#55 Logistik Automatisierung mit Christoph Rixe

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Fachkräftemangel und ein starker Wettbewerb machen der Industrie das Leben schwer. Oder?

In Folge #55 unseres Podcasts spricht Andrea Spiegel mit Christoph Rixe, Projektleiter und Spezialist für Logistik bei L-mobile, über die Optimierung von Logistikprozessen und in diesem Zusammenhang auch über die Rolle von Digitalisierung und Automatisierung.

Vor welchen Herausforderungen stehen KMU kurz- und langfristig? Wie können sie diesen Herausforderungen begegnen?

Drei mögliche Optimierungsszenarien für die Logistik schauen wir uns genauer an:

1. Keine Automatisierung, dafür Optimierung der dispositiven Prozesse

2. Teilautomatisierung, also z.B. Integration von FTF in die bestehende Logistik

3. Vollautomatisierung, die Umstellung auf ein FTS in der gesamten Logistik

Außerdem klären wir mit Christoph, ab wann die Vollautomatisierung Sinn ergibt und welche strukturellen und personellen Voraussetzungen ein Automatisierungsprojekt in der Logistik braucht.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Logistik Automatisierung

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0, der Experten-Talk für den Mittelstand. Heute schauen wir uns das Thema Optimierung von Logistikprozessen an und was dafür nötig ist, warum das in Zukunft vielleicht noch viel nötiger wird, als es heute schon ist. Selbst wenn eure Logistik derzeit gut aufgestellt ist, könnte es in Zukunft sein, dass eine Optimierung ansteht. Wir schauen uns heute an, was möglich ist und was man machen kann. Dafür habe ich mir einen tollen Gast eingeladen. Bei mir ist Christoph Rixe. Er ist bei uns Projektleiter und unser interner Spezialist für das ganze Thema Logistik. Ich freue mich, dass du heute da bist.

CHRISTOPH RIXE: Vielen Dank, ich freue mich auch.

ANDREA SPIEGEL: Wie immer an dieser Stelle für euch noch kurz der Hinweis: Die Folge gibt es auch wieder bei YouTube als Video. Also schaut da gerne mal rein, wenn ihr unsere freundlichen Gesichter sehen wollt.

ANDREA SPIEGELChristoph, stell dich doch gerne nochmal kurz selbst vor. Was machst du bei uns als Projektleiter genau? Wie sieht dein Alltag aus?

CHRISTOPH RIXE: Gerne. Ja, also als Projektleiter bei der L-mobile bin ich jetzt seit circa zwei Jahren unterwegs. Ich habe den Fokus auf Warehouse- und Logistikprozesse bei uns von unserer Software. Mein Alltag als Projektleiter sieht so aus, dass mich ein Kunde kontaktiert und sagt, er würde gerne seine Logistikprozesse optimieren und digitalisieren. Wir starten in der Regel mit einem Workshop vor Ort. Dann komme ich, vielleicht noch ein Kollege, und wir nehmen einmal die Prozesse auf, schauen uns an, was die Probleme und Herausforderungen sind, mit denen der Kunde gerade konfrontiert ist, die Branche, das ERP-System. Danach geben wir gezielte Empfehlungen, wie man die Prozesse verbessern kann, wie man mit Digitalisierung oder Automatisierung die Prozesse unterstützen kann, sodass am Ende ein Mehrwert für den Kunden entsteht.

ANDREA SPIEGEL: Bevor wir ins Thema einsteigen, wollen wir dich noch ein bisschen besser kennenlernen. Kannst du mir verraten, was du schon immer mal ausprobieren wolltest und was dich bisher davon abgehalten hat?

CHRISTOPH RIXE: Oh, was ich schon immer mal ausprobieren wollte? Jetzt bezogen auf Digitalisierung?

ANDREA SPIEGEL: Nein, einfach auf dich als Person. Vielleicht eine Sportart. Ich weiß ja, du bist sportlich unterwegs. Gibt es etwas, das du schon immer mal machen wolltest, aber bisher nie getan hast?

CHRISTOPH RIXE: Also, ich wollte schon immer gerne mal im Yosemite Valley klettern gehen, wenn man es sportlich betrachtet. Das ist, glaube ich, noch ein Lebensziel von mir, dass ich einmal nach Kalifornien fliege und dann im Yosemite Valley klettern gehe. Das wäre die private Herausforderung, das private Ziel von mir. Wenn man es auf Prozessdigitalisierung und Automatisierung bezieht: Ich würde wirklich gerne mal ein Greenfield-Projekt machen. Ich habe durch meine Berufserfahrung bisher immer viel Brownfield-Projekte gemacht. Das heißt, ich komme in bestehende Strukturen rein. Das hat einen ganz eigenen Reiz, weil man sich immer anpassen muss. Es gibt kein Projekt, das gleich verläuft wie das erste. Es ist immer an die Kundenbedürfnisse angepasst. Ich hätte aber auch Lust, ein Greenfield-Projekt zu betreuen, wo ich sage, okay, hier haben wir eine grüne Spielwiese und wir können den Prozess von Anfang bis Ende so aufsetzen, wie ich es für richtig halte.

ANDREA SPIEGEL: Super spannend. Also, wenn du mal so weit bist, dann lade ich dich gerne wieder ein und du erzählst uns von deinem Greenfield-Projekt. Das würde mich interessieren. Jetzt wage ich mal die These, um ins Thema einzusteigen, dass die meisten mittelständischen Unternehmen, die funktionieren, tendenziell auch eine funktionierende Logistik haben. Es muss ja irgendwie alles von A nach B gehen. Es scheint zu funktionieren, sonst würden sie am Ende keine Produkte verkaufen. Ist das eine These, die man erst mal so stehen lassen kann?

CHRISTOPH RIXE: Ja, die These kann man so stehen lassen. Also, funktionieren tut die Logistik in allen Betrieben in der Regel. Ansonsten, wie du sagst, hätte die Firma ein großes Problem. Wenn hinten keine Produkte rauskommen, dann kann man in der Regel auch keinen Umsatz machen. Außer man ist ein Softwareunternehmen wie die L-mobile, dann kann man dasselbe Produkt mehrfach verkaufen. Aber in der Industrie muss man am Ende etwas verschicken, um Umsatz zu generieren. Ob die Logistik jetzt immer so funktioniert, wie du es dargestellt hast, ist natürlich noch eine andere Frage, denn es gibt viele Firmen, da funktioniert die Logistik, es kommt hinten etwas raus. Aber als funktionierende Logistik würde ich es nicht immer bezeichnen.

