extrem lange Batterielaufzeit haben. Sie halten drei bis fünf Jahre, und man kann die Batterie dann austauschen, ohne dass das Display neu geladen werden muss. Sie aktualisieren sich in Echtzeit.
ANDREA SPIEGEL: Und was ich gelernt habe, ist, dass sie nur dann Energie verbrauchen, wenn sie aktualisiert werden.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Deshalb halten sie so lange, weil der Energieverbrauch extrem niedrig ist.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Und was wäre eine sinnvolle Anzeige für so ein Label? Was sollte darauf stehen?
PASCAL LÖCHNER: Eine Projekt-ID wäre schon einmal ganz gut. Dann vielleicht die Information, wie viel von den geplanten Plätzen bereits belegt ist.
ANDREA SPIEGEL: Also ob es für dieses Projekt noch andere Plätze gibt?
PASCAL LÖCHNER: Genau, wenn für dieses Projekt mehr Platz benötigt wird als nur ein Platz – also etwa Paket 1 von 5, Paket 2 von 5. Das kennt man vielleicht aus dem Versandbereich, wenn man größere Möbelstücke bestellt hat. Diese Information könnte nützlich sein. Dann vielleicht noch das Zieldatum. Da kommt auch die Diskussion mit der Auftragsvorbereitung ins Spiel: Was ist das Zieldatum? Gibt es ein vordefiniertes Datum? Wo finde ich es? In welchem ERP-System oder in welchem anderen System?
ANDREA SPIEGEL: Das Zieldatum bezieht sich dann auf den Gesamtauftrag oder darauf, bis wann das Material zum nächsten Fertigungsschritt bereit sein muss?
PASCAL LÖCHNER: Beides könnte wichtig sein. Das Bereitstellungsdatum für die Montage ist wahrscheinlich operativ wichtiger, während der Endfertigungs– oder Auslieferungstermin zum Kunden auch relevant ist, weil ich wissen möchte: Wo brennt es?
ANDREA SPIEGEL: Ja, wo befinden wir uns auf der Timeline?
PASCAL LÖCHNER: Genau, wo stehen wir? Das könnte hilfreich sein. Vielleicht auch die Information zu rückständigen Artikeln oder zu Artikeln mit der längsten Lieferzeit, sofern das gepflegt wird. Wenn der Lieferant also ein Lieferdatum angibt, könnte man das ins ERP-System eintragen und es dann auf dem E-Label anzeigen lassen. So weiß ich zumindest schon einmal, dass die letzten fünf Artikel erst in zwei Monaten kommen. Weitere nützliche Infos wären der prozentuale Erfüllungsgrad – also wie viel von den bestellten Teilen bereits verfügbar ist. Wenn ich schon 95 Prozent beisammen habe, könnte ich mit diesen 95 Prozent schon arbeiten, auch wenn der Rest noch fehlt. In diesem Fall müsste in der Logistik nur ein neuer Lagerplatz oder ein neuer Trolley dafür angelegt werden.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, wir brauchen eine Software, die diese Prozesse abbilden kann. Wir brauchen mindestens mobile GeräteScanner oder etwas Ähnliches, mit dem wir arbeiten können, und ein E-Label als Unterstützung, um den Prozess übersichtlicher zu gestalten.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Es geht darum, den Prozess digitaler zu machen und Echtzeitinformationen bereitzustellen. Der wichtigste Aspekt ist die Bestandstransparenz am Ort des Geschehens – also dort, wo die Palette oder das Material tatsächlich liegt. Der Zettel mit der Projektnummer hilft zwar, das Projekt zu identifizieren, aber alle anderen Informationen, die ich sonst umständlich beschaffen müsste, werden direkt angezeigt.
ANDREA SPIEGEL: Ja, das ist ein gutes Thema. Für die Leute in der Produktion zum Beispiel, die vielleicht keine Handgeräte dabei haben, ist das sehr praktisch.
PASCAL LÖCHNER: Genau.
ANDREA SPIEGEL: Okay, sehr cool. Das heißt, die richtigen Daten zur richtigen Zeit sind ein wichtiges Thema – Echtzeitinformationen auch. Was brauche ich als Grundlage, damit das nachher funktioniert? Für Echtzeitinformationen?
PASCAL LÖCHNER: Ja, Informationen wären gut.
