#11 Lager 4.0 mit Pascal Löchner

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

In der elften Folge unserer Videoshow sprechen wir mit Pascal Löchner, Geschäftsführer und Head of Sales bei L-mobile, über das Lager der Zukunft.

Wir klären brennende Fragen wie: Ab wann lohnt sich die Digitalisierung des Lagers? Wo kann ich starten? Welche Prozesse können digitalisiert werden?

Außerdem sprechen wir über den konkreten Mehrwert des Lager 4.0 in den Bereichen Informationsfluss und Waren- bzw. Materialfluss. Gegen Ende hat Pascal dann auch nochmal von einem voll digitalisierten Lager erzählt – also davon, was man heute schon alles machen könnte, wenn Zeit und Geld keine (oder nur eine geringe) Rolle spielen.

Aber auch die Menschen dürfen in diesem Industrie-4.0-Szenario nicht fehlen, genauso wie ein kurzer Ausblick auf das Lager in 10 Jahren.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Lager 4.0

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0, der Experten-Talk für den Mittelstand. Heute dreht sich bei uns alles um das digitalisierte Lager. Wir verschaffen uns erstmal einen Überblick über das Thema und sprechen über ganz konkrete Anwendungsfälle.

Mein heutiger Gesprächspartner ist Pascal Löchner, unser Head of Sales und Geschäftsführer bei L-mobile. Hallo Pascal, schön, dass du heute da bist.

PASCAL LÖCHNER: Hallo Andrea.

ANDREA SPIEGEL: Wie immer an der Stelle nochmal der Hinweis, die Folge gibt es auch wieder als Podcast bei Spotify, iTunes und Co. zu hören.

Pascal, wir fangen einfach direkt an. Stell dich doch vielleicht einfach nochmal in ein paar Sätzen vor, damit die Leute wissen, wen sie hier vor sich haben.

PASCAL LÖCHNER: Ja, gerne. Besten Dank für die Einladung. Freut mich, heute hier zu sein. Mein Name ist Pascal Löchner. Ich bin jetzt seit circa 10, 12 Jahren im Bereich der Logistik, Automation und Digitalisierung unterwegs. Ich habe viele Lagerproduktionen von innen gesehen. Da freue ich mich heute ein bisschen drüber zu plaudern, was mir da seit den letzten Jahren widerfahren ist, insbesondere auch mit Blick, wo es dann hingehen kann.

ANDREA SPIEGEL: Ja, da können wir auch direkt loslegen. Und zwar, man hört häufig im Zusammenhang auch mit Industrie 4.0, dass der Mittelstand in Deutschland so ein bisschen alles verschläft und da zu langsam ist, gilt es in deiner Ansicht auch für das Lager. Also sind die Läger in Deutschland nicht gerüstet für das Thema?

PASCAL LÖCHNER: Ja, das kommt jetzt ein bisschen darauf an, in welche Ecke man reinguckt. So eine Pauschalaussage würde ich da nicht treffen. Die Logimat ist einer der Logistik-Leitmessen, die die letzten Jahre geboomt ist.

Natürlich dreht sich in so einer Logistikmesse oder in dieser ganzen Branche in den letzten Jahren viel um Automatisierung, weil reine Lagertätigkeiten sind nicht wirklich wertschöpfend. Dann probiert man natürlich schon, die bestmöglich zu automatisieren. Mit welchen Mitteln auch immer.

Man kann Papiere in die richtige Reihenfolge bringen. Das ist so das eine Extrem auf der anderen Seite.

Auf der ganzen Automatisierungsebene gibt es mehrere Schichten. Es gibt natürlich die Unternehmen, die extrem viel in Automatisierung investieren, auch was Fördertechnik angeht, also viel Hardware-Fördertechnik. Das funktioniert natürlich nur dann besonders gut, wenn man ein richtiges Durchsatzvolumen hat. Das heißt, ich verkaufe täglich Millionen oder tausende Artikel und habe da dann eher dieses Prinzip Ware zum Mann. Man kann dort viel fördertechnisch automatisieren.

Das obliegt aber eher den großen Unternehmen, weil die Investitionen dafür schlichtweg gigantisch sind. Also so unter einer Million automatisiert man da eigentlich kein Lager. Dann gibt es aber eben noch den anderen Teil. Da sprechen wir dann eher von den deutschen Kleineren oder den hidden Champions. Die machen technisch hoch anspruchsvolle Produkte, sind Marktführer in ihrem Branchensegment, haben jetzt aber nicht diesen gigantischen Durchsatz und haben trotzdem den Anspruch, diese nicht wertschöpfenden Arbeiten irgendwie zu optimieren oder die Effizienz daraus zu holen.

Da ist immer die Frage, wie macht man das? Und hier würde ich schon sagen, da gibt es schon viele Unternehmen, die sagen: Alles klar, kommt halt der Zettel aus dem Drucker, den verteilen wir dann irgendwie und dann ist es optimiert genug.

Da würde ich schon sagen, verschlafen nicht unbedingt, vielleicht nicht ausreichend damit beschäftigt, ist eher so das Thema. Das ist auch der Punkt, wo ich die meisten Berührungspunkte die letzten Jahre habe, um hier diesen mittelständischen Unternehmen dabei zu helfen, nicht nur in ihrem Produkt hidden Champion zu sein, sondern auch bei ihren Prozessen.

ANDREA SPIEGEL: Du hast jetzt gerade schon ein Thema angesprochen. Das Geld spielt natürlich eine gewisse Rolle. Digitalisierung kostet natürlich auch, man muss investieren.

Gibt es noch andere Punkte oder andere Dinge, die die Leute oder die Unternehmen daran hindern, da jetzt durchzustarten, mal abgesehen von den Kosten?

PASCAL LÖCHNER: Ja, also Geld ist ja nur ein Tauschwert. Also ein Digitalisierungsprojekt soll ja nicht Geld kosten im Sinne von, ich gebe es aus und dann ist es weg, sondern das sind Investitionsprojekte und das soll irgendwann auch wieder zurückkommen. Von dem her gesehen ist das mit dem Geld immer eine relative Sache. Finanzierung ist da sicherlich der bessere Überbegriff dafür. Wie finanziert man so eine Lösung?

Der andere einschränkende Faktor ist dann eher das Wollen und das Können. Also erstmal ganz vornherein bei so einem Digitalisierungsprojekt, egal wie kompliziert oder einfach das danach ist, man muss es erst mal wollen. Wenn man selbst oder auch oftmals Geschäftsführer, Fachbereichsleiter, IT-Leiter keinen richtigen Sinn dahinter sehen, dann werden die Projekte immer sehr holprig oder überhaupt nicht richtig zum Anlaufen kommen.