ANDREA SPIEGEL: Um ins Thema einzusteigen, wage ich mal die These, dass die meisten mittelständischen Unternehmen funktionieren und tendenziell eine funktionierende Logistik haben.

Es muss ja irgendwie alles von A nach B, es scheint zu funktionieren, sonst würden sie am Ende keine Produkte verkaufen.

CHRISTOPH RIXE: Ja, die These kann man so stehen lassen. Also funktionieren tut die Logistik in allen Betrieben in der Regel. Ansonsten hast du Recht, hat die Firma ein großes Problem. Wenn hinten keine Produkte rauskommen, dann kann man in der Regel auch keinen Umsatz machen. Außer man ist ein Softwareunternehmen, wie die L-mobile, dann kann man dasselbe Produkt mehrfach verkaufen. Aber in der Regel in der Industrie muss man am Ende was verschicken, um Umsatz zu generieren. Ob man „funktionieren“ so plakativ wie du es jetzt hingestellt hast, stehen lassen möchte, ist natürlich noch eine andere Frage. Denn es gibt viele Firmen, da funktioniert die Logistik, es kommt hinten was raus, aber als funktionierende Logistik würde ich es nicht immer bezeichnen.

ANDREA SPIEGEL: Das schauen wir uns jetzt mal genauer an. Mich würde nämlich interessieren, warum würdest du denn sagen, dass der Mittelstand da vielleicht trotzdem noch ein Thema hat bei der Logistik-Optimierung? Also, woher kommt das und wie verändert sich das vielleicht auch in Zukunft?

CHRISTOPH RIXE: Ja, das ist die spannende Frage, die ich mir, glaube ich, in meinem Alltag sehr oft stelle. Ich denke, der Mittelstand hat die Herausforderung, dass es sich oft um gewachsene Strukturen handelt. Man macht das seit Jahren so, dass das Lager wächst, die Fertigung wächst und dann schaut man, wie man das geschickt arrangieren kann, indem man vielleicht doch noch einen Arbeitsplatz oder ein Regal irgendwo hinstellt. Dann findet man eine Lösung, und diese erste Lösung ist dann auch oft die einzige Lösung, die man gerade sieht oder die beste Lösung, die es zu dem Zeitpunkt gibt. So hangelt man sich von Lösung zu Lösung und hat am Ende eine Struktur, bei der man sagt, okay, das ist jetzt so, das machen wir schon seit zehn Jahren so und es läuft ja auch.

ANDREA SPIEGEL: Also Insellösungen sozusagen?

CHRISTOPH RIXE: Genau. Man hat vergessen, den Gesamtprozess zu berücksichtigen und zu sagen, hey, okay, wir haben hier eine Lage und stellen fest, dass wir nicht optimal unterwegs sind. Aber den Mut aufzubringen zu sagen, okay, wir schauen uns die Gesamtlösung nochmal an und entwickeln vielleicht nochmal von vorne, das ist eine Herausforderung, der sich viele Mittelständler nicht stellen wollen oder können. Oft fehlen auch die Personen, die sich damit auskennen. Man sagt dann einfach, es funktioniert ja auch so. Warum sollten wir jetzt diesen Gesamtlogistikprozess optimieren?

ANDREA SPIEGEL: Wenn du jetzt sagst, viele können oder wollen sich dem Ganzen nicht stellen, was würdest du ihnen gerne sagen?

CHRISTOPH RIXE: Ja, ich würde gerne sagen, dass das eigentlich die falsche Herangehensweise ist. Man muss sich diesen Herausforderungen stellen. Logistik ist ein Wettbewerbsfaktor für die Zukunft. Man wird zum Bottleneck, wenn man sagt, meine Fertigung würde gerne wachsen, aber ich bekomme nicht mehr in mein Fertigwarenlager rein. Viele sagen dann, gut, dann holen wir uns halt von einem Spediteur ein Außenlager. Das ist eine super beliebte Lösung, aber das ist ja nur eine Behandlung der Symptome und keine Behandlung der Ursache. Ich glaube, man kann diesen Gesamtprozess viel besser optimieren, wenn man diese Insellösungen aufbricht, eine Gesamtlösung findet und dann als Firma viel wettbewerbsfähiger wird und am Ende mehr Ertrag erwirtschaftet.

ANDREA SPIEGEL: Okay, das ist schon mal ein guter Punkt. Das heißt, sich da ehrlich mal die eigenen Prozesse anzuschauen und wie du sagst, den Gesamtprozess mal zu beleuchten. Welche Möglichkeiten habe ich denn da jetzt, diesen Gesamtprozess anzugehen? Also, womit kann ich das denn überhaupt optimieren?

CHRISTOPH RIXE: Da gibt es eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten. Ich glaube, der VDIVerband Deutscher Ingenieure, sagt, dass es für Logistiklösungen so viele individuelle Ausprägungen gibt, dass man da gar keine richtige Klassifizierung vornehmen kann. Das ist tatsächlich so. Das ist auch das, was wir in der Praxis immer erleben.

Das heißt, jeder Mittelständler ist aufgefordert, sich intern mit diesen Prozessen zu beschäftigen, diese Insellösungen aufzubrechen und vielleicht nochmal mit einem anderen Blickwinkel drauf zu schauen. Wenn ein Mittelständler die Möglichkeit hat, einen internen Logistikexperten einzustellen, der das als Projekt aufnimmt, dann ist das super.

Wenn der Mittelstand diese Option nicht hat, dann wäre es vielleicht eine gute Idee, nochmal eine Beratung hinzuzuziehen. Ob das jetzt die L-mobile ist oder eine richtige Logistikberatungsfirma, die sich nur darauf konzentriert – diese können dann einen externen Blickwinkel einbringen. Wir können das von außen betrachten und diese Insellösungen gezielt aufbrechen.