ANDREA SPIEGEL: Nein, aber ich meine: Was gehört dazu? Ich denke an Dinge wie Datenpflege und so weiter. Es ist ja schön, wenn ich ein System habe, aber das muss auch gepflegt sein, sonst funktioniert es nicht.
PASCAL LÖCHNER: Salopp gesagt: Das ERP-System muss die Fertigungsstammdaten enthalten. Ohne diese geht es nicht.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, das ist ein wichtiger Aspekt, den man berücksichtigen muss.
PASCAL LÖCHNER: Genau. Man muss die Fertigungsaufträge so strukturieren, dass sie in Baugruppen abgebildet werden können, damit man weiß, was man nachher sammeln muss. Da muss man sich etwas überlegen. Das muss nicht immer direkt im ERP-System umgesetzt werden, aber man muss eine Struktur haben, die auch physisch abgebildet werden kann. Entweder innerhalb des ERP-Systems oder mit speziellen Tools, die diese Struktur außerhalb des Systems abbilden können.

ANDREA SPIEGEL: Das heißt, für die Mitarbeitenden verändert sich konkret ein bisschen die Arbeitsweise, oder gibt es noch andere Aspekte, bei denen du sagst, das ist für die vielleicht auch noch spannend? Denn wenn man das so von oben herab entscheidet, ist das ja ganz schön, aber was passiert danach für die Leute?
PASCAL LÖCHNER: Ich glaube, in der Arbeitsweise an sich ändert sich nicht allzu viel, außer – sage ich mal – wie bei allen Digitalisierungen. Naja, vielleicht bin ich da auch nicht mehr sensibel genug. Aus der Warte des Prozesses wird sich wahrscheinlich, also wenn man einen solchen Prozess schon etabliert hat und ihn heute papierbehaftet macht, nicht viel ändern, außer dass ich ihn dann mit anderen Werkzeugen durchführe. Aber wie immer gibt es dann ein klassisches Change-Software-Projekt, bei dem ich die Mitarbeitenden mitnehmen und einbinden muss. Wenn ich den Prozess noch gar nicht habe, dann ändert sich natürlich einiges.
ANDREA SPIEGEL: Das heißt, das wäre der Fall, wenn ich zum Beispiel im Moment alles in mein Hauptlager einlagere und dann auftragsspezifisch daraus kommissioniere, oder wie wäre das?
PASCAL LÖCHNER: Genau, oder vielleicht mache ich völlig unstrukturiert Häufchen an verschiedenen Ecken. Vielleicht habe ich gar keine speziellen Vorkommissionierungs- oder Bereitstellungslager, sondern, ach, die untere Ebene im Hauptlager, die nehmen wir halt und sammeln wir immer. Aber wenn es da mal zu voll wird…
ANDREA SPIEGELMündliche Absprache, ja.
PASCAL LÖCHNER: Dann nehmen wir das, aber da drüben haben wir nicht mal ein Lager. Sagen wir, in der Produktion irgendwo, und oh, neben dem Tor war auch immer so ein freier Platz. Wer sich mit so einem Szenario angesprochen fühlt, hat dann eine größere Baustelle vor sich. Da würde ich immer erstmal raten, Strukturen zu schaffen, und das hat mit Software noch nichts zu tun. Da sprechen wir erstmal von reiner Lager- und Prozessorganisation. Es geht darum, wie man mit diesem auftragsspezifischen Material umgeht. Wo will man es sammeln? Will man Bereitstellungsflächen schaffen? Wenn ja, wo und an welcher Stelle? Und jetzt komme ich wieder zu den Tools und Werkzeugen, mit denen ich das dann unterstütze.
ANDREA SPIEGEL: Okay.
PASCAL LÖCHNER: Da hat man ein bisschen mehr zu tun.
ANDREA SPIEGEL: Da hat man noch ein bisschen mehr zu tun. Alles klar. Gibt es noch etwas zu diesem Thema, wo du sagst, das wäre wichtig zu nennen oder was du vielleicht auch aus Projekten gelernt hast, in denen das schon Thema war? Irgendwelche Fragen, die dir da begegnet sind?
