#102 Herausforderungen im technischen Einkauf mit Christoph Prinz

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Der technische Einkauf für Fräs- und Drehteile hat´s nicht leicht: Wie Detektiv:innen müssen diese Unternehmen abklappern, Internetseiten durchforsten und oft zum Hörer greifen und direkt nachfragen. Eine wahre Suche nach der Nadel im Heuhaufen!

Hier findest du übrigens einen 5-Punkte-Plan, wie du deinen Field Service Management digitalisiert bekommst.

In der heutigen Folge denken wir an euch und sprechen mit Christoph Prinz, Gründer und CEO von PartPrinZ. Mit über zehn Jahren Erfahrung im technischen Einkauf zapfen wir sein Wissen und seine Erfahrungen an und klären mal, wie mehr Transparenz in den Markt kommen könnte.

Auf den Tisch kommen innovative Lösungsansätze dank digitaler Plattformen, mehr Automatisierung und natürlich KI.

Außerdem beleuchten wir die aktuellen Herausforderungen und warum das alles so mühsam und intransparent ist.
Ganz und gar nicht intransparent fragen wir euch jetzt direkt: Kennt ihr die Probleme beim technischen Einkauf und habt Ideen und Lösungen?

Das Transkript zur Podcast-Folge: Herausforderungen im technischen Einkauf

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0, dem Experten-Talk für den Mittelstand.
Jeder von euch, der das hier als Video anschaut, hat schon gesehen, dass der Stuhl neben mir leer ist, was sehr ungewöhnlich für uns ist. Wir sind erst vor Kurzem in dieses neue Studio umgezogen und haben wieder eine Neuerung für euch mitgebracht. Wir machen heute nämlich unseren allerersten Remote-Podcast. Das heißt, wir nehmen meinen Gesprächspartner remote auf. Er ist bei sich in der Firma unterwegs. Da lernt ihr gleich mehr darüber und mit wem wir heute sprechen. Wir schauen uns heute das Thema technischer Einkauf von Dreh- und Frästeilen beziehungsweise die Beschaffung dieser Teile an. Wie man diesen Herausforderungen, diesem Thema und Markt begegnen kann und warum das ein Thema ist, über das wir heute sprechen sollten. Warum es manchmal wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen ist anstatt eines einfachen Einkaufens – wie wir das aus unserem Privatleben kennen. Das schauen wir uns heute genauer an.

ANDREA SPIEGEL: Bei mir ist Christoph Prinz. Er ist Gründer und CEO von PartPrinZ. Ich freue mich sehr, dass du heute da bist, beziehungsweise zugeschaltet bist.
CHRISTOPH PRINZ: Hallo. Heute machen wir das erste Mal remote und ich freue mich, da sein zu dürfen – in digitaler Form.
ANDREA SPIEGEL: Wir sind gespannt. An der Stelle wie immer auch für euch alle noch mal der Hinweis: Diese Folge gibt es natürlich auch als Video bei YouTube zu sehen. Schaut da mal auf unserem Kanal vorbei, wir freuen uns.
Christoph, ich habe kurz erwähnt, dass du der Gründer und CEO von PartPrinZ bist und etwas von Dreh- und Frästeilbeschaffung erzählt. Aber was genau machst du? Was hast du für eine tolle Firma gegründet und wer bist du?
CHRISTOPH PRINZ: Ich bin Christoph Prinz. Zusammen mit meinem Mitgründer, dem Marc Pfeifer, haben wir PartPrinZ ins Leben gerufen. Das kann man sich so vorstellen wie ein Check24, Verivox oder ein Booking, nur für Zerspanungsteile, also eine Vergleichsplattform. Das heißt, wir matchen die Herausforderungen oder die Anforderungen von Zerspanungsteilen mit passenden Lieferanten, sodass wir eine höhere Transparenz bereitstellen können. Die administrativen Aufwände werden um bis zu 65 Prozent reduziert. Wir sind damit auch digital unterwegs und können somit diesen traditionellen Markt aufmischen und vereinfachen.
ANDREA SPIEGEL: Das hört sich spannend an. Da schauen wir jetzt gleich näher rein oder in deine ganzen Erkenntnisse aus den letzten Jahren, in denen du dich mit dem Thema tiefer beschäftigt hast. Bei uns im Podcast stelle ich am Anfang eine kleine Frage – die nichts mit dem Thema zu tun hat – um die Gäste persönlich besser kennenzulernen. Für dich habe ich mir heute überlegt: Dein Herz schlägt für das Thema technischer Einkauf – sonst hättest du diese Firma nicht gegründet. Aber was machst du, wenn du nicht an deiner Firma arbeitest?
CHRISTOPH PRINZ: Wenn ich nicht an meiner Firma arbeite, bin ich oft mit meiner Familie draußen unterwegs. Ich habe drei Kinder und die möchten bespaßt werden. Da sind wir sehr gerne draußen unterwegs. Ich gehe aber auch gerne bouldern. Raus aus dem Büro und rein in die Natur.
ANDREA SPIEGEL: In die Natur und ins sportliche Erleben rein. Familie ist auch nie ein Fehler. Hört sich super an. Dann vielen Dank für den kleinen Einblick.

