#48 Nachhaltige Workflows mit Philipp Damm

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Schon probiert? Am eigenen Arbeitsplatz digital nachhaltig unterwegs sein. In Folge #48 unseres Podcast und Teil drei unserer Nachhaltigkeitsreihe, spricht Andrea Spiegel mit Philipp Damm, CFO der juS.TECH AG, über nachhaltige Workflows am Arbeitsplatz.

Wie kann ein digital nachhaltiger Arbeitstag aussehen? Welche meiner Handlungen kann ich digital optimieren? Und welche Rolle spielt Automatisierung für digitale, nachhaltige Workflows?

Diese und viele weitere Fragen beantwortet Philipp in dieser Folge. Natürlich geht es auch um nachhaltige Arbeitsabläufe im gesamten Unternehmen und warum diese auch in Zukunft immer wichtiger werden.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Nachhaltige Workflows

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0, der Experten-Talk für den Mittelstand. Heute sind wir schon bei der dritten und vorerst letzten Folge unserer Nachhaltigkeitsreihe angelangt. Wir werfen heute nochmal einen Blick darauf, was jeder einzelne von uns tatsächlich tun kann, um zum Beispiel auch digitale, nachhaltige Workflows am Arbeitsplatz zu etablieren. Damit können wir individuell einen kleinen Beitrag zu einer nachhaltigen Digitalisierung leisten. Heute ist wieder Philipp Damm von der juS.TECH AG mit dabei. Schön, dass du wieder dabei bist.

PHILIPP DAMM: Ja, gleichfalls.

ANDREA SPIEGEL: Vielleicht nochmal der Hinweis, dass es diese Folge auch als Video bei YouTube gibt. Falls ihr das Ganze also eher als Podcast konsumiert, schaut gerne mal rein, dann seht ihr das Setup hier bei uns im Studio und habt auch ein Gesicht zu den Stimmen, die ihr hört.

ANDREA SPIEGEL: Wir haben bereits Teil 1 und Teil 2 gedreht, also gibt es schon eine ausführliche Vorstellung von dir, aber du darfst gerne nochmal kurz erzählen, wer bist du und was zeichnet euch bei der juS.TECH AG aus?

PHILIPP DAMM: Genau, ich bin Philipp Damm, Mitgründer bei der juS.TECH AG. Unser Ziel ist es, Aufklärung und Transparenz im Bereich der digitalen Nachhaltigkeit in Unternehmen zu fördern. Oft wird über Nachhaltigkeit und Digitalisierung gesprochen, aber nur wenige erwähnen die digitale Nachhaltigkeit. Das wollen wir ändern, denn wir sehen großes Potenzial, mit wenig Aufwand viel zu erreichen. Letztendlich trägt dies zum Unternehmenserfolg bei, wenn die Nachhaltigkeitsbilanz jedes Jahr ein Stück positiver wird.

ANDREA SPIEGEL: Das habe ich ja schon versprochen, wir schauen heute auch nochmal ein bisschen genauer hin oder packen uns an die eigene Nase. Vielleicht gibt es noch einige digitale Prozesse im Büroalltag, die wir optimieren können.

ANDREA SPIEGEL: Kannst du uns da vielleicht mal so einen kleinen Einblick geben, sozusagen ein Bild vor meinem inneren Auge entstehen lassen, wie sieht so dein Arbeitsalltag aus und an welchen Stellen unterscheidet der sich vielleicht von meinem klassischen Büroalltag, also wo hast du schon so nachhaltige Themen für dich implementiert?

PHILIPP DAMM: Genau, da würde ich einmal ein Stückchen ausholen. Letztlich verwende ich Hardware, viele andere verwenden natürlich auch Hardware. In meinem Fall ist es ein Mobiltelefon und ein Notebook, und dort ist natürlich auch Rechenleistung drauf. Ich bin ein großer Fan davon, wenn man Rechenleistung hat, sollte man sie auch nutzen, weil die größte Erkenntnis, die wir aus unseren Analysen hatten, ist, dass der größte Block an Emissionen von CPUs kommt, die laufen, ohne verwendet zu werden. Das kann ein Internetblock sein, den keiner liest, für den aber 20 Leute die Kapazität vorgehalten wird, dass ihn 20 Leute gleichzeitig lesen könnten. Es können aber auch ganz andere Dinge sein, Computer, die einfach nur laufen, während Besprechungen und Meetings und auf dem Tisch stehen. Deswegen, zum Thema Nachhaltigkeit: Man sollte, wenn man etwas aktiv hat (und Smartphones sind ja in der Regel die ganze Zeit an), die Funktionen nutzen, vor allem, wenn sie keinen großen Energiebedarf haben.

