#20 Maschinendatenerfassung (MDE) mit Jens Malso

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

In Folge #20 unserer Videoshow sprechen wir mit Jens Malso, Geschäftsführer der L-mobile systeme, über Maschinendatenerfassung in der Fertigung.

Welche Voraussetzungen braucht MDE? Welche IT-Infrastruktur muss ich in meiner Fabrik oder meinem Unternehmen haben? Welchen Mehrwert bringt Maschinendatenerfassung und welche Maschinen sind dafür überhaupt geeignet? Wir haben Jens Malso auch gefragt, welche Daten dabei gesammelt werden und wie man diese sinnvoll nutzen kann.

Außerdem klären wir, warum die Maschinendatenerfassung die Grundlage für eine Smart Factory, Digitale Zwillinge und Industrie 4.0 ist. Und zum Abschluss gibt Jens nochmal drei Tipps zum Thema MDE.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Maschinendatenerfassung (MDE)

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0, der Experten-Talk für den Mittelstand. Heute widmen wir uns dem Thema Maschinedatenerfassung und schauen uns auch an, warum es in diesem Kontext so wichtig ist, richtig zuzuhören. Darüber spreche ich heute mit meinem Kollegen Jens Malso von L-mobile Systeme aus Bonn. Hallo Jens, schön, dass du da bist.

JENS MALSO: Hallo Andrea.

ANDREA SPIEGEL: Wie immer an dieser Stelle nochmal der Hinweis: Diese Folge ist auch als Podcast bei Spotify, iTunes und Co. verfügbar, also schau gerne dort mal rein. Jens, könntest du dich bitte kurz vorstellen und uns erzählen, wer du bist und was du bei L-mobile Systeme machst, oder generell, was ihr dort macht?

JENS MALSO: Natürlich, Andrea. Ich bin Jens Malso und schon seit langer Zeit bei L-mobile. Ich habe praktisch schon alle Positionen durchlaufen, außer die eines Kochs. Ursprünglich bin ich ein Programmierer von Herzen, aber in letzter Zeit habe ich mich mehr auf Konzepte und Projekte spezialisiert, und denke darüber nach, wie wir neue Ideen in Software umsetzen können. L-mobile Systeme in Bonn ist ein Teil der L-mobile Familie, und wir haben unseren Schwerpunkt auf Fertigung und komplexe Lagerprojekte gelegt. Das liegt auch daran, dass wir uns intensiv mit den neuesten Technologien in diesem Bereich auseinandersetzen. Unsere Projekte sind in erster Linie hardwarenah und konzentrieren sich auf Lager, Fertigung und insbesondere Logistik. Und seit Kurzem bieten wir auch Service-Projekte in Bonn an, ein ganz neues Betätigungsfeld für uns.

ANDREA SPIEGEL: Wie wir gerade erwähnt haben, dreht sich unsere heutige Episode um das Thema Maschinedatenerfassung. Aber was genau bedeutet das eigentlich?

JENS MALSO: In den meisten industriellen Prozessen finden die Arbeitsschritte an Arbeitsplätzen statt, an denen Maschinen eingesetzt werden. Soweit ist das noch recht allgemein verständlich. Wenn diese Maschinen jedoch komplex genug sind, verfügen sie über ihre eigene Elektronik und somit über einen Prozessor, der wesentlich mehr Informationen über die Maschine selbst besitzt als nur den Zustand “an” oder “aus”. Die Hauptaufgabe der Mitarbeiter besteht eigentlich darin, den Produktionsprozess zu steuern und nur dann einzugreifen, wenn Probleme auftreten. Die Datenerfassung für IT-Zwecke steht nicht im Mittelpunkt ihrer Aufgaben und kann den Arbeitsablauf eher behindern. Hier setzen wir also die Maschinen ein, um diesen Datenerfassungsprozess zu unterstützen. Hier kommen die sogenannten Signaldaten von den Maschinen ins Spiel. Das bedeutet, wir versuchen, von den Maschinen so präzise und zeitnahe Daten wie möglich zu erhalten, um die Meldeprozesse für die Mitarbeiter zu verbessern oder zu erleichtern. So können sie genauer, häufiger und problemloser Buchungen vornehmen. Dadurch wird auch ein gewisses Gleichgewicht hergestellt, da die Vorstellung eines “gläsernen Mitarbeiters” für viele unangenehm ist.

