#49 Nachhaltiges Unternehmertum mit Günter Löchner

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Passen Nachhaltigkeit und Ökonomie zusammen? Und welche Rolle spielt Digitalisierung? Wir haben einen Unternehmer gefragt!

In Folge #49 unseres Podcasts spricht Andrea Spiegel mit Günter Löchner, Gründer und Geschäftsführer der L-mobile, über nachhaltiges Unternehmertum.

Gemeinsam tauchen wir in die Perspektive des Unternehmers ein und stellen uns Fragen wie: Was kann ich innerhalb meines Unternehmens tun, um Nachhaltigkeit zu leben? Wie schaffe ich Nachhaltigkeit über die gesamte Wertschöpfungskette? Welchen Beitrag kann Digitalisierung hier leisten?

Eines der wichtigsten Learning aus dieser Folge: Nachhaltigkeit im unternehmerischen Kontext erfordert Entscheidungen. Diese muss jemand treffen und mutig voran gehen.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Nachhaltiges Unternehmertum

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0, der Experten-Talk für den Mittelstand. Wir haben heute ein spannendes Thema für euch, nämlich Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Also ein ganz spannender Punkt, aber aus der Perspektive des Unternehmers. Also wie kann man sein Unternehmen nachhaltig gestalten und gleichzeitig auch nochmal einen Blick darauf werfen, was die Digitalisierung vielleicht damit zu tun hat. Erstmal schauen wir uns aber das nachhaltige Unternehmertum genauer an. Und da haben wir uns gefragt, wen könnten wir da besser dazu befragen als unseren eigenen Geschäftsführer und Gründer, Unternehmer Günter Löchner. Hallo Günter, schön, dass du heute da bist.

GÜNTER LÖCHNER: Hallo zusammen.

ANDREA SPIEGEL: Wie immer an dieser Stelle der Hinweis: Die Folge gibt es auch wieder als Video bei YouTube zu sehen. Also schaut gerne mal rein, falls ihr gerade keine Lust auf einen Podcast habt und lieber ein Video anschauen wollt.

ANDREA SPIEGELGünter, du warst ja jetzt schon zweimal bei uns im Podcast und hast schon ein paar Dinge erzählt. Es kam auch immer sehr gut an. Mich würde jetzt interessieren, erzähl nochmal ganz kurz, wer bist du, was machst du? Es gibt ja einige neue Hörer bei uns im Podcast, die dich vielleicht noch nicht kennen. Also lass uns nochmal kurz einen Einblick geben, was machst du bei L-mobile, warum gibt es die Firma?

GÜNTER LÖCHNER: Ja, ich bin Gründer der L-mobile, seit nunmehr 21 Jahren. Bin in diesem Gewerbe, so lange unterwegs, über vier Jahrzehnte, das darf ich ja schon fast gar nicht mehr sagen. Ich konnte viel Erfahrung sammeln und die L-mobile selbst ist für mich eine Gestaltungsplattform, also kann ich Dinge verwirklichen, die uns dann insgesamt voranbringen.

ANDREA SPIEGEL: Das finde ich eine schöne Metapher für ein Unternehmen, eine Gestaltungsplattform. Sehr spannend.

GÜNTER LÖCHNER: Also für mich ist es so, und auch für unsere Leute. Wir haben sehr viele Mitarbeiter, die einfach die große Chance haben, Dinge in die Hand zu nehmen, zu gestalten, zu entwickeln und auch mit eigenen Entscheidungen zu beeinflussen.

ANDREA SPIEGEL: Dann würde ich gleich sagen, lass uns diese Spielwiese, die du da hast, mal anschauen. Und zwar würde mich jetzt am Anfang mal interessieren, Nachhaltigkeit und Unternehmertum. Also ich sag mal, wenn man ein Business gründet, dann geht es am Ende des Tages natürlich auch um ökonomische Faktoren. Ich möchte damit Geldverdienen, ich muss ja auch Menschen bezahlen, dann eben und so weiter. Also man macht es selten, einfach nur aus dem reinen Zweck heraus. Wie passt jetzt Nachhaltigkeit und Business überhaupt zusammen? Wie würdest du das einschätzen?