Das Zweite ist dann natürlich die Kompetenz. Also wenn ich so ein Digitalisierungsprojekt mit einem Lager- oder Produktionsleiter durchführen möchte, der gerade 63 ist, noch zwei Jahre hat, seine Prozesse die letzten 15 Jahre so optimiert hat, wie er sie halt braucht, dann weiß ich nicht, ob das dann die richtigen Ansprechpartner oder die Erfolgsgaranten für so ein Projekt sind. Das heißt, solche Projekte mit Leuten zu machen, die da mit Feuer und Flamme dahinterstehen, eine gewisse Ausbildung haben, was den IT-Bereich oder Medien- oder Digitalisierungsbereich haben. Das ist sicherlich neben dem Geld und der Finanzierung ein wichtiger Aspekt, solche Projekte vorwärts zu bringen.

ANDREA SPIEGEL: Einfach auch quasi der Wille.

PASCAL LÖCHNER: Der Wille und die Fähigkeit, genau. Wenn man den Willen hat, dann eignet man sich natürlich auch nachher die Fähigkeiten an. Aber man muss es erst wollen, genau.

ANDREA SPIEGEL: Okay. Du hast jetzt vorhin schon mal angedeutet, es geht vielleicht gerade noch viel mit Papier. Wenn du oder wir zu einem Digitalisierungsprojekt gerufen werden und du kommst da in die Halle rein, wie sehen denn da häufig die Prozesse aus? Also was ist denn daran so „undigital“ oder wie muss man sich das vorstellen, wenn man nicht jetzt jeden Tag im Lager rumrennt?

PASCAL LÖCHNER: Also die Prozesse, die wir da antreffen, sind meistens relativ cool anzugucken. Also man kommt in so eine Firma rein und es funktioniert ja auch erstmal irgendwie. Also keines der Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten oder im seltensten Fall stehen die vor einem kolossalen Problem, dass überhaupt nichts mehr geht. Irgendwie müssen die ja auch ihr Geld verdienen und ihren Umsatz machen.

Es ist dann eher spannend, mit welchem Overhead das dann betrieben wird. Das heißt, wenn man jetzt nochmal nur ins Lager reinschaut, sind so die typischen Zustände dann eher die Zettelwirtschaft.

Also ich gucke da mittlerweile schon fast von alleine darauf und finde auch immer so diese Gemeinheiten. Dann liegen drei Zettel bei einem Artikel auf einem Lagerplatz. Dann frage ich, was ist das? Das weiß man halt selber nicht so genau. Welcher Artikel ist es denn jetzt oder welche Charge? Können wir auch nicht so genau sagen. Alles klar.

Und so zieht sich das Muster so ein bisschen durch die Prozesse durch. Das findet man dann eben nicht nur bei den Lagerplätzen, sondern eben auch bei Pickzetteln. Da stehen dann manchmal Dinge drauf, die man gar nicht braucht. Nochmal handschriftliche Notizen. Die hat natürlich vorher irgendjemand gemacht, musste das mit Overhead besorgen. Dann hat der Mann, der das liest, nochmal Rückfragen. Dann passieren nachher Fehler. Dann gibt es wieder irgendwo ein Büro im Lager, wo jemand sich darum kümmern muss, diese Fehler auszubügeln oder die Fragen zu beantworten. Das sind dann eher häufiger die Zustände, die man dann findet.

Ein zweiter Umstand, den wir dann haben, ist der Fall der Umorganisation, der dann halt nur mit Papier beschränkt besser machbar ist. Der zweite Teil den Unternehmen haben ist, dass deren Geschäftsmodell stark gewachsen ist. Das heißt, die haben eine bestehende Mannschaft von zehn Leuten. Die haben irgendwas richtiggemacht, deren Produkte finden am Marktanklang. Jetzt haben die auf einmal die Aufgabe, deutlich mehr Output zu liefern.

Dann ist dann oftmals die Frage, stelle ich jetzt einfach nochmal fünf mehr Leute ein. Aber auch da ist das Papier-Szenario oftmals dann, so wie sie es heute haben, nicht tauglich. Das heißt, sie müssen eher an die Prozesse ran. Und dann ist eher die Frage, wie kriege ich mit gleicher Mannschaft und vielleicht mit einer eher digitalen Arbeitsweise den gleichen Output hin, weil der Kostentreiber in solchen Logistikbereichen nach wie vor Manpower ist. Neben dem, dass man Stapler und Regal braucht, hat man da einfach laufende Kosten jedes Jahr.

ANDREA SPIEGEL: Ihr habt ja schon viel erlebt, auch in verschiedenster Weise. Würdest du sagen, es lohnt sich eigentlich immer zu digitalisieren? Oder gibt es vielleicht auch Fälle, wo ihr sagt, nice to have, aber eigentlich nicht nötig, weil wir vielleicht gar nicht den Output brauchen oder so? Oder dass es halt so klein ist, dass es sich nicht lohnt? Oder würdest du sagen, auf lange Sicht gesehen, auf jeden Fall sinnvoll?

PASCAL LÖCHNER: Würde ich gern drei Antworten darauf geben.

ANDREA SPIEGEL: Dann starten wir mit der ersten.

PASCAL LÖCHNER: Genau. Die erste Antwort ist, es gibt Fälle, die sind so glasklar. Ja, da lohnt es sich auf jeden Fall zu digitalisieren. Dort ist viel entsprechendes Mengenvolumen da, ein paar Papierzettel, manuelle Arbeit. Das ist dann relativ simpel wegzurationalisieren. Also das rechnet sich auch super einfach. Klar, die Fälle haben wir sehr, sehr häufig und da brauchen wir auch nicht lange drüber diskutieren. Heute fragt keiner mehr nach der Nutzenrechnung, weil jeder im Kontext von Apps und Smartphones sieht, dass der Nutzen eigentlich auf der Straße liegt. Wäre die erste Kategorie-Antwort.

Dann gibt es die zweite, die passiert lustigerweise auch relativ häufig. Da sagt man: Wenn wir jetzt am Digitalisieren sind, dann richtig. Dann versucht man, auf Teufel komm raus, alles zu digitalisieren, was rumliegt. Da muss man dann schon auch mal die berechtigte Frage stellen, was ist der Use Case? Was ist das Mengenvolumen dahinter? Wenn sie einen Prozess zweimal die Woche haben und der geht manuell ganz gut und das ist irgendwie vielleicht auch eine Sondergeschichte, die dieses Unternehmen, die Produkte oder die Branche oder den Markt dann betrifft.

ANDREA SPIEGEL: Also zum Beispiel stark spezialisiert ist.

PASCAL LÖCHNER: Genau. Dann lass den Prozess so wie er ist. Da brauche ich keine 15, 20 Tage für irgendein Customizing, Beratung und Pflichtenhefterstellung. Lass den Prozess so ist.

Wenn das Mengenvolumen wächst oder die Probleme damit zu groß werden, weil ich Regressanforderungen vor Kunden, Imageverluste oder sonst irgendwas habe. Wenn ich die Ware nicht pünktlich rausbringe, die falsche Ware geliefert wird oder beschädigt ist, dann sag ich, lass den Prozess wie er ist. Also ich frage dann immer unsere Kundeninteressenten, wie viel steckt denn da dahinter? Ich glaube, die Diskussion ist teurer wie der Nutzen, den wir dann nachher raushaben. Lass es.