ANDREA SPIEGEL: Können denn zum Beispiel zwei große Ansatzpunkte, das ist jetzt keine spezifische Logistikthematik, aber das Thema Digitalisierung und Automatisierung spielt wahrscheinlich in Zukunft einfach eine große Rolle, oder?

CHRISTOPH RIXE: Ja, absolut. Also in der Logistikoptimierung sind Digitalisierung und Automatisierung wahrscheinlich die größten Hebel, die es gerade gibt. Zumindest, wenn man sich die Forschung und das, was man im Internet liest, anschaut. Es gibt aber noch eine dritte Option, und das ist einfach die Prozessorganisation, der Prozessablauf. Auch den kann man optimieren.

Das heißt, wenn uns ein Kunde kontaktiert und sagt, er möchte seine Logistikprozesse optimieren, sind Digitalisierung und Automatisierung natürlich etwas, was wir im Produktportfolio haben. Aber das ist nicht unbedingt der erste Schritt, den man angehen sollte. Man kann sich zunächst einfach mal anschauen, was für ein Lager das ist. Ich war vor ein paar Wochen bei einem Kunden, um ein Beispiel zu nennen.

ANDREA SPIEGEL: Super gerne, ja.

CHRISTOPH RIXE: Die hatten lange Regalreihen, und der Mitarbeiter ist immer in die verschiedenen Gänge gelaufen und hat die Waren zurück zu seinem Kommissionierwagen gebracht. Die Regale standen frei im Raum, und eines der Probleme war der Lagerplatz. Die erste Frage, die ich gestellt habe, war: “Warum stehen diese Regale mitten im Raum?” Man sagte mir, das sei so, damit der Mitarbeiter auch hinten ums Regalende herum in den nächsten Gang laufen kann, also eine Durchlaufstrategie. Nach einer kurzen Prozessbeobachtung stellte ich fest, dass der Mitarbeiter das gar nicht macht, weil der Gang zu eng war, um mit dem Wagen durchzukommen. Sie haben eigentlich eine Stichgangsstrategie verwendet, bei der der Mitarbeiter immer in den Gang hinein und wieder heraus zu seinem Wagen geht. Damit würde er niemals am Ende in den nächsten Gang laufen, weil er das entnommene Material erst zurückbringen möchte. Das war den Verantwortlichen gar nicht bewusst.

ANDREA SPIEGEL: Die haben gar nicht darauf geachtet.

CHRISTOPH RIXE: Genau. Wenn man von außen kommt und fragt: “Was ist eure Lager-Durchgangsstrategie?” und sie antworten: “Wir wollen, dass die Mitarbeiter mit den Wagen durchlaufen,” dann sieht man das Problem. Irgendwann wollte man noch ein weiteres Regal reinstellen, hat alle Gänge etwas verschmälert und damit dem Mitarbeiter die Möglichkeit genommen, diesen Prozess wie geplant auszuführen. Meine erste Empfehlung war, die Regale direkt an die Wand zu stellen und die Durchgangsstrategie zu ändern. Das hat dann auch Auswirkungen auf die Sortierung der Kommissionierlisten und die Anordnung der Positionen darauf. Das geht dann in den Bereich Digitalisierung hinein, weil diese Kommissionierlisten aus dem ERP-System kommen. Grundsätzlich haben wir hier den Prozess noch nicht digitalisiert, sondern nur den Prozessablauf und die Prozessorganisation geändert.

ANDREA SPIEGEL: Durch Beobachtung sozusagen.

CHRISTOPH RIXE: Genau, ja. Die Mitarbeiter und Verantwortlichen wussten das schon alles, aber durch diese nachträglichen Insellösungen und das Nicht-Hinterfragen der vorherigen Lösungen ist diese Struktur gewachsen, und man stand sich ein bisschen im Weg.

ANDREA SPIEGEL: Das heißt, Schritt eins bei der Optimierung von Logistikprozessen muss gar nicht Automatisierung oder Digitalisierung sein, sondern wie du gerade beschrieben hast, einfach mal hinschauen, genau beobachten, miteinander sprechen. Nutze ich die Möglichkeiten, die mir da gegeben sind überhaupt? Kann ich sie überhaupt nutzen? Und damit quasi anfangen, erst mal das organisatorische Umfeld zu optimieren.

CHRISTOPH RIXE: Ganz genau. Es ist eine wichtige Voraussetzung, auch für die Digitalisierung und Automatisierung, dass man funktionierende und gute Prozesse hat. Oft hört man auch hier im Podcast: Ein schlechter digitalisierter Prozess ist kein guter Prozess. “Shit in, shit out” ist ein bekanntes Sprichwort. Das gilt auch für die Logistikprozesse. Wenn die Grundlage, die Prozessabläufe und die Prozessorganisation nicht wettbewerbsfähig und praktisch orientiert sind, macht eine Digitalisierung keinen Sinn. In unseren Konzepten schauen wir natürlich, dass wir das gleich vereinheitlichen.

Also, wir wollen den Prozess digitalisieren, aber nicht nur den Ist-Prozess, sondern wir definieren einen Soll-Prozess. Dieser Soll-Prozess beinhaltet dann in der Regel auch Hausaufgaben für den Mittelständler. Wir sagen, okay, wir arbeiten an unserer Software, und die wird in zwei, drei Monaten fertig sein. Bis dahin müsst ihr die Regale an die Wand stellen und dafür sorgen, dass das ERP-System die Kommissionierlisten anders sortiert. Das sind die Voraussetzungen, die ihr uns stellen müsst.

ANDREA SPIEGEL: Das heißt, ich kann mir wie eine kleine Checkliste holen, mit der ich mich auf diesen Prozess vorbereiten kann.

CHRISTOPH RIXE: Genau, bei uns nennen wir das ein L-mobile Implementation Concept, ein LIC. Darin steht, was wir machen, das ist unser Pflichtheft, und welche Rahmenbedingungen und Anforderungen wir dafür erwarten.

ANDREA SPIEGEL: Gut, dann haben wir uns jetzt quasi den Prozess angeschaut, was ich alles machen könnte, bevor ich an Digitalisierung und Automatisierung denke. Wenn wir jetzt einen Schritt weitergehen und sagen, zum Beispiel, mich interessiert heute vor allem das Thema Automatisierung oder Teilautomatisierung in einem zweiten Schritt. Wie kann ich an so ein Thema rangehen?