GÜNTER LÖCHNER: Es kann ganz gut zusammenpassen. Es gibt auch Fälle, wo überhaupt keine Nachhaltigkeit dahinter ist und am Ende muss man eine Entscheidung fällen. Am Anfang ist es oft so, man muss ja ein bisschen Geld sammeln, ein bisschen Geld verdienen und viele Leute gieren dem Geld hinterher. Aber ich sag es mal so, wenn man genug hat, also es reicht zum Frühstück und so weiter, dann stellt man sich die Frage, warum? Also was ist der Sinn dahinter? Und das ist der ausschlaggebende Faktor, wo man wirklich tiefgründiger über Nachhaltigkeit nachdenken kann. Warum macht man das? Was ist der Sinn der ganzen Sache? Und da habe ich, es ist schon relativ lange her, 15 Jahre, am Anfang musste man einfach immer Grundlagen aufbauen, bis man 20, 30 Mitarbeiter hatte. Und nach der Zeit haben wir Grundsatzentscheidungen, ich habe Grundsatzentscheidungen für mich selbst getroffen. Warum möchte ich Unternehmer sein und wie möchte ich das gestalten?

ANDREA SPIEGEL: Auf das Thema Entscheidungen kommen wir nachher auf jeden Fall auch nochmal zu sprechen, weil ich auch bei meiner Recherche drauf gestoßen bin, dass das, glaube ich, einer der wichtigsten Aspekte ist. Also man muss sich entscheiden an manchen Wegpunkten. Mich würde noch deine Einschätzung interessieren, generell deine Perspektive auf das Thema Nachhaltigkeit und Unternehmer sein, weil ich bei meiner Recherche festgestellt habe, es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wie Unternehmen nachhaltig sind.

Eine Idee ist, das Unternehmen gibt es schon und man stellt vielleicht aus verschiedenen Gründen fest, da gibt es jetzt verschiedene Ansatzpunkte, ich habe vielleicht Unzulänglichkeiten, ich habe vielleicht eine Produktion, die sehr viele Treibhausgase oder CO2 oder was auch immer produziert und möchte das ausgleichen. Also eher aus so einer Not heraus, dass ich sage, ich möchte jetzt ein bisschen grüner aussehen, deswegen verändere ich jetzt mein Geschäftsmodell. Die andere Möglichkeit ist aber ja auch, dass ich vielleicht in der Gesellschaft oder in der Umwelt eine Not erkannt habe und sage, ich möchte mein Unternehmen genau auf diese Not ausrichten. Also sowohl Unternehmen, das schon besteht, als auch ein Unternehmen, das ich jetzt neu gründe, weil ich sage, ich habe da eine gesellschaftliche Not erkannt und die möchte ich mit meinem Unternehmen bearbeiten sozusagen. Ist das für dich das, was Nachhaltigkeit ausmacht oder gibt es da jetzt noch einen Blickwinkel, den wir, den dieses Modell nicht umfasst, sag ich mal?

GÜNTER LÖCHNER: Beides. Also man muss klar sagen, jeder, der was für die Nachhaltigkeit tut, für unsere Umwelt, für die Zukunft, für unsere Kinder, für unsere Gesellschaft, es ist nur gut, wenn kleine Maßnahmen getroffen werden, kleine Projekte, kleine Veränderungen. Ich kann das nur begrüßen. Auf der anderen Seite ist es so, wenn man sich intensiv mit Nachhaltigkeit beschäftigt, kommt man auf ganz neue Ideen. Und im Laufe der Zeit werden immer mehr eigene TätigkeitenEntscheidungen mit beeinflusst und nicht nur von mir, sondern in dem gesamten Umfeld, unserer Führungskräfte, der Mitarbeiter. Und gemeinsam kommt man dann auf ganz neue Ideen, wo man viel weiter springen kann.

ANDREA SPIEGEL: Hast du da ein Beispiel dafür, wo du das schon mal erlebt hast?