ANDREA SPIEGEL: Das klingt unangenehm, ja.

JENS MALSO: Absolut, und das aus gutem Grund. Die Maschinen sind bereits vorhanden und können einen Großteil dieser Meldungen selbstständig durchführen. So schaffen wir also einen Ausgleich, bei dem die Maschine die Zustände meldet und der Mensch nicht permanent überwacht wird, wie man es nennen könnte. Außerdem sind die Daten äußerst präzise. Die Maschine meldet die Zustände völlig emotionslos. Aufgrund unseres genauen Wissens über die Maschine können wir auch automatisch Maßnahmen ergreifen, die in diesem Moment sinnvoll sind.

Dies ermöglicht Dinge wie die arbeitslose Produktion, automatische Werkzeugwechsel ohne menschliche Beteiligung und automatische Benachrichtigungsprozesse. Wenn wir also eine Tendenz erkennen, dass eine Störung droht, können wir bereits den Einrichter informieren.

ANDREA SPIEGEL: Das könnte dazu führen, dass die Stillstandszeiten minimiert werden, oder?

JENS MALSO: Genau. Indem wir eine möglichst präzise Planung haben, was an Arbeiten ansteht usw. Die Maschinedatenerfassung in der Fertigung ist ein sehr vielfältiges Feld, und es gibt viele Möglichkeiten, sie zu nutzen. Es ist jedoch nicht immer einfach, dies umzusetzen.

ANDREA SPIEGEL: Wir werden gleich sehen, warum das so ist. Das bedeutet also mehr Transparenz, die durch die Maschinedatenerfassung ermöglicht wird.

JENS MALSO: Absolut. Es ist sozusagen, als wären wir fast schon Teil der Maschine, und näher können wir dem Prozess fast nicht kommen.

ANDREA SPIEGEL: Verstanden. Ja, wir werden uns gleich den Prozess und die damit verbundenen Herausforderungen genauer ansehen.

ANDREA SPIEGEL: Vielleicht kannst du nochmal kurz einen Einblick dazu geben, was brauche ich denn eigentlich an so einer IT-Infrastruktur damit es überhaupt funktioniert. Ich brauche eine Maschine, die irgendwie was melden kann. Es gibt ja vielleicht auch alte Maschinen. Kann man da vielleicht auch was anstecken mit Sensoren oder wie funktioniert das?

JENS MALSO: Also wenn die Maschine in einer idealen Welt in der Lage ist, sich über ein verständliches Medium mitzuteilen, dann ist schon vieles geholfen. Jetzt sind nicht alle Maschinen von 2018. Also gibt auch Maschinen von 1993 und die haben das alles nicht. Und dann bringen wir tatsächlich unsere eigene Hardware mit. Das heißt, wir, ganz bildlich gesprochen, wir schrauben Elektronik an die Maschine und messen selbst. Das gibt es auch. Und die Daten sind nicht schlechter als die Daten von Maschinen, die schon mit Interface kommen.

Fakt ist, die deutsche Mittelstandsindustrie hat diesen Trend erst vor kurzer Zeit überhaupt nur begriffen. Also es wurden 2016 schon noch Maschinen gekauft, die überhaupt keinerlei Schnittstellen mitbringen. Obwohl die Hersteller das anböten, wurde das einfach nicht mitgekauft, denn wer braucht das schon?

ANDREA SPIEGEL: Das hat vielleicht noch zehn Euro mehr gekostet.