Und jetzt kommt da eigentlich ein ganz spannender dritter Teil. Das sind die Punkte, wo man es nicht so genau weiß, wo man sich einen Nutzen verspricht, einen hypothetischen Use Case hat und da weiß man manchmal nicht ganz genau, was bringt es denn eigentlich? Da muss man die dritte von der zweiten Kategorie auch irgendwie gut auseinanderhalten können. Da gibt es nicht immer die eine eindeutige Antwort.

Da gibt es schon durchaus Use Cases und Digitalisierungsmedien, wo man sagt, da testen wir mal erste Gehversuche. Mit so Pilotprojekten kann man dann gute Erkenntnisse gewinnen und man investiert erstmal nur in kleinen Schritt, um auszuprobieren, wie sich eine bestimmte Technologie anfühlt. Dabei ist es jetzt egal, ob mobile Endgeräte, RFID, Ortungsthematiken oder digitale Labels. Was bringen mir die überhaupt? Sammle Erfahrung mit dieser Technologie und beurteile dann nachher besser. Das ist so ein Weg, um sich dem dritten Fall dann nachher anzunähern.

ANDREA SPIEGEL: Du hast jetzt gerade schon das Thema angesprochen. Wo fange ich eigentlich an, wo setze ich an, was ist sinnvoll zu digitalisieren? Kannst du da irgendwie vielleicht mal ein Beispiel nennen, also welcher Prozess zum Beispiel bietet sich in den meisten Firmen an?

Vielleicht gibt es da so eine Pauschalität zu digitalisieren, um damit zu starten und einen Einstieg in die Digitalisierung zu finden?

PASCAL LÖCHNER: Ja, der einfachste Einstieg ist immer da, wo es Technologie und etablierte Dinge schon lange gibt. Das sind zwangsläufig im Laufe der Zeit Mobillösungen gewesen. Vor zehn Jahren war die Firma L-mobile noch halb so alt. Da war Mobil ganz neu, die iPhones kamen gerade erst auf den Markt, da war das alles Teufelszeug.

Wir hatten vier oder fünf verschiedene mobile Betriebssysteme. Da gab es noch irgendwie eins von Nokia und nochmal drei, vier Stücke. Da erinnert man sich heute schon gar nicht mehr dran. Da wusste noch keiner genau, wie wird denn das jetzt tatsächlich mit der Mobilität, bringt das überhaupt was? Die Frage stellt heute keiner mehr.

Da haben sich jetzt im Laufe der Jahre viele stabile Lösungen im Bereich der Mobilität entwickelt. Das ist eher einfacher anzufangen, weil da man durchaus Standardlösungen hat.

ANDREA SPIEGEL: Das heißt mit Scannern oder sowas?

PASCAL LÖCHNER: Zum Beispiel mit Scannern, Smartphones. Das ist dann wirklich eher der einfache Weg oder wo die Hürde nicht mehr ganz so groß ist. Wenn man dann eher in technologisch komplexere oder anspruchsvollere Verfahren einsteigt, da haben sich die Use Cases noch nicht so gefunden, die Standardlösungen sind noch nicht so weit und die technologische Reife ist auch nicht so stabil. Beispielsweise auch RFID. Auch eine Technologie, die es schon seit weit über zehn oder zwanzig Jahren sogar schon gibt.

Da muss man deutlich mehr Research auch innerhalb von einem Projekt betreiben, auch wenn es natürlich auf der Hardware und Software Seite so eine Standardkompetenz gibt. Aber da sind die Investition und der Sprung höher, als wenn man von so einem mobilen Szenario ausgeht. Weil was brauchen wir dafür? WLAN. Hat heute fast jeder, technologisch super stabil. Mobile Geräte auf Android oder iOS Basis, super stabil. Dann brauche ich noch eine Anwendung darauf, aber das ist App-Programmierung oder Web-Programmierung. Beherrscht heute auch ein Großteil der Entwicklungsgilde hier in Deutschland oder auf der Welt. Da ist es relativ simpel.

Die Frage nach dem Prozess war ja noch, welche Prozesse kann man da nachher nehmen? Ich versuche es auch von einer anderen Ecke zu beantworten. Wenn man in so ein digitales Sicherungsprojekt einsteigt, sind ganz viele Probleme, die wir in so einem Projekt sehen, immer Stammdaten. Das heißt, Kunden haben heute eine Ausgangsvoraussetzung an Datenbasis, meistens in ihren Warenwirtschafts-ERP-Systemen.

Wenn wir so ein Digitalisierungsprojekt machen, dann zeigt sich immer relativ schnell, wie gut diese Firma ihre Stammdaten nachher im Griff hat. Weil ohne die passenden Stammdaten digitalisiert es sich schlecht. Das heißt, wir haben oftmals ganz viele Stammdaten, Lagerplatzstrukturen, Bestandsgenauigkeiten und so Dinge. Damit müssen wir dann arbeiten. Sowas lässt sich dann mit Mobillösung auch deutlich leichter im Laufe des Projekts dann bewerkstelligen.

ANDREA SPIEGEL: Wie mache ich das jetzt, wenn ich sage, ich möchte gerne digitalisieren und ich glaube, dass es auch sinnvoll für uns ist, aber ich weiß noch nicht so genau, wo ich anfangen soll.

Also wie finde ich quasi vielleicht für mich den richtigen Einstiegspunkt? Muss ich vielleicht meine Prozesse analysieren oder hole ich mir vielleicht besser jemand von außen, der das für mich macht, weil ich vielleicht selber im Tunnel bin? Wie gehe ich da am besten ran?

PASCAL LÖCHNER: Ja, die Sache von außen. Meine langjährige Expertise in dem Bereich und auch als Geschäftsführer von L-mobile. Wenn wir unsere eigenen Prozesse digitalisieren, dann lass erstmal den von außen tatsächlich weg. Also das ist für mich als Anbieter natürlich erstmal schlecht. Ich sage das aus einem ganz bestimmten Grund.

Wir hatten es vorhin drüber, erstmal selber die Entscheidung zu treffen, ich möchte digitalisieren. Die steht ganz, ganz vorne dran. Wenn ich gesagt habe, wir möchten digitalisieren, dann muss man sich seine Schmerzpunkte suchen. Das mache ich nur am besten mit den eigenen Mitarbeitern, mit den eigenen Menschen im Unternehmen. Da muss man sich dann mal ehrlich in die Augen schauen und sagen, wo haben wir das größte Potenzial? Wo haben wir vielleicht die größten Schmerzen oder auch Anforderungen vom Markt? Meine Lieferanten drängen mich dazu, wo bringt es mir am meisten? Diese Bereiche sucht man sich dann aus oder identifiziert sie.