Also sagen wir mal, ein großer Knackpunkt ist oft das Thema, ich finde gar nicht mehr genug Fachkräfte für meine Logistik. Das heißt, ich könnte theoretisch alles mit einem Staplerpark abbilden, also mit jeder Menge Staplerfahrern. Aber gleichzeitig finde ich gar nicht genug Leute, die dafür qualifiziert sind. Wie gehe ich dann an so ein Thema Teilautomatisierung ran?

CHRISTOPH RIXE: Ja, das ist eine spannende Frage. Also wenn ich mir vorstelle, ich habe eine solide Prozessstruktur, gute Abläufe und eigentlich ein gut funktionierendes Logistiksystem, um meine Logistikprozesse abzudecken, dann gibt es zwei Treiber für Automatisierung, sei es Teilautomatisierung oder Vollautomatisierung. Und diese Treiber sind Kosten und Personalressourcen.

Ich mache mal ein Beispiel: Wenn ich keine Staplerfahrer mehr finde, um meinen wachsenden Prozess zu befriedigen, könnte ich auch einfach sagen, gut, ich biete 100.000 Euro Jahresgehalt, dann würden wahrscheinlich die Hälfte der Belegschaft als Staplerfahrer anfangen zu arbeiten. Kosten sind also der eine treibende Faktor. Der zweite treibende Faktor sind gesetzliche Rahmenbedingungen, die man nicht umgehen kann. Wenn es zum Beispiel ein maximales Hebelimit gibt, 25 Kilo sind es, glaube ich, dann muss ich diesen Prozess teil- oder vollautomatisieren.

ANDREA SPIEGEL: Dann musst du dir ein Exoskelett kaufen.

CHRISTOPH RIXE: Ganz genau. Das ist einer der treibenden Faktoren. Wenn ich sage, ich brauche einen Mitarbeiter, dann muss ich den Prozess teilautomatisieren und ihm eine Hebevorrichtung zur Verfügung stellen, damit er dieses Gewicht nicht mehr selbst tragen muss. Das ist dann eine Teilautomatisierung.

Die beiden treibenden Faktoren sind also Kosten und gesetzliche Rahmenbedingungen. Wenn ich weiß, dass ich den Prozess mit Automatisierung unterstützen muss, um meine Mitarbeiter zu entlasten oder um Kosten zu senken, zum Beispiel, weil ich keine Staplerfahrer mehr bekomme, dann muss ich mich entscheiden, ob ich eine Teilautomatisierung oder eine Vollautomatisierung mache. Das ist auch wieder eine Abwägung der Kosten und der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Ich kann vielleicht mit einer Teilautomatisierung alle gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllen. Aber ist das auch die gewinnbringendste oder kostensenkendste Maßnahme, die ich ergreifen kann? Das muss man sich dann leider von Einzelfall zu Einzelfall anschauen.

ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, du kannst keine pauschale Aussage machen oder gibt es Knackpunkte, wo du sagst, da geht es dann Richtung Automatisierung oder eben auch nicht?

CHRISTOPH RIXE: Also eine pauschale Aussage kann man wirklich schwer treffen. Ich sage, wenn man gute, standardisierte Grundprozesse hat, dann ist es immer leichter, eine Vollautomatisierung anzustreben. Aber das kann man nicht allgemein sagen. Es ist aber leichter, mit einer Teilautomatisierung anzufangen als ersten Schritt.

Wenn ich jedoch keine soliden Grundprozesse habe, dann macht eine Vollautomatisierung vielleicht mehr Sinn, weil ich dann sagen kann, gut, jetzt nehme ich mir die Zeit und strukturiere alles von Anfang bis Ende durch und gehe gleich den Schritt zur Vollautomatisierung. Das ist natürlich auch ein großer Invest, den man als Mittelständler leisten muss.

ANDREA SPIEGEL: Ja, wenn ich jetzt das Gefühl habe, ich kann vielleicht nicht direkt alles automatisieren, weil ich da nicht ran möchte. Vielleicht habe ich auch einen Betriebsrat, der etwas dagegen hat. Das gibt es ja auch oft. Wie kann ich mit einer Teilautomatisierung starten? Welche Prozesse schaue ich mir da zum Beispiel an? Was würde ich als erstes automatisieren, wenn ich nur einen Teil meiner Logistik automatisiere? Was sind die sogenannten “low hanging fruits”, die man gut umsetzen kann?

CHRISTOPH RIXE: Innerbetrieblicher Transport wäre meine erste Tendenz. Kurz erklärt: Es gibt verschiedene logistische Prozesse. Das sind einmal die dispositiven und die planerischen Prozesse, die ich durchführen muss. Dann gibt es die, bei denen der Wareneingang erfasst werden muss, Einlagerungen müssen gebucht werden. Ich muss die Ware vom Wareneingang ins Lager bewegen, bereitstellen, kommissionieren etc. Eine Automatisierung dafür zu finden, ist nicht immer einfach. Aber das, was schon gut geht und wo es auch einen ausgereiften Stand der Technik gibt, ist der Transport. Das heißt, Ware von A nach B transportieren. Das funktioniert mit fahrerlosen Transportfahrzeugen schon ziemlich gut oder mit Stetigförderern, also Rollbahnen oder Bandförderern.

Das sind Automatisierungsmöglichkeiten, die schon seit Jahrzehnten am Markt bestehen und gut ausgereift sind. Damit kann man seine Logistikprozesse auf einen Schlag ziemlich optimieren. Auch das setzt wieder ein bisschen Umdenken voraus.

ANDREA SPIEGEL: In welcher Form?

CHRISTOPH RIXE: Ich versuche das Beispiel zu nehmen: Ich habe eine gute Voraussetzung, um meine Ware vom Wareneingang ins Hochregallager zu bringen, nicht direkt ins Regal, sondern nur zu einem Übergabepunkt. Von dort aus kann weiterhin mein Staplerfahrer die Palette ins Hochregallager bringen. Dafür bieten sich fahrerlose Transportsysteme an. Mein bisheriger Prozess sieht jedoch so aus, dass ich einen einstufigen Wareneingang mache. Das heißt, mein Mitarbeiter fährt zur LKW-Rampe, entnimmt eine Palette, bucht den Wareneingang und bringt die Palette direkt ins Lager.