GÜNTER LÖCHNER: Ja, es gibt so, sag ich mal, zwei Seiten. Es gibt eine Seite, wo wir relativ großen Einfluss haben, das ist unsere eigene Welt hier. Wir tun sehr viel. Wir haben jetzt große AnlagenPhotovoltaik aktuell in der Installation. Wir stellen unseren gesamten Fuhrpark um auf Elektrofahrzeuge. Wir haben seit über einem Jahr keinen Verbrenner mehr gekauft. Es wird auch keiner mehr gekauft. Das ist das Ziel. Und natürlich mit grüner Energie, dass wir hier autonom und umweltbewusst fahren. Darüber hinaus ist es so, an vielen Stellen, wo wir sparen können, auf die Umweltachten, tun wir das. Unsere gesamten Reisekosten sind massiv runtergegangen durch Corona, durch neue Technologien wie Teams und so weiter. Es gibt eine andere Seite, die ist deutlich schwerer. Wir arbeiten mit sehr vielen Kunden zusammen und Geschäftspartnern, um dort die Nachhaltigkeit zu implementieren. Das ist eine deutlich größere Herausforderung. Da muss man dann Menschen finden, die wollen und wirklich daran mitwirken.

ANDREA SPIEGEL: Das ist ein ganz spannender Punkt, weil wie du gerade sagst, es gibt halt immer zwei Dinge. Nämlich das eine, was ich intern machen kann, wo ich selber vielleicht den größten Einfluss drauf habe. Wenn man es dann natürlich aber ausweiten will, auch in der Lieferkette vielleicht auch. Das haben wir jetzt in dem Fall nicht ganz so extrem, aber es gibt ja Unternehmen, die sehr lange Lieferketten haben. Und da jeden mitzunehmen, jeden abzuholen, ist auf jeden Fall eine große Herausforderung, denke ich, für viele.

Warum ist dir jetzt als Unternehmer im Speziellen das Thema Nachhaltigkeit für dein Unternehmen überhaupt ein Anliegen? Also gibt es da einen Grund dafür oder bist du einfach ein guter Mensch? Oder was denkst du, ist für dich der Ursprung dieses Gedankens?

GÜNTER LÖCHNER: Ja, erstmal bin ich ein guter Mensch.

ANDREA SPIEGEL: Das glaube ich auch, ja.

GÜNTER LÖCHNER: Man muss dem Ganzen einen Sinn geben. Am Anfang war es so, dass man ein bisschen Geld verdienen möchte und so weiter. Manche möchten eine Firma auch nur schön und hübsch machen, möchten es dann wieder verkaufen. Das sind ganz klare Motivationen. Wir haben uns dagegen entschieden, wir werden nie verkaufen. Und die Frage ist ja, was ist denn der Sinn? Und mein persönlich hohes Bedürfnis ist einfach, meinen mir anvertrauten Menschen, das sind Mitarbeiter, auch GeschäftspartnerKunden und so weiter, mit denen gemeinsam was aufzubauen, das lange hält, lang nach meiner Zeit. Und das heißt, wir müssen darauf achten, auf Umwelt, auf Nachhaltigkeit, dass es uns langfristig gut geht.

ANDREA SPIEGEL: Du hast gerade gesagt, wir werden nie verkaufen. Kannst du vielleicht einmal nur ganz grob anreißen, was für ein Geschäftsmodell fährst du denn hier bei der L-mobile? Was ist anders als vielleicht bei vielen anderen Firmen?

GÜNTER LÖCHNER: Gerne. Also wir sind eine große Familie, muss man einfach so sagen. Und wir haben alle das Ziel, die L-mobile nach vorne zu bringen, die gesamte Firmengruppe nach vorne zu bringen. Jeder hat ein Interesse mitzugestalten, kann sich darin selbst verwirklichen. Und das ist halt anders, als wenn Investoren da sind, die einfach nur sagen, ich möchte diese Marge haben, ich möchte diesen Profit haben, alles andere interessiert mich nicht. Viele bei uns sind investiv unterwegs, also denken mit, was investieren wir, um wann was zu erreichen. Und das macht es dann halt sehr interessant und ist ein sehr großes Gestaltungsfeld für viele unserer Leute und für mich natürlich auch.