PASCAL LÖCHNER: Nein, Fragen nicht. Ich habe immer Hochachtung vor den Leuten, die sich wirklich extrem tief in der Materie in den Unternehmen auskennen, die diese ganze Materiallogistik aus dem Kopf oder aus ihrer Erfahrung heraus beherrschen. Das ist für mich immer sehr bemerkenswert. Denn die meisten Unternehmen bekommen ihre Prozesse trotz aller Undefinitionen oder vielleicht fehlender Tools irgendwie hin, aber nur mit mehr Aufwand oder mit Leuten, die extrem tief in der Materie stecken. Ich bin immer fasziniert davon. Und das bringt auf der anderen Seite auch ein gewisses Risiko mit sich, wenn ich diese Leute verliere, aus welchen Gründen auch immer. Rente ist ein Riesenthema in den nächsten zehn Jahren. Und das sind meistens Leute, die schon seit zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren in solchen Bereichen arbeiten.
ANDREA SPIEGEL: Alles mitgeprägt haben, ja.
PASCAL LÖCHNER: Alles mitgeprägt haben. Und wenn ich die dann verliere, dann wird es natürlich schwierig. Denn dann habe ich diesen Kopf, der an alles denkt, nicht mehr. Und da bleibt uns in Deutschland aktuell nichts anderes übrig, als im Bereich Automatisierung und Digitalisierung die Prozesse so zu gestalten, dass das Know-how so gut wie möglich systemisch unterstützt wird. Damit komme ich dann auch mit anderen Personalumständen besser zurecht, wie zum Beispiel mit neuem oder unqualifiziertem Personal.
ANDREA SPIEGEL: Fehlendes Personal.
PASCAL LÖCHNER: Ja, mit fehlendem Personal kann ich leider noch nicht helfen. Reine Digitalisierung macht das fehlende Personal noch nicht ganz weg. Da spreche ich dann von Outplacement. Das wäre der zweite Punkt. Oder vielleicht noch ein zusätzlicher Punkt. Die Frage, was fällt dir noch dazu ein? Es gibt die Komponente Demografie und Personal, die mir immer wieder auffällt. Viele Unternehmen sind zwar extrem gut unterwegs, aber eben sehr personengebunden. Was an sich nichts Schlechtes ist, aber halt nur ein definiertes End-of-Life hat.
ANDREA SPIEGEL: Okay.

ANDREA SPIEGEL: Das heißt, vielleicht können wir noch mal über die Vorteile oder die Empfehlungen zu diesem Thema sprechen. Du hast das jetzt alles so ein bisschen beleuchtet. Vielleicht kannst du es noch mal zusammenfassen. Warum hältst du das für eine gute Idee? Warum würdest du das vielleicht auch Unternehmen empfehlen, die jetzt sagen, dass es eigentlich irgendwie so funktioniert, wie du gerade schon gesagt hast? Warum ist es trotzdem eine gute Idee, da jetzt ranzugehen?
PASCAL LÖCHNER: Ja, was sind die Motivationsgründe? Warum ist es wichtig, das zu tun? Zum einen, klare Fehlervermeidung. Es gibt nichts Schlimmeres für einen Maschinenanlagenbauer, der seine Geräte nicht zusammenbauen kann, weil ein Teil fehlt oder mehrere kleine Teile fehlen oder es Verzögerungen gibt, weil ich es nicht finde und dann die Rennerei und die Sucherei beginnt. Das ist ein reiner Effizienzgedanke. Wie bei allen Softwareprojekten sucht man nach der Amortisation. Das ist ein Eckpunkt der Amortisation, also die Vermeidung von Personal-Overhead-Kosten im Sinne der Such- und Rückfragezeiten. Dann natürlich auch die Stillstandszeiten in der Produktion zu vermeiden. Ich möchte besser in der Montage und Produktion beliefern können. Das ist ein weiterer Aspekt.
Dann dieses Demografiethema. In den nächsten Jahren werde ich zwangsläufig mit anderen Leuten in der FertigungProduktion und Lagerlogistik zu tun haben, und die dann bestmöglich zu unterstützen ist entscheidend. Die jüngere Generation erwartet auch, dass solche Prozesse digital sind. Ich kann die Pizza digital bestellen, aber hier muss ich alles auf ein Blatt Papier schreiben. Das ist dieser demografische Aspekt.
ANDREA SPIEGELTransparenz ist auf jeden Fall ein Thema, das wir gerade noch besprochen haben.