Dann sage ich zu unseren Interessenten immer, wenn die dann irgendwie anrufen und sagen, wir wollen digitalisieren: Was haben Sie denn vor? Ja, wissen wir noch nicht so genau. Ich kann da natürlich ganz viel erzählen und auch beraten. Die Gespräche und die Projekte gehen immer dann gut und schnell, wenn sich die Leute schon selber Gedanken gemacht haben. Ob die jetzt nachher 100 Prozent korrekt sind, ob das inhaltlich Anspruch auf Richtigkeit erhebt oder ausbaufähig ist. Völlig egal. Hauptsache die Leute haben sich damit beschäftigt, haben selber mal schon das Lösungsszenario digital gedacht. Dann fallen nämlich nachher, egal ob die Gespräche mit L-mobile oder irgendwem anderem stattfinden, deutlich einfacher.

Man kann dann als Kunde auch auf einem anderen Level nachher mitsprechen. Das macht die Konzeptgestaltung dann nachher besser. Wo ich dann dazu rate, immer jemand Externes mitzunehmen. Das hängt auch von den verfügbaren Kapazitäten im Unternehmen ab. Die meisten haben nicht selber einen Stab von Entwicklern, um irgendwie stabile Standardsoftware zu entwickeln. Da sage ich, es ist schon sinnvoll. Macht ein Auswahlverfahren oder sucht euch einen Anbieter. Das Vertrauen halte ich hier für fast den wichtigeren Faktor, weil ich brauche jemanden, der mich da begleitet. Ich brauche einen Herzchirurgen, der mir an meinen Prozessen nachher hilft, der dann in den Prozessen mitsprechen kann und weiß, was er tut, die Geschäftsfelder versteht, die Branche versteht.

Ich muss nun mal beim Metallverarbeiten im Unternehmen wissen, was eine Fräsmaschine ist, was Bohröl ist, was der Stapler macht, was die Drehteile machen, was die Späne irgendwo tun. Sowas muss ich schon mal gehört haben, was Ausschussgründe sind, was Nacharbeit ist, was Mehrmaschinenbedienung ist. Genauso gibt es Dinge für einen Logistiker, die sollte man dann von dem Unternehmen, das die Prozesse digitalisiert, schon erwarten. Dann dürfte so ein Projekt auch in die richtige Richtung gehen.

ANDREA SPIEGEL: Ich glaube, wir hatten das vorhin schon mal angesprochen, man kann so einzelne Bereiche machen. Würdest du sagen, nein, starte am besten gleich mit dem ganzen Lager im Blick? Oder kann ich sagen, ich habe einen kleinen Prozess, mit dem ich starten will, aber daran könnte ich anschließend noch was machen.

Also wie gehe ich quasi ran. Suche ich eher nach einem Gesamtkonzept oder suche ich eher nach einer Einzellösung für jeden Prozess? Wie macht man das am besten?

PASCAL LÖCHNER: Also blöde Antwort, beides ist tatsächlich möglich und wir machen Erfahrungen in beide Richtungen. Hat natürlich auch ein bisschen was mit dem Investitionsbudget zu tun.

Blödes Beispiel, aber das Autobeispiel funktioniert immer wieder gut. Wenn wir beide uns hier an dem leeren Tisch über ein nagelneues Auto unterhalten und fangen hier an zu malen, machen noch ein Tonmodell, kneten, da kommt was total Geiles bei raus. Jetzt gehen wir mal zu irgendeinem Autobauer, am besten zu so einer Automanufaktur-Schmiede, weil das ist ja kein Stangenauto, was wir haben. Dann sagt er, ja baue ich euch, kostet halt zwei, drei, vier, fünf Millionen. Sag ich, das war jetzt nicht ganz im Budget so geplant. Alles klar, dann fangen wir halt doch wieder beim Golf an. Budget ist daher sicherlich schon mal die eine Sache.

Es gibt Unternehmen, da lohnt sich das sicherlich, über sowas nachzudenken, insbesondere bei Hallen-, kompletten Lager- oder Produktionsneubauten, wo man sowieso komplett neue Systeme etablieren muss, weil man die Investitionskosten dafür oftmals sowieso schon hat. Dann macht so ein Gesamtkonstrukt tatsächlich eher Sinn. Bestehende mittelständische Unternehmen, die haben schon etablierte Prozesse. Das läuft, ich möchte es nur nochmal optimieren.

Ich weiß nicht, ob es dann so gut ist, alles über den Haufen zu schmeißen oder besser gesagt, ich würde aktiv empfehlen mit den Einzelprozessen anzufangen. Es hängt dann auch immer von den verfügbaren Kapazitäten bei unseren Kunden ab, weil die müssen auch die Zeit bereitstellen. Meistens stellen die dann keinen Chief Digital Officer ein, der dann den ganzen Tag Zeit hat, um sich um so ein Projekt zu kümmern, sondern das ist dann der Lagerleiter und der IT-Leiter, die sich neben ihrem Tagesgeschäft die Zeit aus den Rippen schneiden, um so ein Projekt zu begleiten. Dann geht nicht alles auf einmal, weil sonst hat man eine Riesenbaustelle aufgemacht und hat keine Erfolgserlebnisse. Da scheitern viele Digitalisierungsprojekte, weil man sich so viel vorgenommen hat und dann nicht vorwärtskommt. Dann sagt man nach einem halben oder dreiviertel Jahr, das geht alles nicht, ich ziehe den Stecker. Dieser hat jedoch schon viel investiert. Das lässt sich dadurch natürlich ein bisschen vermeiden.

Wenn man intern die Kapazitäten hat, Fulltime oder für eine gewisse Zeit interne Projektleiter, sowas zu Supporten, geht auch deutlich mehr, ist aber auch mehr zu tun. Das muss einem dann halt nachher immer bewusst sein.

ANDREA SPIEGEL: Ja, klar.

ANDREA SPIEGEL: Wir reden viel über die Prozesse, Ansatzpunkte und so. Vielleicht fangen wir jetzt mal an, auch konkret vielleicht an dem Beispiel, darüber zu sprechen, welchen Mehrwert mir das dann hinten raus tatsächlich bietet, wenn ich jetzt digitalisiere. Also was habe ich davon?

Zwei große Bereiche sind immer Informationsfluss und Materialfluss, die sich durch Digitalisierung verändern, im besten Fall zum Positiven und zum Guten. Kannst du da vielleicht mal zwei Beispiele einfach aus der Erfahrung heraus berichten?

PASCAL LÖCHNER: Mit was fangen wir an?

ANDREA SPIEGEL: Mit Informationsfluss.

PASCAL LÖCHNER: Ja, Informationsfluss. Was bringt es konkret für die Unternehmen dort zu digitalisieren? Der Informationsfluss funktioniert irgendwie in den meisten Fällen heute schon. Das heißt, beim Informationsfluss müssen wir tatsächlich darauf gucken, wie kommt die Info möglichst effizient von A nach B, wo kommt sie ursprünglich her.