Das bedeutet, er macht sowohl den Wareneingang als auch den Transport zur Einlagerung. In Zukunft muss ich diesen Prozess zweistufig gestalten. Das heißt, ich habe einen Mitarbeiter, der nur noch den Wareneingang macht. Er braucht dann vielleicht keinen Stapler mehr, sondern nur eine Ameise. Er macht die Wareneingangsbuchung, aber nicht die Einlagerung. Das heißt, er fährt nicht mehr zum Hochregallager, sondern lässt die fahrerlosen Transportsysteme (FTS) oder die fahrerlosen Transportfahrzeuge (FTF) die Paletten transportieren. Ich habe den Prozess von einem einstufigen Wareneingangsprozess zu einem zweistufigen Wareneingangsprozess geändert.

ANDREA SPIEGEL: Klingt erstmal nicht nach einem Gewinn, oder? Wenn ich vorher nur eine Stufe habe und jetzt zwei.

CHRISTOPH RIXE: Der Vorteil ist, dass sich der Mitarbeiter nur noch auf den Wareneingang konzentriert. Er kann den Wareneingang sehr schnell bestätigen, die Paletten auf den Übergabepunkt stellen und sich um den nächsten LKW kümmern. Bisher würde er eine halbe Stunde lang nichts anderes machen, als mit dem Stapler von A nach B zu fahren und die Paletten ins Lager zu bringen. Jetzt kann er gleich mit dem nächsten Stapler anfangen, während das fahrerlose Transportfahrzeug die Paletten langsam ins Lager bringt.

ANDREA SPIEGEL: Ja, okay, verstanden. Das heißt, eine Beschleunigung im Wareneingang und vielleicht auch in der Annahme der Waren.

CHRISTOPH RIXE: Genau. Der Stellplatz wird schneller am Tor frei, und der nächste LKW kann anfahren. Das verbessert das Handling auf dem Hof. Es hat viele Vorteile, aber diese Automatisierung erfordert, dass man den dahinterliegenden Prozess in Frage stellt und von einem einstufigen auf einen zweistufigen Wareneingang umstellt.

ANDREA SPIEGEL: Okay. Wie sieht es denn aus, wenn du sagst, es gibt halt noch Staplerfahrer, die zum Beispiel das Einlagern im Hochregallager übernehmen? Wie passt das jetzt zusammen mit dem FTS oder FTF, also den Fahrzeugen oder diesem System eben, das dann auch dahintersteckt? Welche Voraussetzungen brauche ich da? Ich meine, die müssen ja auch irgendwo fahren. Können die ausweichen, wenn spontan ein Staplerfahrer fährt, weil vielleicht etwas schneller gehen muss oder eine Änderung im Ablauf passiert? Das kann ja immer mal vorkommen. Ich habe jetzt gerade kein Beispiel parat, aber ich kann mir vorstellen, da geht vielleicht auch mal etwas schief. Muss dann einer mit dem Stapler kommen und fährt er dann einfach an denen vorbei, oder muss man die dann alle abstellen? Wie funktioniert das?

CHRISTOPH RIXE: Da gibt es am Markt verschiedene Möglichkeiten. Also erstmal grundsätzlich, ja, das geht. Der kombinierte Verkehr zwischen Staplerfahrern und fahrerlosen Transportfahrzeugen in einer teilautomatisierten Gesamtlösung ist möglich.

ANDREA SPIEGEL: Das ist schon mal gut.

CHRISTOPH RIXE: Genau. Es stehen hier keine gesetzlichen oder technischen Rahmenbedingungen im Weg, die das verhindern. Da gibt es verschiedene technische Lösungen, wie man das machen kann. Die einfachste ist, dass das fahrerlose Transportfahrzeug stehen bleibt, wenn der Gang blockiert ist. Man kann über die Leitsteuerung der Fahrzeuge regulieren, dass, wenn da schon ein Stapler im Gang ist, das Fahrzeug dort nicht reinfahren darf und vorne warten muss. Ich kann Ausweichpunkte definieren. In allen Leitsteuerungen für fahrerlose Transportfahrzeuge, die ich kenne, kann ich solche Ausweichpunkte eingeben. Wenn ein Stapler entgegenkommt und ich ihm Vorfahrt einräume, kann das fahrerlose Transportfahrzeug ausweichen. Der Staplerfahrer ist in der Regel flexibler als das Fahrzeug und weiß dann, dass sich das Fahrzeug auf einer bestimmten Linie weiterbewegt, sodass er die Kurve drum herum machen kann.

Aber auch das kann man durch organisatorische und prozessuale Maßnahmen gleich vorbeugen, sodass solche Situationen im Idealfall gar nicht entstehen.

ANDREA SPIEGEL: Das wäre natürlich der Idealfall. Aber wie gesagt, manchmal kommt es anders, als man denkt.

CHRISTOPH RIXE: Genau. Aber es wird nicht passieren, dass das fahrerlose Transportfahrzeug den Staplerfahrer anfährt.

ANDREA SPIEGEL: Okay. Wenn ich jetzt sage, vielleicht habe ich schon eine Teilautomatisierung oder, wie du vorhin beschrieben hast, ich stelle fest, es geht einfach so, wie es ist, nicht mehr. Ich muss vollautomatisieren, weil ich nicht genug Leute finde oder was auch immer. Es gibt ja genug Rahmenbedingungen, die man sich da vorstellen kann. Wie gehe ich so eine Vollautomatisierung an? Welche Prozesse muss ich da durchlaufen? Was mache ich da? Also, was kann ich als Unternehmen vorbereitend machen?

CHRISTOPH RIXE: So eine Entscheidung ist erst mal nicht leichtfertig zu treffen. Wenn man überlegt, in eine vollautomatisierte Lösung zu gehen, muss man bewusst von einem Teilbereich sprechen. Das ist Ingenieurswissenschaften 101: Man muss seine Systemabgrenzung vornehmen. Ich glaube nicht, dass es in der Zukunft eine Dark Factory geben wird, zumindest nicht im Mittelstand. Es wird auch in Zukunft vollautomatisierte Bereiche geben.

ANDREA SPIEGEL: Nur ganz kurz, ich kann mir zwar vorstellen, was das ist, aber kannst du Dark Factory einmal ganz kurz erklären, wenn wir schon so einen Begriff droppen?