ANDREA SPIEGEL: Wir legen direkt los. Mich würde noch interessieren – in meinem täglichen Doing begegnet mir dieses Thema nicht sehr häufig. Wir als Softwareunternehmen haben keine Aktien in der Beschaffung von Teilen. Warum hast du die Notwendigkeit erkannt, ein solches Unternehmen zu gründen und was hat dich dazu bewogen? Welche Herausforderungen gibt es in diesem Markt?
CHRISTOPH PRINZ: Ich bin seit über zehn Jahren im technischen Einkauf tätig. Dabei bin ich immer wieder auf verschiedene Herausforderungen gestoßen – besonders im Bereich Zerspanungsteile. Dieser Markt ist sehr intransparent, mit hohem administrativem Aufwand verbunden und wenig Digitalisierung.
Ein Beispiel: Wenn ich bei einem Zerspanungsbetrieb anrufe und nach dem Liefertermin frage, höre ich oft im Hintergrund Bücherblätter. Dann weiß ich: Hier stimmt etwas nicht. Fehlt mir zudem das technische Know-how, um Zeichnungen zu lesen oder den Anwendungsfall der Teile zu verstehen, wird es schwierig, passende Lieferanten zu finden.
ANDREA SPIEGEL: Das heißt, es sind der administrative Aufwand, die fehlende Digitalisierung und die Intransparenz, die den Einkauf so schwierig machen?
CHRISTOPH PRINZ: Genau.

ANDREA SPIEGEL: Warum ist es für Unternehmen so schwierig, das hinzubekommen? Ich kann mir vorstellen, dass man in einem produzierenden Unternehmen irgendwann auch seine Stammlieferanten hat und sich in der Branche auskennt. Das stelle ich mir eigentlich als relativ einfach vor. Warum ist es dennoch nicht so einfach?
CHRISTOPH PRINZ: Wie gesagt: Solche Teile lassen sich nicht einfach „ergoogeln“, weil sie sehr individuell sind. Wenn ich zum Beispiel Katalogware kaufe – Artikel von der Stange – kann ich sie mittlerweile gut im Netz vergleichen. Das kennt man auch aus dem Privaten. Bei Zerspanungsteilen ist das nicht möglich. Ich muss genau wissen, welche Zerspanungsunternehmen infrage kommen und idealerweise selbst ein gewisses technisches Know-how mitbringen. Wenn das fehlt, bin ich in dieser Sache ziemlich lost.
Ich kann mich auch nicht immer auf die Websites der Zerspanungsunternehmen verlassen, weil diese oft veraltet sind, Informationen fehlen oder so fachspezifisch formuliert sind, dass man sie nicht versteht. Was bleibt ist meine Anfrage breit zu streuen und abzuwarten oder zum Telefonhörer zu greifen und hinterherzutelefonieren: „Könnt ihr dies oder jenes?“ Das ist sehr zeitintensiv.