Interessant ist, was man mit Software machen kann, und ich glaube, da sind alle Menschen ein Stück weit gleich. Ich zumindest habe keine Lust, mich mit organisatorischen und verwaltenden Themen auseinanderzusetzen. Ich möchte mich auf das fokussieren, worauf ich Lust habe, sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Umfeld, und da kann Technik unterstützen. Natürlich beginnt der Tag morgens mit einem Wecker, aber dann geht es weiter. Ich habe meinen täglichen Bericht, eine Übersicht, was ansteht, eine Art digitales Sekretariat.

ANDREA SPIEGEL: Das gibt dir dann einen Überblick über deine Termine, zum Beispiel.

PHILIPP DAMM: Genau, da sind die Termine drin, aber auch ganz spannend: Ich bekomme auch eine Übersicht über meine Aktivitäten und To-Dos aus meinen E-Mails. Mein E-Mail-Postfach erkennt von allein, in welchen E-Mails sich noch To-Dos verbergen. Wenn ich sie noch nicht beantwortet habe oder nur eine Dankesantwort geschickt habe, geht mein Postfach davon aus, dass ich dieses To-Do noch nicht erledigt habe. Ich bin dankbar, wenn ich an offene Punkte erinnert werde, da es halt doch immer mal wieder etwas verloren geht. Wenn ich das morgens kurz checke, weiß ich, dass ich meistens noch Zeit habe, dann kann ich meine Morgenroutine durchführen. Und irgendwann steht der erste Termin an. Was ich gar nicht gut kann, ist Multitasking. Ich werde schnell abgelenkt und möchte selbst nicht abgelenkt werden. Deshalb bin ich froh, dass ich Workflows auf meinem Smartphone nutzen kann, die automatisch in den Nichtstören-Modus gehen, den ich für mich konfiguriert habe. Wenn ich einen Termin im Kalender habe, bekomme ich keine Mitteilungen über Kurznachrichtendienste oder Sonstiges. Natürlich kann man auch einzelne priorisieren.

ANDREA SPIEGEL: Wenn die Nachricht von der Mama kommt zum Beispiel, die muss immer durch.

PHILIPP DAMM: Kann man natürlich beliebig für sich selbst einstellen. Natürlich muss man den Einstellungsaufwand einmal machen und sich damit auseinandersetzen.

Man kann am Smartphone relativ frei Workflows programmieren, auch echte Routinen. Also wenn dann die Nachricht von der Mama kommt, kann man eine standardisierte Antwort zurücksenden, ohne sich darum kümmern zu müssen.

ANDREA SPIEGEL: Ja, perfekt.

PHILIPP DAMM: Ja, es gibt schon ganz nützliche Dinge, die man für sich selbst einstellen kann. Zum Beispiel können bei bestimmten Nachrichten automatisch Apps geöffnet werden. Das kann zum Beispiel hilfreich sein und Zeit sparen. Gerade wenn in einem Nachrichtendienst eine Info kommt, dass man in seine E-Mails schauen soll und das Wort “Mail” oder “E-Mail” erkannt wird, öffnet sich automatisch das E-Mail-Postfach. Das sind Spielereien, die man für sich selbst entdecken muss. Aber wenn man es konsequent durchzieht und nur das nutzt, was einem die Hersteller der Hardware und Software schon mitgeben, kann man viel erreichen.

Wenn man morgens in seine E-Mails geschaut hat, kommt oft die klassische Terminfindung. Man muss sechs verschiedene Personen aus unterschiedlichen Unternehmen einen Termin finden lassen und macht drei Vorschläge per E-Mail hin und her, und am Ende passt es trotzdem nicht.

ANDREA SPIEGEL: Und irgendjemand kann immer nicht.