ANDREA SPIEGEL: Dankeschön.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt haben wir vorhin schon über das Thema Entscheidungen gesprochen. Es kam vorher schon mal so ein bisschen auf den Tisch und ist tatsächlich was, worüber ich auch mit dir nochmal sprechen möchte. Entscheidungen treffen gehört natürlich zu deinem Business dazu. Jeden Tag kommen wahrscheinlich hunderte Entscheidungen in irgendeiner Form auf dich zu. Wie schwer ist es jetzt aber am Ende des Tages, Entscheidungen für oder gegen Nachhaltigkeit zu treffen? Da spielen ja auch, ich sag mal, ökologisch ist das eine Thema, ökonomisch, dann hast du noch viele Mitarbeitersozial, man muss die ja trotzdem auch Nachhaltigkeit kann ja auch was kosten, sag ich mal, also in verschiedene Richtungen gedacht. Wie schwer oder einfach fällt dir das, immer bei deinen Entscheidungen das Thema Nachhaltigkeit mitzudenken und immer zu sagen, okay, ich treffe jetzt eine Entscheidung, die mich vielleicht mehr Geld kostet, aber dafür ist sie nachhaltig? Ist das überhaupt was, was dir schwerfällt oder ist das was, wo du sagst, nee, das ist einfach in mir drin?

GÜNTER LÖCHNER: Es ist inzwischen installiert. Also ich beschäftige mich seit zwei Jahrzehnten mindestens damit und immer, wenn man sich mehr damit beschäftigt, dann geht es im Laufe der Zeit an dem Fleisch und Blut über. Für Entscheidungen ist es immer so, dass man, es gibt für mich so zwei Ebenen. Die erste Ebene ist, überhaupt mal alle Fakten zusammen aus allen Richtungen, dass man eine klare Entscheidungsgrundlage hat und dann kommt im zweiten Schritt dann Bewertung dazu und auch Beratung mit Vertrauten oder Menschen, deren Beiträge wertvoll sind und so kommt man am Ende zu einer Entscheidung. Und inzwischen ist das Gesamte so installiert, dass nicht ich immer die Entscheidungen treffen muss, sondern mein Hauptziel heißt, Dinge aufzubauen, Gruppen, Menschen aufzubauen, Abteilungen, Firmen und es dann in deren Hände zu legen. Das heißt, meine Aufgabe heißt es, die anderen zu trainieren, selber zu diesen Entscheidungen zu kommen. Und die bringen dann auch einiges rein, auch Interessenslagen und viele von uns sind einfach mit der Nachhaltigkeit, die sind bei L-mobile wegen dieser Nachhaltigkeit und wegen dieser Philosophie.

ANDREA SPIEGEL: Ist ja vielleicht auch ein Stück nachhaltig, wenn quasi nicht nur du bereit bist und fähig bist, diese Entscheidung zu treffen, sondern eben auch das Team quasi befähigt ist.

GÜNTER LÖCHNER: Und es macht mehr Spaß.

ANDREA SPIEGEL: Es macht mehr Spaß. Gibt es dann auch Gegenstimmen? Also gibt es dann auch, triffst du manchmal auf Gegenwind, wo jemand sagt, also Günter, das ist jetzt, das ist viel zu teuer oder das ist doch Unsinn oder ist es eher so, dass man durch eine gewisse Diskussion dann auf einen Konsens kommt?

GÜNTER LÖCHNER: Wie ich es nicht bekomme, eigentlich schon immer auf einen Konsens. Es gibt manchmal Menschen, denen das egal ist, sage ich mal einfach so. Wir hatten Entscheidungen zu treffen mit Autos, was machen wir, ElektroHybrid war früher mal eine Entscheidung, heute machen wir nur noch Elektro. Und manche Leute haben es nur gemacht, weil es steuerlich günstiger war, aber die haben sonst keinen mehr Bezug dazu. Aber prinzipiell sind die Leute schon daran interessiert.

ANDREA SPIEGEL: Wenn ich jetzt in meinem Unternehmen, in dem ich vielleicht auch als Mitarbeiter einfach tätig bin, sage, ich finde es ein wichtiges Thema, ich möchte da gerne mehr machen, bekomme aber viel Gegenwind. Was hast du vielleicht für einen Tipp, den man demjenigen mitgeben kann? Also wie kann ich durchhalten, auch wenn ich vielleicht erst mal viel belächelt werde oder eben Gegenwind ernte?

