ANDREA SPIEGEL: Ich finde, das klingt eigentlich relativ einfach und nicht so schwierig. Warum tun sich trotzdem so viele Unternehmen immer noch schwer, sich mit diesen KPIs auseinanderzusetzen, diese Daten zu erfassen und das dann in BI-Dashboards oder Ähnlichem umzusetzen? Vorhin hast du gesagt, dass Produktion für viele Unternehmen immer noch eine Blackbox ist, obwohl sie oft das Flaschenhals-Thema einer Firma sein kann. Gerade wenn man auf die Produktion angewiesen ist, damit hinten etwas herauskommt, um zu verkaufen. Warum ist das so? Warum macht das nicht einfach jeder?
SABRINA REIN: Ich glaube, das hat zwei Faktoren. Der eine Faktor ist, dass die Daten zwar da sind, man aber in der Illusion lebt, dass sie einem etwas bringen, zum Beispiel bei der Einführung weiterer Software-Systeme. Dann sind sie da, aber man hat sie doch nicht im Überblick, weil sie in diesen Datenbanken verschwunden sind. Eine Person, die sich noch nicht mit IT auseinandergesetzt hat, kann mit den Datenbanken, selbst wenn sie Zugang hätte, nicht viel anfangen.
ANDREA SPIEGEL: Das ist dann so ein Fall von „erst mal haben“?
SABRINA REIN: Genau, erst mal haben, aber dann irgendwie nicht weitermachen. Man ist erst einmal zufrieden und beschäftigt sich vielleicht lieber mit Nebenprojekten, lässt es dann liegen und es wird nie wirklich angegangen, ohne die zugrunde liegenden Probleme zu erkennen. Man gewöhnt sich daran, Entscheidungen auf Basis von Bauchgefühl oder Excel-Auswertungen zu treffen und kommt dadurch nicht weiter.
Das ist der erste Punkt: Der anfängliche Schritt verursacht keine realen Kosten, wie zum Beispiel Ausschuss in der Produktion, sondern eher Manager-Probleme, die durch extrem viel Mehraufwand ausgeglichen werden.
Der zweite Punkt, den ich sehr oft beim Thema KPIs sehe, ist der Anspruch, alles 100 Prozent perfekt zu machen. KPIs sollen so definiert werden, dass sie in allen Fällen genau passen. Das ist in den ersten Schritten nicht möglich. Meine Empfehlung ist: Es ist wichtig, die KPIs wohlüberlegt zu definieren. Aber lasst uns erst einmal mit den 80 Prozent starten. Wenn dann Sonderfälle auftreten, zum Beispiel ein nicht ausgefülltes Datenfeld oder ein fehlerhafter Wert, ist das okay. Wir sehen das im BI-Report und können nach und nach optimieren, sodass wir überhaupt ins Laufen kommen. Wenn wir von Anfang an versuchen, 100 Prozent zu erreichen, werden wir es nie schaffen.
ANDREA SPIEGEL: Dann kann man nicht wirklich anfangen.
SABRINA REIN: Genau.
ANDREA SPIEGEL: Das wäre schade. Du hast jetzt schon viel über BI, über Dashboards und so weiter. Das ist am Ende auch das, was dem Produktionsleiter vor allem den Überblick verschafft. Du hast es schon schön beschrieben: Der kommt morgens rein und sieht gleich, was in der Nachtschicht passiert ist.