PHILIPP DAMM: Genau, passt es dann trotzdem nicht. Und auch da gibt es ganz tolle Add-ins, die in der Regel bereits im Standardpaket enthalten sind. Man kann einfach mit einem Meeting-Vorschlag antworten. Das Ganze ist webbasiert. Man wählt vier oder fünf Termine aus, die dann im eigenen Kalender auf Mitvorbehalt angezeigt werden und mir als Block signalisiert werden. Der Termin steht klar drin. Dann kann jeder in die Abstimmung gehen, um auszuwählen, ob er teilnehmen kann oder nicht. Man kann auch einen Termin priorisieren. Sobald alle abgestimmt haben oder der Organisator sagt, die Deadline sei erreicht, kann man das manuell auslösen, und automatisch wird die finale Einladung verschickt und alle anderen Blöcke, die mit Vorbehalt im Kalender waren, werden gelöscht. So kann man relativ einfach diesen organisatorischen Aufwand stark reduzieren und hat mehr Kapazität, um auf Projekte zu arbeiten oder in persönliche Gespräche zu gehen. Ich finde es schade, wenn man als Mensch viel Zeit mit digitalen Themen verbringen muss, anstatt sich auf die Zusammenarbeit mit anderen zu konzentrieren. Das kann noch weiter gehen. Ich finde es besonders beeindruckend, wenn man automatisiert PowerPoint-Folien erstellen lässt, indem man nur die Inhalte eingibt und die Folien sich selbst gestalten, basierend auf früheren Präsentationen. Die KI lernt aus den gestalteten Folien und passt sich an. Man muss nur noch die Präsentation anpassen und optimieren. Man muss sich auch überlegen, welchen Nutzen dies hat. Wie viel bleibt von einer vierstündigen Vorbereitung hängen? Vielleicht kann man sich ein oder zwei Folien merken, aber die Story ist entscheidend. Ich konzentriere mich lieber auf wichtige Themen und überlasse das Organisatorische anderen. So hat man gefühlt mehr Zeit. Man kann seine Effizienz steigern und sich sozial entlasten, da man weniger genervt ist und mehr Freizeit hat. Selbst Kleinigkeiten wie das Scannen von Rechnungen mit dem Handy und automatisches Verbuchen durch die KI und Software entlasten den Büroalltag. Man kann auch mit Workflows eingehende E-Mails klassifizieren, beispielsweise automatisches Sortieren in Kundenordner, wenn bestimmte Schlagworte auftauchen. Man kann sich strukturierter den Themen widmen und den Überblick behalten, insbesondere wenn viele E-Mails kommen. Man kann nach relevant und nicht relevant sortieren. Ich habe einen Ordner für E-Mails, in denen ich im CC bin. Diese lese ich in der Regel nicht, es sei denn, ich bin an dem Thema interessiert. Wenn ich weiß, dass meine Kollegin an dem Thema arbeitet, schaue ich nach, ob ich im CC bin. Dadurch schaffe ich mir Zeitfreiräume.

ANDREA SPIEGEL: Dann weißt du, wo du suchen musst.

PHILIPP DAMM: Genau, denn wenn keine Aufgabe erwartet wird, wird die E-Mail mit einem Add-in markiert und rutscht automatisch an den Anfang. So habe ich zumindest die Möglichkeit, im E-Mail-Verlauf nachzuschauen und mir selbst Zeitfreiräume zu schaffen.

ANDREA SPIEGEL: Wenn du jetzt sagst, meine Kollegin hat mich entweder erwähnt oder eben auch nicht und so. Das heißt aber, es ist schön und gut, dass du deine Routinen so für dich hast, sage ich jetzt mal. Aber es muss nachher auch im Teamgefüge irgendwie klar sein, wie arbeiten wir zusammen. Also wie sieht das Ganze aus? Wann nutze ich CC, wann nicht?

PHILIPP DAMM: Das geht über diesen Teil der Selbstorganisation hinaus. Das betrifft das Projektmanagement, das betrifft so ziemlich alle Unternehmensbereiche, und zwar immer die Schnittstelle. Natürlich muss es an der Schnittstelle passen. Wenn man ein größeres Projekt hat und ein Projektteam nach agiler Methodik arbeitet und ein anderes Team nach klassischer Methodik, muss die Schnittstelle definiert sein, an der man die Inhalte wieder zusammenbringt, an der man sich abstimmt. Das betrifft auch die Kommunikation. Eine standardisierte, geregelte Kommunikation ist übersichtlicher. Wenn man sich darauf geeinigt hat, dass man nicht immer wieder Danke zurückschreibt, weil das zwar nett gemeint ist, aber für den anderen bedeutet es, dass er die E-Mail anschauen muss, ohne Mehrwert. Wenn man im Team beschließt, trotzdem sympathisch zu sein, auch ohne Dank per E-Mail, hat das vom Mindset her einen positiven Einfluss. Es beginnt immer mit dem Mindset. Es hängt damit zusammen, ob jemand gern seine Termine oder To-Dos selbst organisiert oder kennzeichnet. Es gibt Tools, die das unterstützen. Man kann E-Mails markieren und in ein Programm schieben, das To-Dos verwaltet. Man kann das auch manuell machen, wenn man möchte. Es kommt auf das eigene Mindset an und wie man sich wohlfühlt und dem Ganzen vertraut. Die Zusammenarbeit mit einem digitalen Tool basiert darauf, dass man darauf vertraut, dass das Tool keine Fehler macht.