GÜNTER LÖCHNER: Komm zu mir. Ja, ist wirklich so. Und ich würde halt ein bisschen nach dem Umfeld für dich sorgen, dass du dich da entwickeln kannst oder deine Idee dann auch entwickeln kannst. Das heißt, wir nehmen eine kleine Gruppe zusammen, zwei, drei, vier, fünf Mitarbeiter, die ähnlich das Interessenslager haben, ähnlich ticken. Und dann muss man halt diese Idee gestalten, verwirklichen, im Teilbereich mal zum Laufen bringen, wo dann irgendwann andere sagen, wow, cool, was da entstanden ist und vielleicht kann man die gewinnen. Und am Ende, man kann nicht immer alle Menschen für alle Dinge gewinnen. Aber im großen Ganzen, ein hoher Prozentsatz steht hinter den Ideen und der Philosophie.

ANDREA SPIEGEL: Das heißt, du würdest empfehlen, einfach das Umfeld umzugestalten und um sich dann eben da auch entfalten zu können?

GÜNTER LÖCHNER: Wenn du was entwickeln möchtest und du kannst es nicht allein schaffen, also nur eine kleine Arbeit allein, klar, die kannst du alleine machen. Wenn du andere Menschen dazu brauchst, brauchst du Gleichgesinnte. Und das ist der beste Nährboden. Manchmal ist es ganz gut, wenn man auch kontroverse Mitglieder im Team drin hat, die auch andere Meinungen vertreten. Es gibt auch andere Sichten und es führt auch zu geringeren Fehlern, weil die das aus einer

ganz anderen Perspektive betrachten. Ich schätze das sehr, aber sie müssen konstruktiv dabei sein.

ANDREA SPIEGEL: Sehr gut.

ANDREA SPIEGEL: Bevor wir jetzt noch das Thema mit der Digitalisierung ein bisschen verknüpfen und mal draufschauen, was die damit vielleicht zu tun hat, vielleicht auch nicht. Was ist denn für dich ein nachhaltiges Unternehmen?

GÜNTER LÖCHNER: Ein nachhaltiges Unternehmen ist ein Unternehmen, das mit unseren Ressourcen sehr kostbar umgeht, möglichst wenig verbraucht an Ressourcen oder auch diese wieder generiert. Also die Natur ist das beste Beispiel. Wenn man einen Baum hat, der fällt dann um und verfällt und dann wachsen wieder neue Pflanzen aus diesem Baum heraus. Und so ähnlich denke ich auch als Unternehmen, mach möglichst wenig Ressourcen kaputt und baue Dinge auf, die möglichst nachhaltig sind, damit die folgenden Generationen in der Natur in Summe Chancen haben zu überleben. Wir haben so große Herausforderungen die nächsten Jahrzehnte vor uns, die sind sehr, sehr anspruchsvoll. Und da einen guten Beitrag zu leisten, ist das Beste, was man tun kann.

ANDREA SPIEGEL: Ich habe es jetzt schon gesagt, unser Podcast heißt ja Industrie 4.0 für den Mittelstand und auch das Thema Digitalisierung ist ja eben ein wichtiger Punkt. Inwiefern hat Digitalisierung was mit Nachhaltigkeit zu tun für dich?

GÜNTER LÖCHNER: Ist ein bisschen größer Spannungsbogen. Das ganze Thema Digitalisierung betrachte ich öfters ein bisschen aus einer anderen Perspektive heraus. Es ist diese Zeitepoche. Früher gab es mal Sammler und Jäger, irgendwann gab es dann mal Landwirtschaft, irgendwann gab es dann mal Industrialisierung. Jeder kennt diese Epochen. Und aktuell gibt es die Digitalisierung, da kann man sehr, sehr viel tun. Nicht alles ist dann nachhaltig und wie auch immer. Aber in allererster Linie ist es wichtig für uns in Europa im Besonderen. Es gibt andere Bereiche auf der Erde, die spazieren uns davon. Und wichtig ist, dass wir hier mindestens mal mithalten oder in Teilbereichen auch mal die Nase vorne haben. Das ist sehr wichtig. Digitalisierung ist das trendige Thema. Man kann viele Dinge heute viel effizienter, energiesparenderressourcensparender im weitesten Sinne mit Digitalisierung betreiben.