Die Quelle hat meistens irgendwo im ERP oder Warenwirtschaftssystem ihre Herkunft. Oftmals läuft dann irgendwie der Zettel los und dann ist der Zettel der Informationsträger. Das sparen wir uns an der Stelle dann halt komplett weg. Also das Ganze vorzubereiten, den Prozess vorneweg schon aus dem ERP rausautomatisiert zu übernehmen. Dann nicht manuell zu verteilen, sondern möglichst intelligent digital die Aufträge zu verteilen. Manchmal ein Auftrag ein Mann, manchmal ein Auftrag fünf Leute. Dann haben fünf Leute die Aufgabe für drei, vier, fünf Aufträge auf einmal zu kommissionieren.

Das heißt hier die Verteilung dieser Informationen zur richtigen Zeit an die richtige Stelle zu bringen. Oft sind das die Stellen, wo man ein bisschen Hirnschmalz reinstecken muss. Also wie möchte ich das mit meinen räumlichen Gegebenheiten handhaben, weil nicht jede räumliche Gegebenheit ist gleich. Manchmal ist das Tor da oder da, manchmal habe ich solche Stapler, manchmal andere. Dann geht mehr oder weniger. Die muss ich dann natürlich berücksichtigen.

Manchmal hängt es auch von den Teilen ab. Ich kann ein 5-Tonnen-Teil nicht behandeln wie ein 500-Gramm-Teil. Da habe ich auch andere logistische Herausforderungen. Da kann ich dem zwar zwanzig 5-Tonnen-Teile auf seinen Zettel schreiben, aber es geht halt physisch nicht. So etwas muss man dann beim Verteilen der Informationen berücksichtigen.

Heißt dort habe ich aber schon mal optimiert und habe es möglichst intelligent gemacht. Dann kommt der ganze Weg wieder zurück.  Das ist eigentlich das viel Spannendere, weil da passieren dann Dinge heute im Lager, wie ich verliere einen Zettel, ich schreibe etwas auf, die Notizen sind schlecht leserlich. Der eine versteht das, der andere versteht das. Dann sitzt jemand dran, muss manuell wieder eintippen. Das passiert dann erst zeitverzögert. Dann stimmen wieder die Bestände im ERP so lange nicht. Das sind dann so die eigentlichen Vorteile, die daraus entstehen, dass ich mir einen deutlichen manuellen Overhead erspare.

Da kann man auch ganz klar sagen, manuelle, nicht wertschöpfende Tätigkeiten von so einer Nachverbuchung, die fallen schlichtweg weg. Da kriegt man entweder Kapazität frei, Amerikaner nennen es dann auch Headcount. Die sagen dann, irgendwo muss da halt was frei werden. Das darf dann jedes Unternehmen für sich selber entscheiden, wie es dann nachher damit umgeht. Das wäre die Ecke des Informationsflusses.

Noch ein zweiter Mehrwert, wenn man den Informationsfluss anschaut, ist dann halt die Frage, wer greift denn noch auf die Information zu? Also wenn ich plötzlich in Echtzeit die korrekten Bestände habe und ich betreibe Webshops, B2B-Portale, Kunden oder Partner greifen auf diese Zahlendaten zu, der Vertrieb kann anders da agieren. Das ermöglicht, was den Informationsfluss angeht, dann nachher ganz andere Möglichkeiten. Die gehen mit Papier schlichtweg nicht. Die sind unmöglich mit Papier und mit manuellen Prozessen zu bewerkstelligen. Da steckt dann auch ein hoher Mehrwert drin. Die ganze Digitalisierung der letzten Jahre hat gezeigt, dass das Erschaffen neuer Geschäftsmodelle und neuen Geschäftsgebaren nur digital geht. Das geht manuell gar nicht mehr.

ANDREA SPIEGEL: Ja, weil es früher nicht möglich war, haben wir jetzt andere Möglichkeiten und können dadurch neue Wege gehen.

PASCAL LÖCHNER: Genau. Auch, dass wir beide hier sitzen und einen Podcast in unserem Studio machen. Früher hätten wir irgendwie bei der ARD sich mal für ein paar Stunden mit einer großen Mannschaft einmieten müssen. Die Zeit der Digitalisierung hat uns andere Möglichkeiten gebracht. Das können wir selber machen.

ANDREA SPIEGEL: Das stimmt. Jetzt haben wir angeteasert, es gibt auch noch Mehrwerte im Bereich Materialfluss. Da würde ich dir jetzt einfach mal freie Hand lassen für ein Beispiel.

PASCAL LÖCHNER: Material- und Informationsfluss hängen natürlich irgendwie zusammen, weil die Informationen führen ja nachher zu einer Aktion, die gehören ja irgendwie nachher zusammen. So ein paar ganz klassische Dinge auf der Materialflussseite. Klar, Fehlpicks oder Fehlmaterialentnahmen vermeiden. Dann kann man sicherlich auch noch die Laufwegeoptimierung angehen. Also ich habe deutlich weniger Overhead dadurch, dass ich die Dinge in der richtigen Reihenfolge nachher mache. Die richtigen Dinge in der richtigen Zeit beim Kunden, schneller beim Kunden, schneller in der Produktion, weniger Stillstand in der Produktion, weil das richtige Material einfach zur richtigen Zeit bei der richtigen Maschine ist. Das sind dann tatsächlich hier so die Highlights oder die Mehrwerte im Bereich Materialfluss.

ANDREA SPIEGEL: Das stimmt.

ANDREA SPIEGEL: Bei dem ganzen Thema Digitalisierung geht es ja auch ganz viel um Technik oder um Infrastruktur. Die Daten müssen irgendwo hin- und herkommen. Worauf muss ich achten? Was ist besonders wichtig? Welche Infrastruktur brauche ich?

PASCAL LÖCHNER: Das ist so eine Grundaussage, die ich da immer treffen würde. Die Infrastruktur muss dem Use Case angepasst sein. Ich kann natürlich mir die unmöglichste Hardware anschaffen, die dann auch entsprechend viel kostet. Wenn ich den Use Case nicht dagegen habe, der das rechtfertigt, ist es dann vielleicht nachher eine nette Spielerei. Aber dann sind wir eher im Bereich Geld ausgeben als investieren.

Und ich sag mal, machbar ist da heute schon relativ viel. Also das Potpourri an Technologie, das wir zur Verfügung haben, da können wir nochmal eine Folge drehen. Das ist ziemlich cool. Ich versuche da mal so ein bisschen einen Einblick zu geben. Klar, so Handscanner, da hat man natürlich irgendwie ein Gerät, ein Mann. Das ist wie heute ein Smartphone, hat jeder, das ist auch irgendwie gut.

Wenn man es weiter in die Automatisierung reinstellt, dann muss man schon mit dem nötigen digitalen Weitblick dann reinschauen. Wie viel Volumen habe ich? Was ist das Arbeitsaufkommen, das ich in irgendeinem Prozess habe? Es ist völlig egal in welchem, sei es jetzt beim Picken, beim Wareneingang oder sonstigen Dingen. Wie viel Overhead entsteht dort? Auch Scannen macht Overhead.