JENS MALSO: Wohl möglich sogar. Und ja, und da sind Chancen vergeben worden. Das hätte man einfach mitgemacht und wäre zukunftsfest aufgestellt. Aber wir treffen halt dennoch viele Unternehmen an, wo wir buchstäblich nichts vorfinden.

ANDREA SPIEGEL: Grundsätzlich, eignet sich jede Maschine dafür? Ich meine, wir haben bereits gehört, man kann auch Sensoren an Maschinen anbringen oder etwas daran anschließen, um das zu ermöglichen. Gibt es jedoch Maschinen, bei denen dies aus bestimmten Gründen nicht möglich ist?

JENS MALSO: Im Prinzip kann man an jeder Maschine Messungen durchführen. Das ist auf jeden Fall möglich. Doch hier kommt der entscheidende Punkt ins Spiel: Warum mache ich das? Was ist der Zweck dieser Datenerfassung? Ich möchte die Kosten reduzieren, die Ausfallzeiten minimieren und dadurch die Produktion steigern. Und auf einer eher esoterischen Ebene möchte ich mehr über mein Unternehmen erfahren. Ich möchte genauere Informationen darüber erhalten, was mein Unternehmen tatsächlich leistet. Daher muss ich mir die Frage stellen, welchen Nutzen diese Maßnahmen rund um die Maschine tatsächlich haben. Denn die Erfassung von Maschinendaten allein, ohne konkreten Zweck, bringt niemandem etwas. Es ist dann auch einfach gesagt, das Projekt nicht wert. Das ist die eigentliche Überlegung, die angestellt werden muss. Viele Projekte beginnen mit dem Ziel, die OEE-Kennzahlen unserer Fertigung zu bestimmen.

ANDREA SPIEGEL: Und was bedeutet OEE genau?

JENS MALSO: OEE steht im Kern für die Effizienz unserer Fertigung. Es misst, ob unsere Fertigung effizient arbeitet. Es gibt viele Faktoren, die die Effizienz einer Fertigung beeinflussen können, und die Kunst besteht darin, die Bereiche zu identifizieren, in denen wir Verbesserungen vornehmen können. Die Messung ist bereits ein guter Ansatz. Ein Marathonläufer beispielsweise läuft schneller, wenn er die Schritte seines Verfolgers hört. Und das gilt auch in der Fertigung.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es denn grundsätzlich eine einheitliche Kommunikationssprache für all die Maschinen, die man anschließen oder für die MDE nutzen kann? Oder sprechen sie alle unterschiedliche Sprachen?

JENS MALSO: Ganz und gar nicht.

ANDREA SPIEGEL: Schade. Woran liegt das?

JENS MALSO: Das liegt daran, dass in der deutschen Industrie zumindest keinerlei Konsens darüber besteht, dass Zusammenarbeit Vorteile bringen könnte.

ANDREA SPIEGEL: Eine erstaunliche Idee.

JENS MALSO: Absolut und praktisch ausgeschlossen. Dies wurde auch traditionell so praktiziert, nämlich ohne Zusammenarbeit. Wir bemerken jedoch einige wiederkehrende Standards. Natürlich ist OPC recht verbreitet, aber es hat fast 12 bis 15 Jahre gedauert, bis es Fuß gefasst hat. Siemens Simatic ist das Schwergewicht der deutschen Industrie, und dann gibt es noch Backoff und Phanuc. Einige große Hersteller, allein aufgrund ihrer Größe, setzen Standards. Wir haben passende Software für all diese Standards entwickelt. Doch es ist klar, dass sie alle unterschiedlich funktionieren. Und als ob das nicht genug wäre, funktionieren sie auch strukturell unterschiedlich.

Mit anderen Worten, es gibt auch keine Einigkeit darüber, wie Daten strukturiert sein sollten. Einige Daten sind darauf ausgerichtet, den maschinellen Prozess zu unterstützen und sind in dieser Hinsicht gut geeignet. Sie sind also im Einklang mit dem, was die Maschine tatsächlich tut. Leider sind die Datenstrukturen, die für die Maschine bequem sind, in der IT-Welt so gut wie nutzlos.