ANDREA SPIEGEL: Ich habe mich, wie gesagt, auf die Folge einigermaßen gut vorbereitet. Ich habe viel gelesen dazu und habe auch unter anderem festgestellt, dass viele Unternehmen, die heute sehr groß sind, also ich sage mal so etwas wie NestléUnileverDaimler oder so was, kann man jetzt alles finden, wie man möchte. Aber die sind im Prinzip so groß geworden, weil sie damals, als sie angefangen haben, ein grundlegendes Problem ihrer Zeit mit ihrem Produkt oder mit ihren Produkten gelöst haben oder verbessert haben. Jetzt ist es ja heute so, dass wir gerade, glaube ich, mehr als genug Ecken und Enden haben, an denen man etwas verändern muss, wo was getan werden muss, egal ob jetzt sozial oder in der Umwelt. Da hätte ich jetzt zwei Fragen.

Die erste Frage wäre, wir sind ja gerade bei der Digitalisierung. Wo, denkst du, könnte man mit Digitalisierung in unserer heutigen Gesellschaft noch einen positiven Beitrag leisten? Und wo würdest du, wenn du jetzt ein neues Unternehmen gründen könntest, noch durchstarten? Also welchen Aspekt, den wir gerade hier, also welche Problematik, welche Herausforderungen wir gerade haben, welche würdest du in einem Unternehmen, in einem neuen Unternehmen bearbeiten? Aber vielleicht starten wir mit der ersten FrageDigitalisierung, wo könnte man ansetzen bei den Problemen, die unsere Gesellschaft, unsere Umwelt heute plagen?

GÜNTER LÖCHNER: Tausende oder zigtausende Möglichkeiten, die es da gibt an allen Ecken. Bin ich in einem Unternehmen drin, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten zu automatisieren oder Prozesse schlanker zu machen. Man kann das Ganze größer denken, dass man aus dem bisherigen Geschäftsfeld rauskommt. Typischerweise, ich entwickle Produkte, ich biete die am Markt an, ich habe eine Außendienstorganisation, das geht über mehrere Stufen dann zu Kunden, langwierig zurück. Heutzutage kann man mit Digitalisierung all die Geschäftsmodelle auf den Kopf stellen und die bisherigen Geschäftsmodelle gehen weg. Denken wir an Taxis, denken wir beispielsweise an autonomes Fahren, das wird kommen, es ist aus meiner Sicht gar keine Frage. Und so wird sich extrem viel verändern. Es wird sich über alle gesellschaftlichen Bereiche entwickeln. Ich sage zum Beispiel Bildung, man kann diese Bildung weltweit auf hohem Niveau jeder Person bereitstellen, egal in Afrika, in Oslo oder wo auch immer. Oder im Bereich Gesundheitswesen, da sind wir teilweise sehr zurückhaltend unterwegs. Man könnte so viel an der Ecke verbessern. Und es gibt für mich keinen Bereich, und es ist sehr viel Energie unterwegs auf der gesamten Welt in Forschung, es gibt keinen Bereich, der davor zurückschrecken sollte oder der davor verschlossen ist. Insofern, es gibt viele, viele Möglichkeiten und es ist die Frage, welche Menschen haben den Mut, haben die Kreativität, fassen ein kleines Stückchen an. Und wenn jeder ein Stückchen anfasst, dann wird alles in Summe ein bisschen besser. Oder die Gesamtheit wird dann gut.

ANDREA SPIEGEL: Wenn wir jetzt zu dem zweiten Punkt kommen, welches Thema, das gerade auf der Welt brennt, würdest du dir, wenn du nochmal komplett neu durchstarten würdest, was wäre so ein Thema, wo du sagst, da würde ich angreifen? Das wäre jetzt für dich, was du sagst, da würde ich …

GÜNTER LÖCHNER: Wie alt darf ich sein?

ANDREA SPIEGEL: Spielt einfach mal keine Rolle. Also was wäre ein Thema, wo du sagst, da würde ich gerne mal ansetzen? Da müsste sich mal jemand dahinterklemmen.