Also wir haben viele Kunden, die haben sich schon vor Jahren mit Lagerlösungen oder mit Mobillösungen versorgt. Die haben dann folgendes getan. Die haben den Mehrwert einer Scannerlösung festgestellt, da haben die einfach die Anzahl der Scans hochgeschraubt.

Weil sie wissen, jedes Mal kriege ich da noch mehr Informationen raus, wenn ich so einen Scan oder einen digitalen Punkt in meinem Informationsfluss habe. Das erzeugt aber beim Lagerist oder egal bei sonst irgendjemandem, der so einen Prozess nahe hat, natürlich einen gewissen Overhead. Die Leute mögen das ja nicht. Die sind ja Lagermitarbeiter oder Produktionsmitarbeiter und keine Sachbearbeiter.

Das sind dann die Punkte, die in so einer Ecke dann nachher hochkommen, weil man einen Mehrwert aus diesen Daten nachher hat. Dann kann man sagen, okay, den automatisiere ich jetzt voll mit irgendeiner Technologie, sei es dann mit RFID. Hier verbuche ich voll automatisch durch, dann braucht gar keiner mehr ein mobiles Gerät. Ich mache das Tracking von Lagerort zu Lagerort, von Produktionsbereich zu Produktionsbereich mit einer Ortung und buche automatisch den Fortschritt.

Super, wenn das Mengenvolumen das hergibt und ich habe den Mehrwert da draußen. Das muss niemand mehr buchen, dann können sich die Werker wieder auf etwas Anderes konzentrieren oder ich muss einen Werker weniger einstellen oder das sind so die Parameter, die ich mir nehme. Wunderbar. Papier erzeugen, Begleitpapiere, also Papier begleitet eine Ware natürlich nachher genauso, da steht genau das drauf, wenn ich jetzt viel Ware auszeichnen muss, wie ich das ganze Zeug verteilen muss.

Dann gehen die Zettel verloren, dann sind die in Kisten drin, die ich erst anheben muss, damit ich sehe, was dann auf dem Zettel steht. Dann gehe ich immer flexibel auf meine Kundenwünsche ein und habe häufig Änderungen von Bestellungen, sei es Menge oder Termin, muss dann an die Kiste laufen, andere Papiere austeilen. Der Kunde sagt, ich möchte bis drei Tage für Produktion noch meine Zeichnung ändern können. Ja super, geht die Rennerei wieder los.

Bei sowas mit digitalen Labels zu arbeiten oder mit Lösungen, wo ich an einem Arbeitsplatz dann eben alles digital anzeige, da kann ich wirklich bis zur letzten Minute das ändern, vorausgesetzt das Rohmaterial ist da natürlich auch passend da. Ich habe beispielsweise so einen Losgröße 1 Bildschirm, da habe ich Zeichnung, Video, Montageanleitung und kann die wirklich bis zur letzten Minute fast vorher ändern. Dann lohnt sich auch die Investition in 150 Bildschirme für Montagearbeitsplätze oder Produktionsarbeitsplätze. Wenn ich die Parameter alle nicht habe und den Pressure nicht habe, dann brauche ich keine 150 Bildschirme. Das ist der Punkt, wo wir dann immer reingucken.

ANDREA SPIEGEL: Nach Bedarfsfall auch ein bisschen.

PASCAL LÖCHNER: Genau, und auch abwägen müssen. Wir haben aktuell einen ganz praktischen Fall. Wir haben einen Supermarkt in einer Montagelinie und es ist die Frage, wie das Material in den Supermarkt kommt. Das wissen wir schon, aber wie geht es vom Supermarkt zur Montagelinie, also wie wird es angefordert, wahrscheinlich per RFID-Karte oder Pick-by-Light.

Jetzt ist die Frage, macht man in diesen Supermarkt auch Pick-by-Light-Knöpfe hin und bei der Versorgung an der Montagelinie, machen wir dann zum Einlagern auch wieder Pick-by-Light-Knöpfe hin, sind dann halt nachher 1800 Pick-by-Light-Knöpfe. Ist erstmal total cool, weil ich kein Handgerät mehr habe, ich muss nichts mehr festhalten.

Umgekehrt muss ich rechnen, ich habe die 1800 Knöpfe, ich muss die Software und die Prozessintegration dazu machen und ich muss an den Kommissionierwagen auch noch Knöpfe anbauen. Jetzt kostet die ganze Kiste dann nachher 100, 150, 200.000 Euro nur für Knöpfe. Wenn ich jetzt nur dreimal am Tag da jemanden durchschicke, ist das eine hohe Investition für Knöpfe. Der Kunde möchte schon scan-frei arbeiten, das war der eigentliche Wunsch. Jetzt muss man aber mal gucken, ob dieser eigentliche Wunsch sich mit der Investition und dem Nutzen aus dem Prozess raus integrieren lässt. Wenn dann nachher 20 Leute den ganzen Tag da durchgehen, dann brauchen wir nochmal 2000 Knöpfe dazu. Super, lohnt sich dann auch.

ANDREA SPIEGEL: Ja, verstehe.

ANDREA SPIEGEL: Wir haben ja vorhin darüber gesprochen, dass man viele kleine Schritte machen kann. Man muss nicht alles auf einen Schlag machen. Jetzt hätte ich aber nochmal Lust, nachdem du auch schon einiges angesprochen hast, mal ein Szenario zu entwerfen.

Man baut vielleicht ein neues Lager auf. Morgen können wir damit anfangen, wenn wir so weit wären. Können wir da irgendwie mal spinnen, was geht jetzt alles? Also wie könnte man sich so eine Traumfabrik genau vorstellen, wenn Geld keine Rolle spielt und die Prozesse auch Sinn ergeben, dass man das macht. Ich weiß, man kann da bestimmt noch viel, viel mehr machen. Aber was ist so technisch aktuell möglich? Was kann ich haben, wenn ich möchte?

PASCAL LÖCHNER: Okay, ich fange mal an, so eine Traumfabrik verbal zu bauen. Also Material muss ja irgendwie reinkommen. Das heißt, man bestellt heute beim Lieferanten. Das macht man am besten schon aus dem ERP-System raus. So geht digital per EDI die Bestellung raus. Der Lieferant bringt die Ware schon vorausgezeichnet mit, entweder mit einem RFID-Tag oder im besten Fall mit einem Barcode.

Dann kommt es bei uns im Wareneingang rein, also das ist ja unsere Firma, die wir jetzt bauen. Ich habe rechts und links ein Gate und ich kann dann quasi mit dem Lesen von dem RFID-Tag einfach vollautomatisch einen Wareneingang nachher buchen. Das erzeugt bei mir dann einen Bestand. Jetzt kommt ein ganz spannender Punkt. Im besten Fall buche ich das dann auf irgendeine Handlingsunit, einen Ladungsträger, den ich dann auch nachher verfolgen kann.