ANDREA SPIEGEL: Das wollte ich gerade sagen. Also, angenommen, du gehst davon aus oder du hast ja gesagt, dass deine E-Mails quasi, oder dass To-Dos in E-Mails automatisch erkannt werden. Ich stelle mir vor, da schreibt dir jetzt jemand von außen eine Nachricht und sagt halt, ja, Philipp, es wäre super, wenn du da mal drauf gucken könntest, wenn du Zeit hast. Oder irgendwie formuliert sich halt nicht klar und sagt nicht, du machst bitte bis dahin das. Wie liest der dann das To-Do raus? Oder ist das dann eine E-Mail, wo er sagt, hey, da bin ich jetzt unsicher, ob du da was machen musst, musst du selber nochmal lesen? Oder wie funktioniert das jetzt? Wenn da jemand quasi von außen kommt, der deine Arbeitsroutine nicht kennt, der nicht in deinem Team ist und der nicht weiß, ich muss vielleicht klare Formulierungen machen.

PHILIPP DAMM: Genau, also grundsätzlich nutze ich es eigentlich sowieso nur für E-Mails, die dann in Zeiten kommen, in denen ich nicht gearbeitet habe. Also dann muss ich nicht die letzten 15 ungelesenen E-Mails lesen, sondern es wird mir vorgeschlagen, welche für mich relevant sind, welche wichtig sind. Also ich lese dann nur fünf. Und die fünf, wo ich auch wirklich was zu tun habe. Natürlich kann es mal sein, dass etwas durchrutscht, aber letztlich liest man die anderen, eben wenn man mehr Zeit hat, ist eine Frage der Priorisierung. E-Mails, auf die man geantwortet hat, werden sowieso gar nicht mehr berücksichtigt, weil dann geht das Programm natürlich davon aus, dass man sein To-Do erledigt hat. Was aber auch ganz spannend ist, man bekommt auch abhängig vom Text schon Antwortvorschläge. Also bei vielen E-Mails muss ich eben schon gar nicht mehr überlegen, schreibe ich jetzt zurück, mache ich es morgen? Sondern ich kriege das schon direkt als Antwortvorschlag, weil das Tool eben gelernt hat, dass ich häufig zurückschreibe, mache ich morgen? Und wenn dann ich nochmal jemanden nachfrage, mache ich es gar nicht, weil dann war es wohl doch nicht so wichtig. Aber so kommt man halt in seine Arbeitsroutine und muss eben lernen, gemeinsam mit den Tools zu arbeiten. Also nicht für die Tools, das Tool arbeitet auch nicht für einen, sondern man arbeitet irgendwie ein Stück weit gemeinsam. Und kann das dann auch wirklich als Assistenz– oder auch als Sekretariatsfunktion nutzen.

ANDREA SPIEGEL: Ist es dann aber auch der Punkt, wo man sich am schwersten tut? Also ich weiß nicht, wie lange du das jetzt schon machst mit so digitalen Routinen, um deinen Workflow zu optimieren. Ich stelle mir das teilweise schwierig vor. Zum einen, ich muss es halt erstmal für mich etablieren, also ich muss erstmal mich selber dran gewöhnen wahrscheinlich. Aber ist es dann auch der schwierigste Punkt zu sagen, ich arbeite mit diesen technischen Möglichkeiten zusammen? Oder wo ist für dich so die Krux bei diesen Workflows? Also wo ist es vielleicht auch zu viel?