ANDREA SPIEGEL: So gut wie nutzlos?

JENS MALSO: Exakt. Und die Datenstrukturen, die wir benötigen, sind oft nicht verfügbar. Dies liegt nicht so sehr an der Art der Schnittstelle oder dem Alter der Maschine, sondern vielmehr daran, ob derjenige, der die Maschine konzipiert hat, auch daran gedacht hat, dass diese Daten möglicherweise in einem größeren Softwarekontext wiederverwendet werden könnten. Das ist bedauerlich.

Hinzu kommt, und das wird zunehmend besser, da die Sensibilität für diese Themen in der Industrie steigt: Viele mittelständische Unternehmen kaufen Maschinen, die sie nutzen, aber keine Ahnung haben, wie sie funktionieren. Sie können die Maschinen bedienen, verstehen den mechanischen Prozess perfekt, haben die richtigen Werkzeuge und können produzieren. Sie wissen jedoch nichts über die interne Funktionsweise der Maschine, insbesondere über die Software. Das bedeutet, dass wir oft Projekte beginnen und zunächst mit unseren Kunden herausfinden müssen, wie die Maschine tatsächlich funktioniert. Wir wählen ein System aus, fragen höflich nach der Steuerungsdokumentation und der Systemhersteller sagt: “Warum sollten Sie das haben wollen? Betriebsgeheimnis.” Und schon haben wir eine Maschine, die wir nicht anbinden können.

Es gibt also noch viel mehr Widerstand in Bezug auf dieses Thema, als man vermuten würde. Es reicht nicht aus, eine Maschine zu haben, die perfekt für die Datenerfassung vorbereitet ist. Man benötigt auch einen kooperativen Hersteller der Maschine, der sagt: “Ich finde es gut, wenn Sie Daten aus meiner Maschine auslesen.” Das sagen die meisten jedoch nicht. Daher müssen wir an diesen Hindernissen arbeiten und daran arbeiten, sie zu überwinden. Und natürlich finden wir immer noch viele Unternehmen, die völlig unterschiedliche Anbindungen haben, und jede davon muss von Grund auf neu erlernt werden.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es in einem Unternehmen manchmal Maschinen, die quasi unterschiedliche “Sprachen” sprechen, weil sie von verschiedenen Herstellern stammen?

JENS MALSO: Absolut.

ANDREA SPIEGEL: Und was ist die optimale Lösung dafür? Eine Software, die beide “Sprachen” versteht und alles miteinander verknüpft? Wie stellt man sich das vor?

JENS MALSO: Nun, die Lösung für Kunden mit einem großen Budget besteht darin, alle Steuerungen auszutauschen und durch einheitliche zu ersetzen. Diese sind alle gleich. Das wurde bereits umgesetzt und ist eine gute Lösung. Man hat jetzt ältere und neuere Maschinen, die alle auf die gleiche Weise funktionieren. Und bei jeder neuen Maschine kauft man die entsprechende Anbindung in dieser Weise. Das ist eine großartige Lösung. Es gibt jedoch auch Kunden, die mehr Zeit als Geld haben, und in diesem Fall wird jede einzelne Maschine erforscht. Man nimmt sich jede Maschine vor, ermittelt ihre Funktionsweise und arbeitet mit den Möglichkeiten, die diese Maschine bietet. Und wir brauchen nicht viel.

ANDREA SPIEGEL: Das sagst du.