ANDREA SPIEGEL: Der aktuelle Beschaffungsprozess sieht also so aus: Ich bekomme eine technische Zeichnung und die Anweisung, ein Unternehmen zu finden, das dieses Teil herstellen kann. Dann fange ich an zu suchen. Entweder habe ich Glück und weiß zufällig, bei wem ich es bekomme oder ich muss wirklich telefonieren. Gibt es noch andere Möglichkeiten?
CHRISTOPH PRINZ: Ja, neben uns gibt es inzwischen andere etablierte Plattformen, um zumindest Ad-hoc-Preise zu erhalten – zum Beispiel durch Sofortpreiskalkulationen oder über Ausschreibungsplattformen. Die haben alle ihre Berechtigungen und treiben den Digitalisierungsschritt voran. Aber der Großteil des Marktes läuft nach wie vor über diese traditionellen Wege.

ANDREA SPIEGEL: Du hast gerade das Thema Preis und Preisstruktur angesprochen. Am Ende hat man den Wunsch, ein Teil so hochwertig wie möglich, aber zu einem möglichst günstigen Preis zu erwerben. Die Vergleichbarkeit der Anbieter ist aktuell sehr schwierig. Verstehe ich das richtig?
CHRISTOPH PRINZ: Genau richtig. Wenn ich auf dem traditionellen Weg bleibe, schreibe ich E-Mails, hänge die Dokumente an und stelle meine Anfrage. Die Lieferanten müssen erst einmal sortieren, welche Anfragen überhaupt passen. Wenn sie dann die Angebote erstellt haben – was zum Teil sehr zeitintensiv ist – kommen sie bei mir, als Einkäufer, in unterschiedlichen Formaten zurück. Manche schicken nur einen Fließtext per E-Mail, andere eine Excel-Tabelle, wieder andere ein PDF-Dokument.
Wenn ich nur ein, zwei oder drei Teile habe, kann ich das noch recht gut vergleichen. Bei zehn Positionen beispielsweise und fünf Angeboten in unterschiedlichen Layouts sieht das schon anders aus. Dann wird meist eine Excel-Tabelle angelegt, um alles in ein einheitliches Layout zu bringen. Excel-Tabellen haben ihre Tücken, wie jeder weiß: Tippfehler, Formelfehler, man kann nicht gleichzeitig mit mehreren daran arbeiten. Wenn zum Beispiel die Entwicklungsabteilung noch Daten ergänzt, entstehen schnell unterschiedliche Aktualisierungsstände und wild verstreute Kopien. Das kann sehr ausarten und sehr fehleranfällig sein.

ANDREA SPIEGEL: Ich kann mir vorstellen, dass der Informationsstand sehr unterschiedlich ist. Ich als Einkäufer habe wahrscheinlich andere Informationen darüber, was die verschiedenen Hersteller überhaupt anbieten und was ich konkret anfragen muss – also ein Wording-Thema. In der einen Firma heißt das vielleicht so, in der anderen anders. Ist das auch ein Problem? Oder sind die Informationen zwischen Anbieter und Endnutzer relativ gleich verteilt?
CHRISTOPH PRINZ: Das kommt ganz darauf an. Die Teile sind sehr individuell. Wir haben zum Teil auch interne Probleme: Zeichnungen sind nicht immer auf dem aktuellen Stand oder es wurden mündliche und relevante Absprachen getroffen, die nicht dokumentiert sind. Dieses Wissen geht dann verloren, wenn man zu einem neuen Lieferanten wechselt.
Dann fängt man bei den Qualitätsstandards oder Messverfahren wieder von vorn an. Oft ist nicht genau definiert, wie das Teil in der Warenausgangskontrolle geprüft werden soll – weder beim neuen Lieferanten noch beim Einkäufer. Da ist sehr viel Kommunikation nötig und ein regelmäßiges Aktualisieren der Daten.
ANDREA SPIEGEL: Das ist nicht so einfach, wenn man mit nicht-digitalen Tools arbeitet. Klar, meine Excel-Tabelle liegt auf meinem PC, aber sie ist nicht vernetzt und wird nicht automatisch aktualisiert.