PASCAL LÖCHNER: Ja, wobei die Transparenz immer mit den Such- und Overheadzeiten zusammenhängt. Immer wenn ich diese Intransparenz habe, beginnt die Rennerei, die Rücksprache und das Suchen. Das fließt dann nachher in die Nutzenrechnung ein. Der eigentliche Kostenblock oder der Amortisationsblock tritt ein, wenn die Fertigung tatsächlich stehen bleibt. Das ist immer der Worst Case.
Das hat natürlich viel mit der vorgelagerten Disposition zu tun. Ich spreche jetzt eher davon, wenn es Probleme innerhalb des Lagers gibt. Wenn ich suchen muss und dann zwei Stunden Verzögerung entstehen, sind das zwei Stunden, in denen nicht montiert wird. Diese zwei Stunden Verzögerung können dazu führen, dass die Arbeit am nächsten Tag nicht mehr rechtzeitig fortgesetzt werden kann, und dann beginnt die ganze Misere. Das sind aus den Nutzenaspekten die wichtigsten Punkte. Wenn man jedoch eine ROI-Berechnung für das Unternehmen durchführen möchte, muss man natürlich die Prozesse genau anschauen.
ANDREA SPIEGEL: Wollte ich gerade sagen, darüber haben wir auch schon mal gesprochen.
PASCAL LÖCHNER: Da haben wir auch schon mal drüber gesprochen. Da dürfen wir dann in der Nutzenrechnung durchaus noch ein bisschen tiefer absteigen. Man muss die Prozesse genau prüfen, wenn man diese Investitionen im Unternehmen rechtfertigen möchte.
ANDREA SPIEGEL: Okay.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt haben wir vorhin schon mal kurz über das Thema Technologien gesprochen, die da so, sage ich mal, als Basis-Technologien zum Einsatz kommen könnten. Mich würde jetzt als Abschlussfrage noch interessieren: Wenn man so fünf bis zehn Jahre in die Zukunft schaut, was für Technologien könnten da vielleicht noch um die Ecke kommen, die auch für diesen Prozess der Vorkommissionierung, des auftragsspezifischen Einlagerns und so weiter spannend sein könnten? Was kommt da noch auf uns zu? Hast du da noch irgendwas mitgebracht?
PASCAL LÖCHNER: Ich habe was mitgebracht. Ich sagte ja bei unserem Eingangsgespräch, über das Beamen gesprochen – ja, schön wäre es. Leider ist das noch ein bisschen entfernt. Aber Beamen würde unheimlich viel erleichtern.
ANDREA SPIEGEL: Das wäre praktisch, ja.
PASCAL LÖCHNER: Das wäre Wahnsinn. Aber wir können etwas Ähnliches wie Beamen.
ANDREA SPIEGEL: Okay, jetzt bin ich gespannt.
PASCAL LÖCHNER: Genau, jetzt sind wir gespannt. Also, was für Technologien könnten noch zum Einsatz kommen? Zum einen halte ich relativ viel von der Ortungstechnologie, also man spricht von RTLSReal-Time Locationing System.
ANDREA SPIEGEL: Haben wir auch schon mal eine Podcast-Folge gemacht.
PASCAL LÖCHNER: Ja, und da könnte ich zum Beispiel auch diese Kommissionierwägen mit einem Tag ausstatten und dann die ganze Buchungsarbeit, also zum einen das Suchen, noch mal ein bisschen stärker vereinfachen und auch die Buchung voll automatisieren. Abhängig vom Geofence, wohin ich den Wagen transportiere. Auch in der Bereitstellung und in der Montage oder Fertigung habe ich dann natürlich automatisch eine höhere Transparenz, weil ich sofort weiß, auf einer digitalen Karte, wo sich das Zeug befindet.
ANDREA SPIEGEL: Zum Beispiel, ich habe mein vorkommissioniertes Paket auf einem Wagen und schiebe den Wagen in die Produktion. Es wird automatisch im System verbucht. Das Ding ist jetzt am Montageplatz 1.
PASCAL LÖCHNER: Genau, es wird verbucht und auch visuell irgendwo angezeigt. Jetzt sage ich: „Wo liegt Teil 815eigentlich?“ Und weil ich es verbucht und dorthin gebracht habe, zeigt es mir auf der Karte: „Guck mal, da hinten.“
ANDREA SPIEGEL: Da ist es.