PHILIPP DAMM: Also kompliziert wird das Ganze dann, wenn man komplexere Workflows gestaltet. Ein einfacher Workflow mit ganz wenigen aufeinanderfolgenden Schritten ist super einfach. Zum Beispiel bin ich als Ersthelfer aktiv im Landkreis und unterstütze den Rettungsdienst ausschließlich bei Reanimationen. Ich habe eine App auf dem Handy, und wenn diese auslöst, befindet sich im Radius von 800 bis 1000 Metern um mich herum eine Person, die reanimiert werden muss. Wenn die App auslöst, schickt sie mir eine kritische Meldung, die auch immer durchkommt, wenn das Ganze nicht gestört ist. Das ist interessant, denn ein einfacher Workflow ist hinterlegt. Wenn die App anschlägt, sage ich den nächsten Termin ab, wenn er sich in den nächsten 30 Minuten befindet. Weil ich ja weiß, dass ich in den nächsten 30 Minuten garantiert nicht zu dem Termin kommen kann, und ich habe auch keine Zeit, darauf zu antworten, weil ich ja losmuss. Ich kann nicht erst mich hinsetzen und fünf Minuten die Kollegen anrufen, informieren und absagen, sondern das unterstützt mich wirklich. Vielleicht gibt es auch andere Ideen, wie man so etwas nutzen kann. Das war jetzt nur ein praktisches Beispiel, wo ich es nutze, wo das einen absoluten Mehrwert hat, weil ich die anderen informieren muss. Warum komme ich nicht zum Meeting? Warum bin ich auch nicht erreichbar? Warum reagiere ich auch nicht auf Anrufe? Weil ich nicht kann. Und das ist immer das Gleiche, wenn die App auslöst, dann kann ich nicht. Da gibt es auch keine Diskussion.

ANDREA SPIEGEL: Dann gibt es Wichtigeres zu tun.

PHILIPP DAMM: Es gibt dann einfach Wichtigeres zu tun. Das ist vielleicht ein extremes Beispiel, aber ein ganz einfacher Workflow, der aber super viel Nutzen hat.

ANDREA SPIEGEL: Vor allem auch für beide Seiten hinterher. Deine Ansprechpartner in dem Termin, den du nicht wahrnehmen kannst, wissen dann zumindest Bescheid.

PHILIPP DAMM: Und da muss man halt für sich selbst den Nutzen abwägen. Es gibt bestimmt auch viele Spielereien, die dann keinen großen Nutzen haben. Aber das muss jeder letztlich für sich selbst bewerten. Interessant ist aber, welche Tools gibt das Unternehmen einem an die Hand? Das ist ein entscheidender Punkt. Man darf halt nicht einfach jedes Tool nutzen. Und viele kennen die Tools auch gar nicht. Es gibt eine große Vielfalt an kleinen Unterstützern. Das können Apps sein, das kann webbasiert sein. Das können auch Add-ins in den klassischen Programmen sein. Gerade Workflows zu gestalten ist, wenn man Office nutzt, überhaupt kein Problem, weil es bereits integriert ist. Da ist schon viel vorhanden. Man kann ganz einfach, und das ist objektorientiert, Workflows mit Office gestalten. Und das geht auch darüber hinaus. Man kann auch Unternehmens-Workflows gestalten, beispielsweise Urlaubsanträge. Es funktioniert da wirklich viel, wenn man sich ein bisschen in das Thema einarbeitet. Aber der spannende Punkt ist, muss ich das immer selbst machen? Meine Routine auf meinem Handy muss ich natürlich selbst einstellen. Im Unternehmen gibt es aber in der Regel Experten. Und wenn nicht, dann wäre es sinnvoll, welche zu Rate zu ziehen, die das Ganze dann einrichten und übernehmen.

Letztlich würde man ja auch nicht erst lernen, wie man Buchhaltung macht, um sich dann darum zu kümmern, wie die Buchhaltung funktioniert. Das wäre unsinnig, sondern man beauftragt jemanden, der Buchhaltung kann, der es gelernt hat. Genauso muss man natürlich auch mit Add-Ins und Tools umgehen. Einfach blind darauf loslegen und denken, das kann ja nicht so schwer sein, weil das alle machen? Buchhaltung macht auch jedes Unternehmen. So einfach ist es dann halt doch nicht. Man kann sich da auch ganz schnell verlieren, wenn man 25 Tools hat. Dann wird es auch schnell unübersichtlich. Man muss da schon priorisieren und schauen, wo wirklich Nutzen dahintersteckt.