ANDREA SPIEGEL: Wir wissen, dass du eine Lösung im Bereich Digitalisierung geschaffen hast, um die ganze Intransparenz, das Hin und Her und die vielen Daten und Informationen zu bündeln. Du hast schon gesagt, es ist sehr individuell und komplex, je nach Anfrage unterschiedlich. Wie habt ihr das gemacht? Was habt ihr für die Suchenden und die Anbieter zusammengestellt, um alles auf einem Portal zu streamlinen, sodass man später alles findet?
CHRISTOPH PRINZ: Wir können über unser System automatisch aus den mitgelieferten Dateien – dem PDF-Zeichnungsdokument und dem 3D-STEP-Modell – bestimmte Parameter auslesen, wie zum Beispiel Abmaße, Toleranzen, Materialien und weitere Informationen. Anhand dieser Parameter gleichen wir die Möglichkeiten der Zerspanungsunternehmen ab.
Ein klassisches Beispiel: Wenn ich ein Frästeil habe, sollte ich nicht bei einer Dreherei anfragen – das führt zu keinem oder zu einem schlechten Angebot. Wir setzen hier eine Vorfilterung: Nur passende Lieferanten werden angezeigt. Den Einkäufern liefern wir zusätzlich Parameter zu den Lieferanten, was besonders bei neuen Anbietern wichtig für die Entscheidungsfindung ist.
Die Angebotserstellung erfolgt direkt auf der Plattform, sodass alle Angebote ein einheitliches Layout haben. Unterschiedliche Excel-Tabellen, E-Mail-Texte und PDF-Formate gehören damit der Vergangenheit an. Außerdem visualisieren wir die Vergleichbarkeit per Ampelsystem: Grün für die besten, Gelb für mittlere und Rot für ungünstigste Konditionen. Das macht den Vergleich sehr intuitiv, ohne jede Zahl im Detail prüfen zu müssen – selbst bei vielen Positionen. So reduzieren wir den Aufwand deutlich.
Im nächsten Schritt kann man dann direkt über unser System beim ausgewählten Lieferanten bestellen. Das hat den Vorteil, dass man bei einer Wiederbestellung immer weiß, wo man das Teil herbekommt. Wir arbeiten außerdem mit Statusanfragen: Der Einkäufer sieht, ob der Lieferant das Angebot gelesen hat und umgekehrt. Dadurch entfallen viele administrative Nachfragen, wie: „Haben Sie mein Angebot erhalten?“ – was insgesamt wieder Zeit spart.

ANDREA SPIEGEL: Du hast ganz am Anfang gesagt, dass ihr aus den hochgeladenen Dokumenten Zahlen ablesen könnt. Wie macht ihr das? Sitzt da tatsächlich jemand und liest sie manuell ab? Wahrscheinlich nicht. Aber wie bekommt ihr die Zahlen heraus?
CHRISTOPH PRINZ: Marc und ich haben die Plattform komplett selbst entwickelt – ab Zeile eins haben wir das selbst geschrieben. Dafür spezielle Algorithmen entwickelt, um automatisch Informationen zu extrahieren. Gleichzeitig arbeiten wir mit Partnern zusammen, um den Nutzerwert weiter zu steigern und die Lösung kontinuierlich zu optimieren – damit wir immer schneller die optimalen Lieferanten finden. Die größte Herausforderung ist dabei, dass die Zeichnungen sehr individuell sind. Deshalb muss man das ständig weiterentwickeln und mit KI daran arbeiten.
ANDREA SPIEGEL: Genau das wollte ich gerade ansprechen: Die Frage ist, ob alle Dokumente nach einem Schema aufgebaut sind. Ich denke, verschiedene Firmen nutzen unterschiedliche Programme für ihre Zeichnungen. Das stellt auf jeden Fall eine Herausforderung dar.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt hast du schon ein tolles Stichwort genannt: KI. Das wäre auch noch eine Frage von mir gewesen. Seid ihr da schon in der Planungsphase? Arbeitet ihr schon an KI-Einsatz in eurem Business?
CHRISTOPH PRINZ: Wir arbeiten bereits daran, nutzen es aber momentan noch nicht. Um KI sinnvoll anzuwenden, braucht man einen entsprechend großen Datensatz. Wenn dieser noch nicht vorhanden ist, kann die KI keine verlässlichen Aussagen treffen. Wir sind aber dran, denn perspektivisch wird KI auch in dieser Branche immer mehr Anwendungsfälle finden.

