ANDREA SPIEGEL: Dann würde ich gleich sagen, lass uns diese Spielwiese, die du da hast, mal anschauen. Und zwar würde mich jetzt am Anfang mal interessieren, Nachhaltigkeit und Unternehmertum. Also ich sag mal, wenn man ein Business gründet, dann geht es am Ende des Tages natürlich auch um ökonomische Faktoren. Ich möchte damit Geldverdienen, ich muss ja auch Menschen bezahlen, dann eben und so weiter. Also man macht es selten, einfach nur aus dem reinen Zweck heraus. Wie passt jetzt Nachhaltigkeit und Business überhaupt zusammen? Wie würdest du das einschätzen?
GÜNTER LÖCHNER: Es kann ganz gut zusammenpassen. Es gibt auch Fälle, wo überhaupt keine Nachhaltigkeit dahinter ist und am Ende muss man eine Entscheidung fällen. Am Anfang ist es oft so, man muss ja ein bisschen Geld sammeln, ein bisschen Geld verdienen und viele Leute gieren dem Geld hinterher. Aber ich sag es mal so, wenn man genug hat, also es reicht zum Frühstück und so weiter, dann stellt man sich die Frage, warum? Also was ist der Sinn dahinter? Und das ist der ausschlaggebende Faktor, wo man wirklich tiefgründiger über Nachhaltigkeit nachdenken kann. Warum macht man das? Was ist der Sinn der ganzen Sache? Und da habe ich, es ist schon relativ lange her, 15 Jahre, am Anfang musste man einfach immer Grundlagen aufbauen, bis man 20, 30 Mitarbeiter hatte. Und nach der Zeit haben wir Grundsatzentscheidungen, ich habe Grundsatzentscheidungen für mich selbst getroffen. Warum möchte ich Unternehmer sein und wie möchte ich das gestalten?
ANDREA SPIEGEL: Auf das Thema Entscheidungen kommen wir nachher auf jeden Fall auch nochmal zu sprechen, weil ich auch bei meiner Recherche drauf gestoßen bin, dass das, glaube ich, einer der wichtigsten Aspekte ist. Also man muss sich entscheiden an manchen Wegpunkten. Mich würde noch deine Einschätzung interessieren, generell deine Perspektive auf das Thema Nachhaltigkeit und Unternehmer sein, weil ich bei meiner Recherche festgestellt habe, es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wie Unternehmen nachhaltig sind.
Eine Idee ist, das Unternehmen gibt es schon und man stellt vielleicht aus verschiedenen Gründen fest, da gibt es jetzt verschiedene Ansatzpunkte, ich habe vielleicht Unzulänglichkeiten, ich habe vielleicht eine Produktion, die sehr viele Treibhausgase oder CO2 oder was auch immer produziert und möchte das ausgleichen. Also eher aus so einer Not heraus, dass ich sage, ich möchte jetzt ein bisschen grüner aussehen, deswegen verändere ich jetzt mein Geschäftsmodell. Die andere Möglichkeit ist aber ja auch, dass ich vielleicht in der Gesellschaft oder in der Umwelt eine Not erkannt habe und sage, ich möchte mein Unternehmen genau auf diese Not ausrichten. Also sowohl Unternehmen, das schon besteht, als auch ein Unternehmen, das ich jetzt neu gründe, weil ich sage, ich habe da eine gesellschaftliche Not erkannt und die möchte ich mit meinem Unternehmen bearbeiten sozusagen. Ist das für dich das, was Nachhaltigkeit ausmacht oder gibt es da jetzt noch einen Blickwinkel, den wir, den dieses Modell nicht umfasst, sag ich mal?
GÜNTER LÖCHNER: Beides. Also man muss klar sagen, jeder, der was für die Nachhaltigkeit tut, für unsere Umwelt, für die Zukunft, für unsere Kinder, für unsere Gesellschaft, es ist nur gut, wenn kleine Maßnahmen getroffen werden, kleine Projekte, kleine Veränderungen. Ich kann das nur begrüßen. Auf der anderen Seite ist es so, wenn man sich intensiv mit Nachhaltigkeit beschäftigt, kommt man auf ganz neue Ideen. Und im Laufe der Zeit werden immer mehr eigene Tätigkeiten, Entscheidungen mit beeinflusst und nicht nur von mir, sondern in dem gesamten Umfeld, unserer Führungskräfte, der Mitarbeiter. Und gemeinsam kommt man dann auf ganz neue Ideen, wo man viel weiter springen kann.
ANDREA SPIEGEL: Hast du da ein Beispiel dafür, wo du das schon mal erlebt hast?
GÜNTER LÖCHNER: Ja, es gibt so, sag ich mal, zwei Seiten. Es gibt eine Seite, wo wir relativ großen Einfluss haben, das ist unsere eigene Welt hier. Wir tun sehr viel. Wir haben jetzt große Anlagen, Photovoltaik aktuell in der Installation. Wir stellen unseren gesamten Fuhrpark um auf Elektrofahrzeuge. Wir haben seit über einem Jahr keinen Verbrenner mehr gekauft. Es wird auch keiner mehr gekauft. Das ist das Ziel. Und natürlich mit grüner Energie, dass wir hier autonom und umweltbewusst fahren. Darüber hinaus ist es so, an vielen Stellen, wo wir sparen können, auf die Umweltachten, tun wir das. Unsere gesamten Reisekosten sind massiv runtergegangen durch Corona, durch neue Technologien wie Teams und so weiter. Es gibt eine andere Seite, die ist deutlich schwerer. Wir arbeiten mit sehr vielen Kunden zusammen und Geschäftspartnern, um dort die Nachhaltigkeit zu implementieren. Das ist eine deutlich größere Herausforderung. Da muss man dann Menschen finden, die wollen und wirklich daran mitwirken.