CHRISTOPH RIXE: Ja, das ist gerade so ein Hype-Word, das man immer wieder hört. In der Automobilindustrie ist das gerade ein Thema. Man sagt, man kann wirklich die komplette Fabrik vollautomatisieren, sodass man kein Licht mehr braucht, weil die Maschinen auch im Dunkeln arbeiten. Man kann das Licht ausschalten, spart Strom und hat dann seine Dark Factory.

ANDREA SPIEGEL: Kann ich mir vorstellen, dass das gerade auch interessant für alle ist.

CHRISTOPH RIXE: Ja, genau. Dann habe ich meine Dark Factory. Aber daran glaube ich im Mittelstand erst mal nicht.

ANDREA SPIEGEL: Zumindest nicht kurzfristig.

CHRISTOPH RIXE: Wir brauchen weiterhin Licht in der Fabrik. Nichtsdestotrotz wird es vollautomatisierte Bereiche geben. Es gibt ja heute schon vollautomatisierte Bereiche. Wenn ich zum Beispiel ein automatisches Kleinteilelager habe, dann ist das Kleinteilelager vollautomatisiert. Da ist kein Mitarbeiter mehr drin und dieser Bereich ist vollautomatisiert. Wenn ich als Mittelständler sage, ich möchte diesen einen Bereich vollautomatisieren oder ich überlege das, dann sollte man natürlich eine gute Grundlage haben, um diese Entscheidung zu treffen. Eine Vollautomatisierung ist immer mit einem größeren Invest als eine Teilautomatisierung verbunden.

ANDREA SPIEGEL: Ja, klar. Zumindest stelle ich mir das so vor.

CHRISTOPH RIXE: Diese Pauschallösung ist immer mit einem höheren Invest verbunden. Man sollte sich gut überlegen, was die Vorteile der Vollautomatisierung sind und welche Kosten dem gegenüberstehen. Welchen Benefit will man sich damit holen?

ANDREA SPIEGEL: Welchen Benefit kann ich mir denn holen?

CHRISTOPH RIXE: Nun ja, eine Vollautomatisierung hat tendenziell immer geringere laufende Kosten. Das ist der große Vorteil. Ich investiere zunächst viel und hole mir diesen Invest über die Laufzeit der Vollautomatisierung durch die niedrigeren Betriebskosten wieder rein. Denn ich benötige dort keine Mitarbeiter und habe eine höhere Prozessstabilität. Natürlich entstehen auch neue zusätzliche Kosten wie Wartung und Instandhaltung. Diese steigen, aber insgesamt sollten die laufenden Kosten geringer sein.

ANDREA SPIEGEL: Das wäre wünschenswert für alle.

CHRISTOPH RIXE: Genau. Oder die Alternative wäre zumindest, dass ich mit der Vollautomatisierung mehr Ertrag erziele. Das wäre die Alternative, dass ich sagen kann, innerhalb meiner Rahmenbedingungen kann ich mehr Durchsatz generieren, mehr Leistung erbringen, mehr Ware am Ende versenden. Dann könnte man unter Umständen auch sagen, dass die höheren Kosten gerechtfertigt sind, weil ich dadurch mehr Umsatz mache.

ANDREA SPIEGEL: Wenn ich jetzt so an ein Vollautomatisierungsprojekt herangehen möchte, wo lege ich los? Welche Fragen muss ich mir stellen, damit es wirklich funktionieren kann?

CHRISTOPH RIXE: Ich würde es sehr gut clustern. Ich würde als erstes sagen, ich mache eine Analysephase. Irgendjemand wird ja mal mit dieser Idee diskutieren, okay, ich würde gerne diesen und jenen Prozess vollautomatisieren. Nehmen wir jetzt mal als Beispiel Lager. Ich möchte ein automatisches Kleinteile-Lager. Das wäre doch was. Das habe ich auf der Logimat gesehen. Das finde ich ganz attraktiv. Diesen Bereich würde ich gerne vollautomatisieren. Und wenn man diese Ressourcen intern hat, um sich damit auseinanderzusetzen, was sind die Vorteile von der Vollautomatisierung, was sind die Nachteile von der Vollautomatisierung, dann sollte man dieser Person dafür ein Zeitbudget geben, ein Projekt aufsetzen und der soll sich da mal Gedanken machen, okay, was sind die Vorteile? Und das auch mal ganz explizit vergleichen mit verschiedenen anderen Szenarien. Also es gibt ja sowohl für die Vollautomatisierung verschiedene technische Lösungen, die dann alle unterschiedliche Kosten Vor- und Nachteile haben oder auch weiche Faktoren Vor- und Nachteile. Aber es gibt ja auch noch die Option Teilautomatisierung. Und wenn ich gerade keine Automatisierung habe und jetzt zwar ein automatisches Kleinteile-Lager gesehen habe und denke, das ist die super Lösung, dann heißt das ja nicht zwingend, dass es so sein muss. Sondern dann macht es durchaus Sinn, dass man jemanden, der ein bisschen freier ist, der noch nicht voreingenommen ist, dass der sich Zeit nimmt und mal verschiedene Lösungsalternativen, Teilautomatisierung Variante A, Variante B, Vollautomatisierung Variante A, Variante B, unter die Lupe zu nehmen und dann am Ende einen qualifizierten Vergleich zu ermöglichen.

ANDREA SPIEGEL: Das finde ich richtig gut, weil ich glaube, man neigt tatsächlich dazu, man hat dann irgendwo was gesehen und dann sagt man, und das ist es jetzt, das muss es werden. Und jetzt guckt mal, wie das drumherum baut, ohne da vielleicht wieder zu schauen, wie man da eigentlich hinkommt oder ob das überhaupt sinnvoll ist.

CHRISTOPH RIXE: Genau. Und dann am Ende hat man unter Umständen noch gar nicht den Benefit, den man haben wollte und das dann sehr, sehr enttäuscht hat, unter Umständen viel Geld verloren. Das ist ja dann nicht im Sinne des Unternehmens, sondern man sollte schon als Unternehmer oder auch als Teil eines Unternehmens im Fokus haben, was sind meine Ziele, was will ich erreichen und was sind die Kosten-Vor- und Nachteile und weiche Faktoren darf man natürlich auch noch berücksichtigen. Aber nächsten Endes sollte man das irgendwie quantifizieren.