ANDREA SPIEGEL: Habt ihr euch bei der Entwicklung eurer Plattform – du hast gesagt, ihr habt den Code ab Zeile eins komplett neu geschrieben – an anderen großen Plattformen orientiert? Du hast eingangs Check24 & Co. erwähnt, also klassische Vergleichsportale. Habt ihr euch daran orientiert oder einen komplett neuen Ansatz gewählt? Oder hat die Struktur Ähnlichkeiten zu anderen Vergleichsportalen in anderen Marktsegmenten?
CHRISTOPH PRINZ: Grundsätzlich folgt das Prinzip einer Vergleichsplattform bei uns dem von Check24. Der Ablauf unterscheidet sich jedoch aufgrund der speziellen Anforderungen unserer Branche. Ich habe meine Erfahrung aus dem technischen Einkauf eingebracht und weiß genau, wie der Prozess abläuft. Deshalb haben wir die Entwicklung sehr eigenständig umgesetzt. Trotzdem bleibt der Kern – mehrere Anbieter einheitlich zu vergleichen und das beste Angebot auszuwählen – derselbe.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es denn – abgesehen von KI – noch größere Veränderungen, die du in den nächsten fünf bis zehn Jahren für diesen Bereich erwartest?
CHRISTOPH PRINZ: Natürlich werden KI-Anwendungen zunehmen. Außerdem werden die Anforderungen an die Bauteile deutlich steigen – etwa in der Halbleiterindustrie, in der Medizintechnik, in der Raumfahrt oder im Leichtbau.
Gleichzeitig wird die Geschwindigkeit im Anfrage- und Angebotsprozess weiter zunehmen, weil Einkäufer Preise immer schneller benötigen, um national und international dem Wettbewerbsdruck standzuhalten. Insgesamt werden wir eine höhere Transparenz am Markt sehen, nicht zuletzt, weil die Nachwuchskräfte in einer digitalen Welt aufgewachsen sind und Echtzeitinformationen erwarten: automatische Auftragsbestätigungen, Versandbenachrichtigungen mit einem Link zum jeweiligen Versanddienstleister wie DHL oder DPD. Solche Informationen werden auch in unserer Branche perspektivisch unverzichtbar sein. Da sehe ich diese Veränderungen.

ANDREA SPIEGEL: Du hast vorhin gesagt, es handelt sich um ein Vergleichsportal und grundsätzlich um Zerspanungsteile. Es gibt aber auch Trends – vielleicht ist das eine blöde Frage, verzeih mir, wenn ich falsch liege – etwa additive Fertigung wie 3D-Druck. Spielt das im Kontext dieser Teile eine Rolle? Kann man nicht auch Fräs- oder Drehteile per 3D-Druck herstellen? Oder ist das aktuell kein Thema für eure Planung und spielt das keine Rolle weitere Anbieter mit hinzuzunehmen?
CHRISTOPH PRINZ: Was die Anbieter betrifft, werden wir perspektivisch auf jeden Fall auch auf Blechteile und additive Verfahren erweitern. Du hast recht, dass immer mehr Sachen additiv gefertigt werden können. Allerdings ist die Materialauswahl jenseits von Kunststoffen – also Metalle wie Aluminium oder Edelstahl – noch sehr begrenzt. Zudem steigen die Anforderungen an Genauigkeit und Komplexität der Bauteile. Aktuell stößt die rein additive Herstellung da an ihre Grenzen: Oft muss trotzdem noch subtraktiv, also mit Drehen oder Fräsen, nachgearbeitet werden.
Ich glaube nicht, dass die additive Fertigung die subtraktive komplett ablösen wird. Vielmehr ergänzen sich die Verfahren: Additive Verfahren bieten beim Leichtbau mehr Freiheitsgrade als Fräsen oder Drehen, während subtraktive Verfahren weiterhin für hohe Genauigkeit sorgen.
ANDREA SPIEGEL: Genau, so kann man jeweils das Verfahren nutzen, das den größten Mehrwert für das jeweilige Bauteil bietet.