PASCAL LÖCHNER: Ohne dass jemand manuell mit dem Scanner nachschauen muss. Ich musste keine extra Plätze irgendwo schaffen, sondern kann es einfach visualisieren. Das ist eine Technologie, von der ich persönlich extrem viel halte und die jetzt immer stärker im Kommen ist.
Und das Zweite: Wenn man dann tatsächlich noch mal in den Punkt der eigentlichen Automatisierung reinschaut, dann sind fahrerlose Transportsysteme (AGVs) sicherlich auch ein Trend, der sich weiter fortsetzen wird. Denn Transport ist per se nicht wertschöpfend, und diesen dann zu automatisieren, macht Sinn. Das setzt aber noch ein paar andere Dinge voraus.
Das heißt, ich muss mir Gedanken um meine Ladungsträgerstrukturen machen, welche Wagen ich nehme, damit sie auch transportiert werden können. Die müssen dann stark vereinheitlicht sein. GangbreitenWegeBodenbeschaffenheiten – das sind alles Themen, die dann kommen. Aber dann kann ich natürlich auch über so einen Abruf einen Wagen vollautomatisiert in die Fertigung schaffen. Entweder in kleinen KLTs oder in ganzen Kommissionierwägen.
ANDREA SPIEGEL: Das betrifft dann eher die Anschlussprozesse, richtig?
PASCAL LÖCHNER: Genau, die Anschlussprozesse.
ANDREA SPIEGEL: Und dann wird das Zeug aus meinem Lager oder dem Zwischenlagerplatz dahin transportiert, wo es hin muss.
PASCAL LÖCHNER: Korrekt, genau. Und im Maschinen- und Anlagenbau habe ich in der Regel sehr viele Bereitstellungsprozesse, bei denen viel aus dieser Vorkommissionierung kommt. Deswegen erwähne ich es extra. Und wenn ich dann tatsächlich noch einmal über den demografischen Wandel nachdenke und sage, ich möchte wirklich auch weniger Personal haben, dann geht es faktisch in den Bereich der Automatisierung. Und da werden AGVs oder fahrerlose Transportsysteme einen sehr wichtigen Einfluss haben. Ja, das wäre so ein Schnellabriss über…
ANDREA SPIEGEL: Schnellabriss, genau. Wer es jetzt genauer wissen möchte, darf sich natürlich gerne jederzeit auch mal bei uns melden. Ansonsten hoffen wir, euch hat die Folge gefallen. Wir haben über auftragsspezifische Vorkommissionierungen beziehungsweise das Zwischenlagern von verschiedenen Materialien beziehungsweise von Auftragsrohmaterialien gesprochen, die man irgendwie zusammenkommissionieren muss, bevor man sie dann zur Fertigung bereitstellen kann. Wir haben uns auch verschiedene technologische Unterstützungsmöglichkeiten für diese Prozesse angeschaut, zum Beispiel über ScannerE-Labels – also elektronische Etiketten oder wie auch immer man das nennen möchte.
PASCAL LÖCHNER: Ich dachte ja gerade, als wir angefangen haben, „Menschenskinder, ich weiß gar nicht, ob das so ein spannender Prozess ist.“ Aber je länger man darüber spricht, desto mehr Elan kann man da reinlegen.
ANDREA SPIEGEL: Ich habe auch das Gefühl, wir könnten noch ein bisschen mehr Zeit investieren, um darüber zu sprechen.
PASCAL LÖCHNER: Ja, es gibt noch 100 andere Prozesse. Aber auch dieser Prozess hat durchaus seine Relevanz, und es macht dann durchaus auch Spaß, sich über Optimierungen Gedanken zu machen.
ANDREA SPIEGEL: So sieht es aus, genau. Das heißt, wenn es euch gefallen hat oder ihr noch Fragen zu dem Thema habt – vielleicht auch, was man da sonst noch alles machen kann –, dann meldet euch gerne, schreibt uns eine Nachricht, eine E-Mail oder lasst gerne einen Kommentar da.
Ansonsten, wenn euch die Folge gefallen hat, lasst einen Daumen nach oben bei YouTube da oder eine Bewertung bei Spotify, Apple Podcasts und Co. Vielen Dank nochmal, Pascal, für deine Zeit, dass du hier warst. Hat Spaß gemacht. Und wir sehen uns beim nächsten Mal. Macht’s gut. Ciao.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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