ANDREA SPIEGEL: Kannst du uns zum Abschluss noch mal so ein bisschen eine kleine Zusammenfassung geben, was muss ich als KMU, wenn ich meine Logistikprozesse optimieren möchte, angehen? Also was sind so die Punkte, wo du sagst, daran kommt keiner vorbei? Das müsst ihr auf jeden Fall vorab bedenken und das wäre mein Tipp vielleicht.

CHRISTOPH RIXE: Ja, ich versuche es mal. Also als kleiner Mittelständler, wenn ich meine Logistikprozesse optimieren möchte, dann sollte ich am Anfang gucken, dass ich eine gute Prozessorganisation habe, gute Prozessabläufe habe. Wenn ich eine gute Prozessstruktur habe, die definiert habe, das muss auch nicht mehr umgesetzt sein, sondern das reicht auch schon als Sollprozess, als Zukunftsprozess, dann kann ich mir Gedanken machen, wie kann ich diesen Prozess umsetzen, ob das jetzt dann eine Teilautomatisierung ist oder eine Vollautomatisierung. Dafür muss ich verschiedene Varianten vergleichen und miteinander in Bezug stellen. Gibt es auch verschiedene Methoden dafür, wie man das vorgehen kann, aber in der Regel fängt man dann erstmal an. Ich habe jetzt verschiedene Lösungsideen für Prozesse, für technische Umsetzung, Teilautomatisierung, Vollautomatisierung, keine Automatisierung und ich mache jetzt dafür mal ein Konzept. Das heißt, ich arbeite aus, wie soll das denn im Detail aussehen und kontaktiere dann auf Basis dieses Konzepts auch Anbieter. Also ich kontaktiere SSI Schäfer oder irgendeinen anderen Hersteller und frage mal an, wie viel würde mich denn dieses Projekt für euch kosten, wenn ich sage, ich mache ein automatisches Kleinteilelager oder ich hole mir ein fahrloses Transportsystem und dann kann ich danach diese einzelnen Prozesse vergleichen und dann eine Auswahl treffen. Ich mache noch weiter.

ANDREA SPIEGEL: Ich wollte gerade sagen, mach mal weiter, ich habe da noch eine Rückfrage.

CHRISTOPH RIXE: Die spannende Frage als KMU ist natürlich, wer macht das für mich, weil ich glaube, das ist eine der großen Herausforderungen für KMU, wenn ich mir anschaue, auch meine Kunden, die Logistikleiter, die sind sehr eingespannt in die operative Logistik, die sind auch oft mal mit unterwegs in der operativen Logistik und unterstützen, gerade bei Krankheitsfällen etc. Das kostet alles Zeit, diese Analysen zu betreiben und Zeit ist eines der Bottlenecks. Wir haben das Thema Fachkräfte.

ANDREA SPIEGELZeit ist Geld.

CHRISTOPH RIXE: Genau, Zeit ist Geld, das ist wahr, aber Zeit ist im Fachkräftemangel halt auch schwer bereitzustellen und dann kommen halt noch mal die externen Berater ins Spiel, die können noch mal diesen Blick von außen reinbringen, die können noch mal den kompletten Prozessablauf und die Prozessorganisationen in Frage stellen und die können halt unterstützen bei diesem Zeitthema. Die können dann sagen, okay, wir kümmern uns darum, dass dieses Konzept ausgearbeitet wird, wir stellen die Entscheidungsgrundlage zur Verfügung, auf deren Basis dann am Ende ihr das Unternehmen entscheiden könnt.

ANDREA SPIEGEL: Ich frage mich die ganze Zeit, wie komme ich denn als Unternehmen zu der Erkenntnis, dass ich meine Prozesse optimieren muss? Also klar, es kann natürlich sein, es gibt einen Einfluss von außen, ich bin nicht mehr wettbewerbsfähig, weil ich zu langsam bin zum Beispiel, das hast du ganz am Anfang auch mal angesprochen, aber wie kriege ich das quasi hin, wenn mir da was auffällt, dass ich das dann wirklich auch in die Organisation trage? Also es kann ja zum Beispiel auch sein, uns hört hier vielleicht ein Lagermitarbeiter zu oder ein Logistikmitarbeiter, der sagt, hey, da haben wir echt noch viel Potenzial auf der Straße oder in unseren Gängen liegen, sage ich jetzt mal. Wie kann man das für alle sichtbar machen oder wie kriege ich quasi meine Kollegen oder vielleicht auch die Chefetage mal dazu, wenn ich nicht selber schon drin sitze, da so eine Erkenntnis irgendwie anzustoßen, also bevor quasi der ganze Prozess, den du gerade beschrieben hast, losgeht.

CHRISTOPH RIXE: Ja, ein super spannendes Thema. Da habe ich mir jetzt so noch gar keine Gedanken drüber gemacht. Tatsächlich glaube ich, eigentlich sollte im Idealfall jedes Unternehmen das fortlaufend machen. Man kann nicht sagen, ich habe dieses eine Projekt jetzt umgesetzt, jetzt habe ich meinen super digitalen und teilautomatisierten Prozess, jetzt lehne ich mich zurück und zehn Jahre später kommt wieder der neue Trigger und ich stelle fest, oh Gott, jetzt bin ich ins Hintertreffen geraten. Sondern eigentlich muss man da fortlaufend dranbleiben. Also die Prozesse immer weiter optimieren, immer weiter nach Lösungen finden. Deswegen stellt man als Unternehmen ja auch einen Lagerleiter ein oder jemanden, der für Prozessdigitalisierung oder für Prozessautomatisierung verantwortlich ist. Wenn man das als Mittelständler nicht hat und das noch Chefsache ist, dann ist das Chefsache, dass er mal guckt, okay, bin ich denn noch wettbewerbsfähig? Wie läuft es denn bei meinen Konkurrenten ab? Wie läuft es denn bei meinen Kollegen im selben Industriegebiet ab? Dass man da einfach ein bisschen up to date bleibt und sich darüber informiert, wie läuft denn der Prozess? Und ich glaube, die meisten Mittelständler haben da auch ein ganz gutes Gefühl für. Ich denke, ein krasser Trigger wäre, wenn ein Mittelständler noch mit Papier arbeitet, dann wird es spätestens Zeit, sich über Prozessdigitalisierung Gedanken zu machen. Der zweite Trigger, der mir jetzt einfallen würde, wäre das Thema Mitarbeiter. Also wenn ich feststelle, dass eine Stellenausschreibung für einen Lagermitarbeiter seit mehreren Monaten offen ist und unbesetzt ist oder mir im Krankheitsfall dann tatsächlich auch operativ was wegsackt, also dass ich wirklich nicht mehr meine geplanten Leistungen erreichen kann und ich feststelle, okay, mit konventionellen MethodenHiring-Entscheidungen komme ich nicht weiter, dann ist das auch ein Trigger, dass man sich mal Gedanken machen sollte, okay, was für Optionen gibt es denn noch? Und im Gegensatz zu Neueinstellen gibt es halt noch, okay, ich ändere was am Prozess. Das wäre so, denke ich, der zweite große Trigger.