ANDREA SPIEGEL: Was ist denn deine Einschätzung zur Digitalisierung am Markt? Du hast es am Anfang beschrieben – viele Firmen telefonieren noch herum. Wie schnell wird sich das deiner Meinung nach verändern? Du hast schon gesagt, der Nachwuchs ist eher daran gewöhnt, mit digitalen Tools zu arbeiten. Würdest du sagen, ihr habt schon eine gute Durchdringung der deutschen Unternehmen, die bei euch Bestellungen aufgeben? Oder siehst du noch viel Potenzial, weil Digitalisierung noch nicht bei allen angekommen ist?
CHRISTOPH PRINZ: Da geht auf jeden Fall noch viel – wirklich enorm viel. Es ist ein langer Prozess. Viele Unternehmen arbeiten seit zehn oder zwanzig Jahren mit eingefahrenen Prozessen. Um sich für Digitalisierung zu öffnen, muss man intern Prozessveränderungen anstoßen. In anderen europäischen Ländern ist man da teilweise schon deutlich weiter. Das ist auch wettbewerbsrelevant: Wenn ich meine Prozesse verschlanken und schneller sein kann, bekomme ich eher den Auftrag oder kann kostengünstiger anbieten. Außerdem findet man durch Digitalisierung versteckte Kosten im Prozess, wenn ich eine Digitalisierung implementiere. Da ist noch sehr viel zu tun.
ANDREA SPIEGEL: Da ist also noch Luft nach oben. Aber das ist ja auch schön. Das heißt dir wird nicht langweilig.
CHRISTOPH PRINZ: Mir wird nicht langweilig, genau. Das sehe ich als Chance, nicht als Problem.
ANDREA SPIEGEL: Die müssen wir nur ergreifen.
CHRISTOPH PRINZ: Absolut.