ANDREA SPIEGEL: Wie mache ich das aber als Unternehmer? Ich meine, ich höre mir den Podcast an, den Philipp erzählt hat, und finde das super spannend. Ich möchte digitale Workflows flächendeckend in unserem Unternehmen etablieren. Wo fange ich an und wo höre ich auf? Und wen frage ich?

PHILIPP DAMM: Also wie immer, basierend auf unserer Erfahrung mit verschiedenen Unternehmen, ist der erste Schritt oft die größte Hürde. Es geht darum, nicht nur das Potenzial zu erkennen, sondern auch den Mut aufzubringen, diesen Schritt zu gehen und zu sagen: Wir versuchen zumindest, das zu nutzen. Oft wird das Ganze als nicht lohnenswert abgetan oder als reine Spielerei betrachtet.

ANDREA SPIEGEL: Weil es vielleicht am Anfang etwas länger dauert, bis man sich eingewöhnt hat.

PHILIPP DAMM: Aber was ist das Ergebnis? Stellen wir uns vor, wir haben zehn Mitarbeiter. Sie können eine bestimmte Menge an Projekten bearbeiten, haben aber auch einen Verwaltungsaufwand. Vielleicht können nur 75 Prozent ihrer Ressourcen tatsächlich in Projekte investiert werden. Der Rest geht für Verwaltungsaufgaben drauf. Wenn es gelingt, diesen Anteil zu reduzieren, hat das zwei Vorteile. Erstens: Die Mitarbeiter können sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, ohne sich mit administrativen Tätigkeiten aufhalten zu müssen. Zweitens: Es entsteht mehr Kapazität und mehr Ressourcen, die direkt in wertschöpfende Tätigkeiten investiert werden können. Und das ist schließlich das Ziel, für das wir alle arbeiten: Unsere eigentlichen Aufgaben effektiv zu erledigen. Nicht, um morgens 15 Minuten damit zu verbringen, unser E-Mail-Postfach zu durchforsten und festzustellen, dass wir in 35 unnötigen E-Mails im Verteiler stehen, weil es keine klaren Richtlinien gibt, wer in welche Verteiler aufgenommen wird. Man muss sich also mit dem Thema auseinandersetzen und auch das Mindset ändern. Es ist wichtig, sich zu fragen, welches Mindset man hat. Change Management ist hier ebenfalls entscheidend. Man kann nicht von heute auf morgen alles ändern, man muss die Mitarbeiter mitnehmen. Es reicht nicht aus, nur Ziele zu setzen, man muss auch transparent aufzeigen, wie man diese Ziele erreichen will. Sonst werden viele abgehängt.

Also, wozu machen wir das eigentlich? Oft wird immer nur die Frage “Warum?” beantwortet. Also dieses kausale “Warum müssen wir Stunden buchen, um Projekten zu helfen?” Aber die eigentliche Frage ist doch: Wozu machen wir das und nicht warum. Wozu machen wir das? Letztlich, weil unser Kunde erwartet, dass wir Transparenz darüber haben, welche Entwicklungsleistung mit welchem Inhalt auf das Projekt verrechnet wurde. Und wenn das uns jetzt keinen Spaß macht, aber die Frage nach dem Warum beantwortet es letztlich eigentlich auch nicht. Wir machen es, weil wir es machen müssen, aber das Wozu gibt uns vielleicht den Überblick.

ANDREA SPIEGEL: Die spannendere Frage sozusagen.

PHILIPP DAMM: Und das ist die Frage, die man sich auch stellen muss. Nicht warum nutze ich beispielsweise ein Tool, das mich effizienter macht, sondern wozu, weil ich dann mehr Zeit habe, die ich anders effizienter nutzen kann.

ANDREA SPIEGEL: Für wertschöpfende Tätigkeiten, wie man so schön sagt.

PHILIPP DAMM: Genau, und die Frage, wozu machen wir das eigentlich, wird oft nicht gestellt. Wir machen Digitalisierung, weil wir etwas mit Digitalisierung machen wollen. Aber das ist dann halt nicht nachhaltig, das hat auch keine Effizienz, keinen Zweck. Man macht es einfach und das ist, wo wir eher abraten. Also da sagen wir, man sollte sich erstmal überlegen, wozu möchte ich eigentlich bestimmte Maßnahmen machen. Und davor liegt natürlich die Erkennung des eigentlichen Problems. Das kann prozessbezogen sein, das kann aber auch außerhalb der Prozesse liegen. Und da ist eine gründliche Analyse, vor allem im eigenen Unternehmen, notwendig. Und damit sollte man in jedem Projektbeginnen, in dem man sich damit auseinandersetzt. Man sollte erstmal mit den eigenen Mitarbeitern zusammenkommen und herausfinden, wo sehen sie Potenzial, was stört sie in ihrer Arbeit, wo denken sie, kann man sich verbessern. Und das ist sozusagen der Ausgangspunkt.