ANDREA SPIEGEL: Perfekt.

ANDREA SPIEGEL: An der Stelle würde ich dir gerne noch mal die Möglichkeit geben, ich glaube, du schreibst gerade an deiner Masterarbeit zum Thema Logistik. Magst du mal kurz erzählen, worum geht es und welchen Aufruf hast du vielleicht auch an unsere Zuhörerinnen oder Zuhörer?

CHRISTOPH RIXE: Gerne, ja. Ich schreibe jetzt an der Universität Stuttgart noch meine MBE, mein Master of Business Engineering mit dem Thema Prozessautomatisierung. Also es geht bei mir um fahrerlose Transportfahrzeuge und ich versuche zu untersuchen oder ich werde untersuchen, was denn die Herausforderungen für KMU sind, FTF zu implementieren oder FTS zu implementieren. Ich glaube auch hier, dass es zwar oft dann auf den Punkt Kosten hinauslaufen wird, dass mir viele KMU sagen werden, ja, die Kosten sind zu groß für eine Investition, aber die Antwort so reicht mir noch nicht aus. Ich würde gerne wissen, was sind das für Kosten, was treiben diese Kosten, warum denkt ihr, die Kosten sind zu groß und vielleicht findet man da ja dann eine Lösung, um das in Zukunft, in zukünftigen Produktentwicklungen oder als Lösungsanbieter zu senken, sodass wir vielleicht eine bessere Option für den Mittelstand finden.

Es ist einfach so, dass auch eine Teilautomatisierung mit FTF im Mittelstand einfach noch nicht so verbreitet ist, wie ich mir das gerne wünsche. Und ich glaube, dass auch viele Hersteller gar nicht wissen, warum das der Fall ist. Und deswegen würde ich das gerne angucken. Mein Aufruf an die Zuhörer wäre, wenn sie überlegt haben, einen FTF bei sich im Unternehmen zu implementieren, dann nehmen sie gerne mal Kontakt zu mir auf. Ich mache da so eine Expertenbefragung, das heißt, ich würde mir gerne angucken, was sind die Herausforderungen bei ihnen. Und wenn sie vielleicht schon mal einen FTF implementieren wollten und dann doch nach der Angebotslegung von einem Anbieter festgestellt haben, okay, das ist zu teuer, dann wäre das super interessant für mich. Dann melden sie sich bitte auf jeden Fall bei mir. Genau.

ANDREA SPIEGEL: Wie kann man sich denn bei dir melden?

CHRISTOPH RIXE: Also ich denke, dass in den Show Notes heißt es doch immer, meine E-Mail-Adresse verlinkt sein wird. Ansonsten findet man mich auch auf LinkedIn oder XingChristoph Rixe. Einfach suchen, dann gerne Kontaktaufnehmen. Ich habe da großes Interesse daran, dass ich die KMU kennenlerne, die sich überlegen, einen FTF zu implementieren oder es schon versucht haben und nicht geschafft haben. Oder auch die, die es geschafft haben tatsächlich. Ich habe ja am Anfang plakativ gesagt, dass es das noch nicht so gibt. Wenn aber jemand sagt, doch, wir haben einen FTF bei uns und wir sind noch im Mittelstand, dann würde mich gerne interessieren, okay, wie lief denn das Projekt ab? Waren die Kosten am Ende höher als erwartet oder im Bereich des Erwarteten und wieso haben sie es geschafft, das trotzdem umzusetzen?

ANDREA SPIEGEL: Perfekt. Dann vielen Dank, dass du heute da warst. War sehr spannend. Wir haben gesprochen über die Optimierung von Logistikprozessen und die Herausforderungen, denen man da so gegenübersteht. Wir haben über das Thema gesprochen, wie kann ich meine Prozesse optimieren, wenn ich gar nicht automatisieren möchte momentan oder wenn es nicht geht oder wie auch immer. Dann das Thema Teilautomatisierung uns natürlich auf jeden Fall angeschaut. Also, wie kann ich so diese low hanging fruits quasi abgreifen mit zum Beispiel FTF, also fahrerlosen Transportfahrzeugen. Wie ich die einsetzen kann, hatten da das Beispiel Wareneingang. Also, das fand ich auf jeden Fall sehr spannend. Und natürlich der Punkt Vollautomatisierung. Also, wie kann das aussehen? Was muss ich mir für Gedanken machen? Welche Entscheidungen muss ich treffen, um eine Vollautomatisierung in meinem Unternehmen umzusetzen?

Vielen Dank, Christoph, dass du da warst. Ich hoffe, euch hat die Folge wieder gefallen da draußen. Wenn ihr Fragenhabt an den Christoph, wie gesagt, oder ihm gerne kontaktieren wollt, steht alles in den Show Notes beziehungsweise in der Videobeschreibung bei YouTube natürlich. Und ansonsten, wenn es euch gefallen hat, lasst uns einen Daumen nach oben da oder schreibt uns, wenn ihr noch Ideen oder Fragen habt, das gerne auch in die Kommentare. Und ansonsten würde ich sagen, wir hören uns beim nächsten Mal. Danke, Christoph und bis bald. Ciao.

CHRISTOPH RIXE: Danke auch von mir.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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