ANDREA SPIEGEL: Hast du noch Tipps oder Tricks, die du unseren Zuhörerinnen und Zuhörern mitgeben möchtest? Worauf sollte man bei der Beschaffung von Dreh- und Frästeilen unbedingt achten?
CHRISTOPH PRINZ: Man sollte sich immer klarmachen, um was für Teile es sich handelt. Zum Beispiel: Bei einfachen Bauteilen mit geringen Toleranzen und ohne spezielle Materialanforderungen lohnt es sich, kleinere Zerspanungsunternehmen auszuwählen. Dort sind die Personalkosten oft niedriger, die Abläufe schlanker und die Hierarchien flacher – das wirkt sich positiv auf den Preis aus. So kann man oft günstiger einkaufen als bei einem Unternehmen mit hundert oder zweihundert Mitarbeitern.
Außerdem empfehle ich Testbestellungen und gegebenenfalls einen Besuch vor Ort, insbesondere bei größeren Volumen. Es ist ein komplexes Thema, und man bestellt nicht von heute auf morgen mehrere hunderttausend Euro. Solche Lieferantenbeziehungen entwickeln sich Schritt für Schritt.
ANDREA SPIEGEL: Wie du schon gesagt hast, ist die persönliche Beziehung zum Lieferanten oft hilfreich.
CHRISTOPH PRINZ: Genau. Und das Schöne bei uns ist: Man kann bestehende, vertraute Lieferanten auf unsere Plattform bringen. Diese werden als Favoriten hinterlegt. Ich sehe dann sofort im Anfrageprozess, ob meine Lieferanten den Auftrag abdecken können. Wenn ja, erhalte ich einen einheitlichen Angebotsvergleich und die Bestellung geht trotzdem direkt an den jeweiligen Lieferanten. Ihnen wird also nichts weggenommen.
ANDREA SPIEGEL: Das ist immer gut – sonst bekommen die Leute gleich Verlustängste.
CHRISTOPH PRINZ: Ja, richtig.
ANDREA SPIEGEL: Gibt es noch irgendetwas, das ich dich nicht gefragt habe und das du unbedingt loswerden möchtest, weil es ein superwichtiges Thema ist?
CHRISTOPH PRINZ: Vielleicht noch einmal zum Thema Digitalisierung und Prozessoptimierung: Das sind Schlagwörter, die man oft hört – genau wie KI-Buzzwords, Transformation oder Change Management. Viele können das kaum noch hören. Das sind Schlagworte, die mittlerweile zu oft genutzt werden.
Wenn man aber noch keine digitalen Lösungen hat oder intern nicht die Kapazitäten bzw. finanziellen Ressourcen, lohnt es sich trotzdem, den Status quo einmal genau zu prüfen: Wo sind Flaschenhälse, warum entstanden sie, und lassen sie sich durch Prozessverschlankung lösen? Oft sind Abläufe historisch gewachsen und längst überholt.
Außerdem sollte man Redundanzen einbauen: Wenn nur eine Person einen Prozess anstößt, kann im Krankheitsfall, bei Kündigung oder Ruhestand oder Fachkräftemangel entstehen. Es gilt, Verantwortlichkeiten so zu verteilen, dass niemand überlastet wird. Man kann auch einfache digitale Lösungen integrieren, ohne das ganze Unternehmen umzukrempeln: etwa eine Cloud für den Dokumentenaustausch, Visualisierungen im bestehenden ERP-System oder regelmäßige Kennzahlen-Auswertungen. Wenn man sich einmal pro Woche seine definierten KPIs anschaut, lassen sich potenzielle Flaschenhälse frühzeitig erkennen. Das sind einfache Maßnahmen, die man umsetzen kann, ohne das komplette Unternehmen auf links zu drehen.
ANDREA SPIEGEL: Neu denken.

ANDREA SPIEGEL: Vielen Dank für deine Zeit. Man könnte in das Thema sicher noch viel tiefer einsteigen, aber angesichts der Zeit mache ich hier erst einmal einen Knopf an die Sache und lasse den Rest offen. Schaut auf jeden Fall bei PartPrinZ vorbei, falls euch das Thema Zerspanungsteile, Dreh- und Frästeile interessiert. Wir haben uns die aktuellen Herausforderungen am Markt angeschaut, über die Intransparenz gesprochen und natürlich auch über Digitalisierung und Automatisierung als Lösungsansätze. Außerdem haben wir einen Blick darauf geworfen, was am Markt in den nächsten Jahren noch auf uns zukommen könnte. Vielen Dank für deine Zeit, Christoph, das hat mir viel Spaß gemacht.
CHRISTOPH PRINZ: Ich habe zu danken. Vielen Dank!
ANDREA SPIEGEL: Wenn ihr noch Fragen zu dem Thema habt, stellt sie uns gerne in den Kommentaren, per E-Mail oder über unsere Social-Media-Kanäle. Wir leiten sie dann an Christoph weiter. Wenn euch die Folge gefallen hat, lasst uns einen Daumen nach oben da und schreibt uns, falls ihr Ideen für weitere Podcast-Folgen habt. Wir freuen uns auch über eure Bewertungen bei Apple Podcasts oder Spotify. Macht’s gut und bis zum nächsten Mal!

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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