ANDREA SPIEGEL: Also die Leute auch einfach mit einzubeziehen, die es später betreffen wird quasi. Das ist immer ein guter Weg, haben wir auch schon festgestellt.

PHILIPP DAMM: Wer sollte denn besser wissen, wie man bei einer zerspannten Maschine Material sparen kann, als der, der jeden Tag zu viel wegfräsen muss, weil er sich über die schlechte Konstruktion ärgert? Warum sollte man ihn nicht nach seiner Meinung fragen, wie man es besser machen kann? Er weiß es, er hat die beste Erfahrung.

ANDREA SPIEGEL: Einfach das Know-how nutzen, was schon da ist sozusagen.

PHILIPP DAMM: Genau, und dann kann man es erweitern. Man sollte vielleicht auch andere um Rat fragen. Auch Kunden, wenn man sowieso mit ihnen in Kontakt ist, kann man schauen, wie machen sie das eigentlich. Man ist ja sowieso im Austausch, also kann man für sich selbst auch etwas mitnehmen. Und dieser Erfahrungsaustausch ist auch wichtig. Und irgendwann kommt man dann an den Punkt, wo man Maßnahmen ableitet. Aber dazu muss man durch diesen ganzen Prozess gehen. Einfach Maßnahmen zu treffen, ohne Zweck, ohne Ziel, ohne Strategie, das ist planlos. Und das geht meistens schief. Kann natürlich negative Auswirkungen haben.

ANDREA SPIEGEL: Ob es dann nachhaltiger wird, ist fraglich.

PHILIPP DAMM: Auch, genau. Ja, und so sollte man sich dem Thema widmen. Einfach auch ein bisschen methodisch, bei sich selbst anfangen, nach innen schauen und dann nach außen schauen. Experten dazu holen und das muss ein reifer Prozess sein. Und wenn man sich dann sicher ist, dass jetzt dieses eine Tool, das jetzt die Logistikprozesse einfacher macht, weil der Fahrer die Dokumente nicht mehr abgeben muss, sondern einfach ausladen kann. Und dadurch kann das Personal, das man sowieso schon im Lager hat, auch besser ausgelastet werden, weil sie nicht 70 Prozent ihrer Zeit damit verbringen müssen, auf LKWs zu warten, weil die an der Pforte mit ihren Papieren kämpfen müssen. Ja, dann kann man Effizienzen schaffen, die vielleicht auf den ersten Blick nicht für jeden ersichtlich waren.

ANDREA SPIEGEL: Tendenziell klingt es aber trotzdem ein Stück weit auch aufwendig, würde ich sagen. Also man muss ja dann, wie du sagst, sich trotzdem Gedanken machen, muss sich damit befassen und so weiter. Was wäre dein Appell vielleicht auch zum Abschluss noch, warum es trotzdem lohnenswert ist, sich damit zu befassen? Warum kann es am Ende des Tages vielleicht trotzdem das Richtige sein? Warum kann sich das Invest am Anfang lohnen, um hinten raus quasi wirklich dann einen Mehrwert zu generieren für sich, fürs Unternehmen?

PHILIPP DAMM: Also ich glaube, das kann man relativ einfach beantworten. Immer wenn man nicht ins Risiko geht, dann hat man zwar auch nichts zu verlieren, aber es ist auch super schwierig, etwas zu gewinnen. Und ein Invest sollte sich am Ende schon immer auszahlen, aber deswegen ist es ja umso wichtiger, dass man sich im Voraus genau die Gedanken macht, in was investiere ich eigentlich? Und im Privaten macht man das ja genauso. Man überlegt sich ja ganz genau, wenn man größere Investitionen tätigt, beispielsweise in ein Auto, macht das überhaupt Sinn? Kann ich nicht vielleicht doch eine Bahncard kaufen? Oder nehme ich einen Gebrauchten oder einen Neuwagen? Leasing oder Finanzierung?