GÜNTER LÖCHNER: Es hängt ein bisschen davon ab, wie alt ich sein darf. Bin ich nochmal 20, 30 oder einfach jetzt in meinem Umfeld oder fünf Jahre zurück. Es gibt ganz aktuelle Themen, die auch wir anfassen. Wir gehen sehr viel rein in Robotik. Ein Thema, was mich sicher interessieren würde, wäre KI oder uns in Summe heute interessiert. Wir haben einzelne Projekte mit KI-Komponenten, werden das weiter forcieren, das wir die Zukunft ausmachen. Egal, was wir heute anschauen, haben wir iPhone in der Hand oder irgendeine App, im Prinzip steht KI dahinter.

ANDREA SPIEGEL: Also du würdest quasi im technologischen Umfeld bleiben, weil es einfach dein Ding ist?

GÜNTER LÖCHNER: Ja, ich würde im technologischen Bereich bleiben. Ich bin so infiziert die ganzen Jahrzehnte inzwischen und da steckt so viel Potenzial drin, da ist sehr viel Schwung drin und man kann auch der Gesellschaft in Summe sehr, sehr viel beitragen.

ANDREA SPIEGEL: Wenn du jetzt zum Abschluss unseres Gesprächs jemanden, der sich mit dem Thema gerade auseinandersetzt, der gerade überlegt, wie kann ich vielleicht meine Organisation entweder umstellen auf diesen Nachhaltigkeitsgedanken oder vielleicht auch jemand, der gerade sagt, ich starte jetzt durch, ich möchte jetzt ein Unternehmen gründen. Ich habe diesen Mut, ich habe diesen Spirit. Wenn du dem einen Rat mitgeben dürftest, zum Thema Nachhaltigkeit und Unternehmertum, welcher wäre das?

GÜNTER LÖCHNER: Für jemanden, der ein Unternehmen neu startet, würde ich sagen, starte dein Unternehmen, fang einfach an. Und wenn es am Anfang noch nicht ganz effizient ist und vielleicht nicht alles in Nachhaltigkeit 100% ist, lass es sein. Versuch erstmal dein Unternehmen ein bisschen zum Laufen zu bringen die ersten fünf Jahre, damit du gewisse Fortschritte hast und auf der anderen Seite, Nachhaltigkeit ist nicht so wie ein Schalter, ich lege es um oder ich wähle es einfach, sondern ich muss mich ständig beschäftigen. Ich muss Tag und Nacht darüber nachdenken, wie mache ich was, was sind meine Alternativen, was ist die bessere Variante und es ist ein langer Prozess, der geht oft über Jahre, wo sich dann immer mehr festigt, was für mich nachhaltig ist und dann habe ich immer wieder die Chance, dann im Laufe meines Geschäftsbetriebs durch das Jahr verschiedene Projekte, diese Nachhaltigkeitsideen einzustreuen. Ich sehe im Moment keine bombastische Idee, wo man sagt, ja, jetzt mach einfach diese Nachhaltigkeitssache. In Summe bin ich so aufgestellt, es ist extrem viel zu tun, es sind extrem viele Chancen da und wenn jeder ein Stück weiter daran arbeitet, in dieser Nachhaltigkeit, dann müssten wir in die richtige Richtung kommen. Darüber hinaus gibt es große Impulsgeber, die wirklich sehr viel leisten können und ich baue ein bisschen drauf, dass wir die finden in unserer Gesellschaft und zusammen können wir dann groß und stark werden.

ANDREA SPIEGEL: Du hast gerade noch einen Aspekt gesagt, der mich jetzt noch interessieren würde, und zwar hast du gesagt, was für mich Nachhaltigkeit ist. Bei dem ganzen Nachhaltigkeitsthema ist ja auch Transparenz ein Riesending. Also zu sagen, ich bin jetzt nachhaltig oder mein Unternehmen ist nachhaltig, ist sehr schwierig. Es gibt da zwar so Zertifikate und so weiter, aber so richtig durchsichtig finde ich ist das alles nicht. Wie wichtig findest du da das Thema Transparenz bei Nachhaltigkeit und was heißt das für dich? Was würdest du empfehlen in der Richtung?