Jetzt habe ich das Zeug im Lager, daraufhin werden automatisch Transportaufträge für den weiteren innerbetrieblichen Transport generiert. Ich schaue mal noch rein, habe ich irgendwie so Cross-Docking-Möglichkeiten. Heißt habe ich Bedarf in der Produktion, soll es eher ins Lager oder kann die Handelsware gleich raus. Das heißt, hier splitten wir schon in drei Bereiche auf, wo dann das Zeug nachher hinkommt. Dann gibt es irgendwelche Staplerfahrer oder Lagermitarbeiter die das Zeug dann dort hinbringen oder eben dann vollautomatisiert.

ANDREA SPIEGEL: Fahrerlose Transportsysteme.

PASCAL LÖCHNER: Ja, Vorsicht, da kommen wir gleich dazu. Ich habe dann gar keinen mehr, der auf dem Stapler sitzt, sondern irgendwie so ein FTS. Also so ein LKW muss man wahrscheinlich mal noch von Hand ausladen, aber ab dem Zeitpunkt geht es relativ gut. Dann habe ich so ein FTS, fahre das Zeug in die Produktion, ins Lager, habe vielleicht sogar noch ein teilweise vollautomatisiertes Lager.

Das heißt ich habe für so Standardmaterial oder sowas immer ein vollautomatisiertes Lager, wo ich es dann reinschiebe. Soweit erstmal zu dem Lagerteil.

Dann rückwärts natürlich den gleichen Weg. Ich habe irgendwelche Bedarfe aus dem ERP-System, von Kundenaufträgen oder von der Produktion. Jetzt muss ich Ware rausbringen. Ein Staplerfahrer, der halbautomatisiert oder ein FTS, der vollautomatisiert dann dahinfährt, das Zeug dann nachher abholt und dann die richtige Bedarfsstelle dann bringt, wo dann wiederum natürlich auch Menschen stehen, um dann nachher mal was zu tun.

Ab dem Zeitpunkt, wo es dann in die Produktion geht, da würde ich mir wünschen, meinen Bestand zu tracken und zwar ohne, dass jemand was buchen muss. Beispielsweise per RFID. Noch viel cooler finde ich persönlich dann diese ganze Ortungsgeschichte.

Ich haue mir irgendwo einen Tag nachher hin. Da haben wir vielleicht auch eigene und machen einen internen Ladungsträgerkreislauf. Dann kann ich immer die gleichen Tags dafür nehmen und verfolge dann meine Bestände live durch die Produktion. Dann habe ich eine Maschinendatenerfassung, die mir live noch meine Maschinendaten ausspuckt. Damit kann ich meine Effizienz nachher deutlich besser auswerten oder Potenziale ermitteln. Bekomme dann von alleine die Meldung ins ERP-System zurück und geht dann in Verpackung und Versand. Dann geht es mit dem FTS wieder los, weil das transportiert das ganze Zeug ja von alleine hinten durch. Dann geht es irgendwann mal raus und ich kann eine Rechnung schreiben. Mit möglichst wenig manuellem Impact.

ANDREA SPIEGEL: Klingt auf jeden Fall super spannend.

ANDREA SPIEGEL: Bei der ganzen Technik und diesen ganzen spannenden Möglichkeiten, sollte man vielleicht auch nochmal kurz auf das Thema Menschen zurückkommen. Die Mitarbeiter sollen ja nachher mit diesen Technologien arbeiten, mit Handscanner und was es dann eben alles gibt in den verschiedenen Ausbaustufen.

Wie kann ich die für so ein Projekt begeistern oder wie muss ich die einbinden? Binde ich die überhaupt ein oder sage ich denen nachher nur, hier ist dein Gerät. Kommt mir jetzt direkt schon mal nicht so gut vor. Wie beziehe ich die quasi mit ein?

PASCAL LÖCHNER: Ganz spannender und gleichzeitig auch schwieriger Punkt. Die Grundaussage in dem ganzen Digitalisierungsthema ist ja, dass ich Arbeitsplätze nachher wegrationalisiere. Das ist erstmal ein Punkt, den kann man sich auch nicht arg viel schöner reden. Mit dem muss man erstmal, als Führungsperson oder als Fachbereichsleiter erstmal umgehen. Die Leute nicht mit ins Boot zu nehmen, halte ich aus rein führungstechnischen Aspekten für unklug. Ich arbeite ja nach wie vor mit Menschen zusammen, was auch ein hoher Wert für mich persönlich ist. Mit den Menschen muss man ja nachher irgendwie umgehen. Die dann mit ins Boot zu nehmen, Key User Gruppen zu bilden, dann auch die Erläuterung der Gründe, warum tun wir sowas, so eine ganz platte Attitüde. Wir wollen weiter in unserem Segment gegen den Wettbewerb, vielleicht auch gegen Fernost bestehen. Wir müssen automatisieren, sonst geht der ganze Laden Bach unter. Da können wir morgen zumachen. Da hat auch keiner was davon.

Also müssen wir uns irgendwie in diesem Bereich der digitalen Sicherung annähern und so die Leute dann nachher mit ins Boot nehmen. Da gibt es sicherlich pro Unternehmen 100 Argumentationen, wie man sowas dann nachher sinnvoll mit aufbauen kann, um die Leute für so ein Projekt zu gewinnen. Dann sucht man sich so ein paar Pioniere raus, die dazu auch Bock haben an so einem Projekt mitzuarbeiten, die dann auch den Kollegen sagen, das wird total geil, was wir da machen.

Auch dann die alten Moserer sicherlich dafür noch zu überzeugen. Einen Moserer würde ich gerade mal mit noch ins Team reinnehmen.

ANDREA SPIEGEL: Die braucht man auch.

PASCAL LÖCHNER: Und vor allem, das sind meistens nachher die besten Fürsprecher. Also oftmals ist es uns dann gelungen, auch die Leute mit ins Team zu integrieren, in so ein Projekt Team. Und die, die dann gesagt haben, dass ich niemals mit so einem Gerät arbeite, die sagen, ich mache es nie wieder anders und nur noch so. Ich kündige sonst, wenn ich jetzt irgendwie wieder mit dem Papier anfangen muss. Das sind wirklich O-Töne, die wir dann schon bei unseren Kunden dann nachher hatten. Das ist so der Teil, die Mitarbeiter dann schon auch mitzunehmen.

Also einfach Transparent, offen, die Gründe müssen nachvollziehbar sein, die Ängste müssen genommen werden. Kündigen die jetzt alle, wenn wir es dann irgendwie dann automatisiert haben? Da muss man schon klare Signale dann nachher auch setzen, warum man das tut, warum man da viel Geld investiert. Das muss man sich auch schon vor Augen halten. Ja, das Argument wegrationalisieren, das ist da, dem darf man sich nicht ganz verwehren. Man sollte eher die Frage stellen, wie man es arbeitsplatzpolitisch macht. Durch Demografiewandel haben wir jetzt Leute, die gehen die nächsten Jahre in Rente. Know-how fließt damit ab. Wir kriegen nicht so schnell qualifiziertes Fachpersonal. Also gehen wir in die Automatisierung. Es gibt so ein paar spannende Bereiche. Also irgendwie so zum Beispiel, das ich erst jüngst hatte, Dachziegelproduktion.