ANDREA SPIEGEL: Wie groß?

PHILIPP DAMM: Kaufe ich es direkt? Wie groß? Plant man vielleicht mit einer Familie? Braucht man einen Bus? Braucht man einen Anhänger? Also da gibt es ja ganz, ganz viele Dinge, die man da betrachten kann, bevor man eine Investitionsentscheidung trifft. Und diese Themen hat man natürlich auch in Bezug auf Sachen, die man nicht anfassen kann. Und Tools kann man ganz schwer anfassen. Prozesse kann man ganz schwer fassen. Und da ist es natürlich

schwieriger, sich das dann auch zu überlegen. Aber auch da muss man einfach Gedanken machen, zahlt sich mein Invest aus? Bis wann muss es sich auszahlen? Man muss ja letztlich auch wirtschaftlich sein. Da führt ja gar kein Weg daran vorbei.

Auch die Qualifizierung von eigenen Angestellten kann ja schon eine Maßnahme sein, die sich positiv auf die ganzen Themen auswirkt. Weil Qualifizierung hilft vielleicht auch dabei, dass Prozesse verändert werden können. Das muss man ja auch nicht immer Experten überlassen. Man kann ja auch eigene Experten einsetzen, auch auf der sozialen Seite, um nachhaltig zu sein. Und da gibt es viele Investitionsmöglichkeiten. Man muss abwägen, was für die jetzige Lage Sinn macht? Soll die Investition sich auszahlen? Und wenn man sich unsicher ist, sollte man sich am besten Hilfe holen und sich beraten lassen, genauso wie man das auch in einem Autohaus machen würde. Da fragt man dann auch den Verkäufer. Oder man recherchiert mal im Internet. Und die Zeit muss man sich einfach nehmen. Und wenn man das nicht macht, dann investiert man eben planlos.

ANDREA SPIEGEL: Oder mal Probefahren.

PHILIPP DAMM: Aber auch das, Probefahren. Man kann ja mal zu einem Unternehmen gehen, das mit dem Toolschon arbeitet. Und kann sich das auch mal im Erfahrungsbericht anschauen und auch selbst ausprobieren. Das kann man ja machen. Und die meisten Unternehmen, die etwas anbieten, haben ja auch Referenzkunden, wo sie dann aufzeigen, hier kann man mal gucken. Das muss man einfach nutzen.

ANDREA SPIEGEL: Also auch dein Appell, den Austausch zu suchen. Das war etwas, was sich, finde ich, auch durch die ganze Reihe durchgezogen hat. Also auch nicht immer das Gefühl haben, ich muss bei null anfangen, ich muss das Rad neu erfinden, hattest du, glaube ich, mal gesagt. Sondern dieses Gefühl von, ich kann mich informieren. Es gibt Leute, die es vielleicht schon gemacht haben. Und von deren Erfahrungen profitieren, sozusagen.

PHILIPP DAMM: Richtig, genau. Wir miteinander und nicht als Konkurrenten.

ANDREA SPIEGEL: Sehr schön. Das würde ich gerne genauso stehen lassen. Deswegen an der Stelle wieder der Hinweis an euch. Wenn ihr noch Fragen habt, dann stellt sie gerne in den Kommentaren. Oder schreibt uns an unsere E-Mail-Adresse. Die findet ihr in den Show Notes oder in der Beschreibung auf YouTube. Wenn es euch gefallen hat, die Folge, dann lasst uns gerne einen Daumen nach oben oder eine Bewertung da. Und vielen Dank nochmal an dich, Philipp. Es war eine sehr spannende Reihe, diese drei Themen zu beleuchten. Also einmal nachhaltig digitalisieren ganz allgemein, nachhaltige KI. Und jetzt heute noch das Thema nachhaltige Workflows, die man auch für sich selbst etablieren kann. Wenn ihr gerne noch mehr Folgen zum Thema Nachhaltigkeit und Digitalisierung hören würdet, dann lasst uns das bitte auch wissen. Da finden wir bestimmt noch Themen, die wir uns in dem Themenbereich auch genauer anschauen können. Wir haben schon gesagt, da gibt es noch viel, viel Deep Dive, der da möglich wäre. Nutzt die Möglichkeit, meldet euch bei uns, sagt uns Bescheid. Vielen Dank nochmal an dich, dass du heute da warst. Und in dem Sinne dann, macht’s gut, bis zum nächsten Mal.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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