GÜNTER LÖCHNER: Das ist nochmal ein zweiter großer Bereich. Unsere Gesellschaft hat Zweifel an unseren Führern, dass die das richtig machen. Und leider ist es so, dass an vielen Stellen das Gesamte ausgenutzt wird und die Bevölkerung hat das Vertrauen verloren. Entweder wird es immer mehr Stress geben in der Zukunft bis zu Revolten, man weiß es nicht oder wir schaffen es, das Vertrauen neu herzustellen. Das Vertrauen bedeutet diese Transparenz anzubieten. Das ist sehr wichtig, um Vertrauen zu erzeugen. Auch unter uns, wenn man offen sagt, wie was ist, dann vertraut der gegenüber einem und die Gesellschaft. Ich glaube, das ist der Weg, den man gehen muss. Und beides zusammen, also einmal sage ich mal die Nachhaltigkeit, die Digitalisierung und auch die Transparenz sind alles die positiven Elemente für unsere Gesellschaft, die uns vorwärts bringen, die mir wertvoll sind.

ANDREA SPIEGEL: Da würde ich jetzt gerade nach dem Statement gerne den Podcast direkt beenden. Ich wollte dich eigentlich noch fragen, gibt es noch etwas, was du noch ergänzen möchtest, worüber wir nicht gesprochen haben, wo du sagst, das ist noch etwas, was mir wichtig wäre. Ansonsten fand ich das jetzt gerade schon ein wunderschönes Statement.

GÜNTER LÖCHNER: Lass uns dranbleiben. Also wir haben noch lange sehr kritische Phasen, was unsere gesamte Umwelt und so weiter ist. Es kam jetzt die neue Studie raus, Club of Rome letzte Woche und so weiter. Wir sind in einer sehr kritischen Phase, nach wie vor. Gewisse Chancen sind da. In der Zukunft werden wir auf einiges verzichten oder uns einschränken müssen. Ich nenne nur mal das Thema UmweltWasser, das ist ein ganz, ganz großes Problem. Und ich sehe keinen anderen Weg, als mit gutem Beispiel vorangehe an gewissen Projekten, die man beeinflussen kann, Zeichen zu setzen. Und wenn man dann mit gutem Beispiel vorangeht, das ist das Beste, was man machen kann. Ich kann nicht 9 Milliarden Menschen verändern, aber wenn man viele damit infiziert und die was dazu beitragen, dann kommt der Schneeball ins richtige Rollen.

ANDREA SPIEGEL: Sehr schön, vielen Dank, Günter. Das heißt, wir haben gesprochen über Nachhaltigkeit, nachhaltiges Unternehmertum und die Rolle der Digitalisierung. Du hast uns ein bisschen deine persönliche Perspektive gezeigt. Das fände ich persönlich sehr spannend, sehr wertvoll. Wir haben über das Thema Entscheidungen treffen für oder vielleicht auch gegen Nachhaltigkeit gesprochen. Und ja, ich freue mich drauf auf eure Fragen. Ich hoffe eigentlich, dass da zahlreich was reinkommt. Ich glaube, das ist eher ein aufwühlender Podcast, als jetzt einer wie sonst, wo man irgendwie am Ende sagt, jetzt habe ich was verstanden, jetzt habe ich ein Thema gelernt. Sondern es soll euch eigentlich eher mal, glaube ich, ja ein bisschen aufrütteln, ein bisschen eure Gedanken anstoßen. Wenn ihr also noch Fragen habt an den Günther vielleicht zu dem Thema oder generell da irgendwie mit uns in den Austausch treten wollt, dann schreibt es uns in die Kommentare, schickt uns Nachrichten. Wir freuen uns drauf, uns mit euch auszutauschen. Wenn euch die Folge gefallen hat, einmal bitte Daumen nach oben oder gerne eine Bewertung bei Spotify und Co. Und dann sage ich nochmal vielen Dank, Günter, dass du da warst. Das war sehr spannend.

GÜNTER LÖCHNER: Herzlichen Dank auch dir.

ANDREA SPIEGEL: Danke, war ein schöner Einblick und ich würde sagen, bis zum nächsten Mal.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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