In Deutschland gibt es eine massive Dachziegelüberkapazität an Werken. Auch in der Holzproduktion gibt es viel zu viele Sägewerkskapazitäten. Warum ist das überhaupt passiert? Die Sägewerke haben voll automatisiert. Jetzt habe ich Megatrümmer von Sägewerken, wo nur noch wenige Menschen arbeiten. Dafür habe ich in Deutschland früher zigtausende von Sägemühlen gebraucht, wo mühsam Leute das Zeug gesägt haben. Das brauche ich heute aber nicht mehr. Das hat man dann jetzt getan und es bleiben nur ein paar wenige übrig.

Aber im Umkehrschluss, so günstig wie heute kommen wir nicht an unser Bauholz. Und zwar Bauholz in einem Qualitätsniveau, das war so früher nicht vorgesehen. Früher habe ich sägeraue Balken gehabt, die waren noch halb krumm. Deswegen sehen die Häuser von den alten Dächern immer noch so ein bisschen schief aus. Gibt es heute nicht mehr. Also das Qualitätsniveau mit den Kosten, die wir dann in der Automatisierung zusammenkriegen, geht nicht arg viel anders.

ANDREA SPIEGEL: Ja, gut so ist es.

PASCAL LÖCHNER: Also ich würde es noch nicht mal als schlecht titulieren, weil so viele Menschen, wie jetzt waren wir noch nie auf dem Erdball und irgendwie gelingt es uns ja doch. Keiner der Menschen fällt ja schlagartig tot um wegen der Automatisierung.

ANDREA SPIEGEL: Es werden sich wieder andere Felder ergeben.

ANDREA SPIEGEL: Zum Abschluss würde ich gerne nochmal, das hat vorhin Spaß gemacht mit der kleinen Traumfabrik, sowas ähnliches machen und zwar ein bisschen mit Weitblick.

Was an Technologien oder Möglichkeiten wird sich so in den nächsten 5 bis 20 Jahren, je nachdem, wie weit du gehen willst, im Lager entwickeln? Wo steckt man vielleicht in den Kinderschuhen? Worauf kann man sich freuen?

PASCAL LÖCHNER: Da habe ich eine ganz spannende Vision für mich selber. Ich weiß noch nicht, wie real die dann nachher werden kann. So eine landläufige, die ist schon relativ klar, wie der Automatisierungsbereich und dass man deutlich weniger Menschen für nicht wertschöpfende Arbeiten braucht. Das ist ein Faktor oder ein Umstand, der zeichnet sich jetzt schon ab. Stapler tauscht man gegen FTS aus, die FTS fahren von alleine. Alle Tätigkeiten, die irgendwie nur Geld kosten und nichts bringen, die wird man versuchen zu eliminieren. Das ist so die Vision in der einen Ecke.

Da würde uns die Technologie natürlich klar helfen, dass man weiß, wo was ist, in welchem Zustand befinden sich die Dinge, sind alle im Internet oder im Netzwerk vorhanden. Ich kann in Echtzeit darauf zugreifen. Das ist so die eine Vision, wobei das schon ein bisschen absehbar ist. Amazon macht es uns vor, da gibt es einfach 5000 Regale im Lager, die Regale fahren von alleine irgendwo hin. Da steht nur noch jemand, der nimmt das Regal raus. Da gibt es keine oder wenige Staplerfahrer im klassischen Sinne.

Eine andere Vision, die ich mir gut vorstellen kann, ist der Ruf der Individualität. Der ist ja nach wie vor da. Der nimmt heute auch immer stärker zu. Die Zeiten der Stangenware sind ja auch schon eine Weile vorbei. Individualität erfordert aber großen Unternehmen viel Energie, weil ich kann im großen Maßstab nur gering oder nur in einem gewissen Maß auf Individualität eingehen. Also wird es diese Kleinunternehmen oder KMUs oder so, die wird es immer geben. Auch die werden effizienter ihr Zeug abwickeln zu wollen. Ich kann mir schon vorstellen, dass dann diese Automatisierung, die heute noch extrem kostenintensiv ist, dass die dann in Preisregionen nachher kommt und auch Standardisierungslevel erreicht, wo ich mir dann auch als KMU sagen kann, es gibt kleine Mini-Automatik-Läger.

Ich kann mir mal so ein Miet-FTS holen in Hochsaisons. Sowas kann ich mir dann sehr gut vorstellen für diesen kleinen und mittelständischen Bereich. So dass man dort ein Automatisierungslevel erreicht, durch eine starke Standardisierung der Technologien, so wie mit dem Handy früher. Also die ersten Handys, die hatten so eine Antenne und waren so groß. Nur ganz wenige Leute hatten gesagt, ihr werdet bald alle damit rumlaufen.

Noch viel spannender, Bill Gates hat Anfang der 90er Jahre ein Buch geschrieben, da hatte er damals eine Vision formuliert, da waren mobile Geräte noch so was von weit weg. Wir werden kleine Computer haben und man braucht keinen Desktop-Computer mehr, jeder wird einen dabeihaben.

Und das Anfang der 90er Jahre, als die Rechner noch eine Turbo-Taste hatten und einen 3,64er Arbeitstakt oder so. Das konnte sich kein Mensch vorstellen. Heute ist das gang und gäbe.

So kann ich mir das da dann auch gut vorstellen, also im Bereich Logistik, Lager, Fertigung oder auch Roboterzellen. Wir hatten erst neulich ein spannendes Gespräch über Mietroboterzellen. Da stellt ein Unternehmen kleine Mini-Roboter her, also so wie ein großer Kugano, nur irgendwie in kleiner. Dieser passt auf den Tisch drauf, alles ist modular aufgebaut. Den stecke ich zusammen und habe eine einfache Tätigkeit, wo ich handgriffsmäßig was zusammenstecken muss, so ein Pro-Roboter. Dem bringe ich ihm über ein einfaches Programm, das dann bei, die manuelle Tätigkeit geht weg und auch da kriegt man dann eine Automatisierung hin, wenn man es möchte.

ANDREA SPIEGEL: Pascal, ich danke dir ganz herzlich für das Gespräch. Wir sind am Ende angelangt und ich danke dir auch für deine Zeit und für die tollen Einblicke ins Lager 4.0.

Wir hoffen, ihr konntet wieder einiges mitnehmen und wenn ihr noch Fragen oder weitere Themenwünsche habt, schreibt uns die gerne wieder unten in die Kommentare oder lasst uns einen Daumen nach oben da. Genauso natürlich auch gerne immer eine Bewertung auf iTunes, Spotify und Co. Schön, dass ihr dabei wart, danke dir nochmal und bis zum nächsten Mal.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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