JENS MALSO: Das ist wahr. Wenn zum Beispiel eine Stanze den Stempel senkt und hebt, ist es uns völlig egal, wie das Material darunter aussieht. Mit anderen Worten, die Maschine weiß nicht, was sie tut. Das ist offensichtlich. Wir wissen jedoch aufgrund unserer organisatorischen Prozesse, welche Bestellung bearbeitet wird, welcher Mitarbeiter für die Produktion verantwortlich ist, welche Teile hergestellt werden sollen, mit welcher Geschwindigkeit dies erfolgen sollte und so weiter. Die Maschine weiß davon nichts. Die Maschine weiß nur, ob sie aktiv ist oder nicht. Sie kann beispielsweise nicht zwischen “läuft” oder “steht”, “rüstet” oder “hat eine Störung” unterscheiden. Die Maschine meldet lediglich “an” oder “aus”. Das war’s. Ob dabei ein Teil entsteht oder nicht, weiß die Maschine nicht. Dies müssen wir aus den Signalen ableiten. Die Maschine kann nicht mehr. Die einzigen anderen Signale, die die Maschine senden kann, sind “aus” oder “an”.

ANDREA SPIEGEL: Und ob ein Teil hergestellt wurde oder nicht, weiß sie auch nicht?

JENS MALSO: Genau. Um es genau auszudrücken, wir wissen nicht einmal, ob ein Teil entstanden ist. Dafür muss auch das entsprechende Material vorhanden sein. Es gibt also viele Aspekte im Zusammenhang mit der Maschinendatenerfassung, die völlig anders sind, als man es sich vielleicht vorstellt. Wenn man denkt, man geht einfach hin und misst an der Maschine.

ANDREA SPIEGEL: Welche anderen Herausforderungen gibt es im Zusammenhang mit Maschinen? Abgesehen davon, dass sie nicht alle die gleiche Sprache sprechen und nicht immer genau wissen, was sie tun. Gibt es noch andere Aspekte, die du erwähnen möchtest?

JENS MALSO: Massig.

ANDREA SPIEGEL: Dann wählen wir einen aus.

JENS MALSO: Die nächste große Hürde ist zweifellos die Befindlichkeit der Mitarbeiter. Eines ist klar: Ich weiß jetzt genau, was passiert. Der Mitarbeiter kann immer noch kreativ Meldungen abgeben, aber das hilft nicht. Denn ich erhalte sowohl eine kreative Liste von Meldungen als auch eine tatsächliche. Und zweifellos stimmt die tatsächliche. Damit nehmen wir den Mitarbeitern eine Freiheit, die über Jahrzehnte bestand. 1990 habe ich meinen Schichtzettel mit einem Kugelschreiber ausgefüllt. Im Jahr 2018 habe ich einfach aufgeschrieben, was ich am Ende der Schicht getan habe. Und das war nicht überprüfbar. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Und es ist klar, dass wir den Mitarbeitern einen Freiheitsgrad nehmen, was sich nicht gut anfühlt. Dies ist eine der großen Herausforderungen bei Projekten zur Maschinendatenerfassung, da wir dies in den meisten Fällen gegen den Willen und die Wünsche der Belegschaft durchführen.

ANDREA SPIEGEL: Oder versuchen, die Mitarbeiter auf unsere Seite zu ziehen, indem wir entsprechende Argumente vorbringen. Ist das schwierig?

JENS MALSO: Ja, das ist schwierig. Also, dies verleiht dem gesamten Projekt einen eher bitteren Beigeschmack. Es ist schwer zu vermitteln, dass die Verbesserung der Prozesse, die höhere Genauigkeit der Daten und die schnellere Aktualisierung der Daten dazu führen, dass der Unternehmenszweck erhalten bleibt und möglicherweise sogar mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies ist jedoch nicht spürbar, da es für den Einzelnen im Wesentlichen eine Form der Überwachung, eine Einschränkung und einen Verlust von Freiheiten bedeutet. In den meisten Fällen bedeutet es auch zusätzliche Arbeit, da die Mitarbeiter nun zusätzliche Buchungen vornehmen müssen.

Dies macht diese Projekte nicht immer angenehm, da die Mitarbeiter tendenziell Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass sie weniger als perfekt funktionieren. Hier ist es auch wichtig, die Unternehmenskultur und das Vorhandensein von Personen zu berücksichtigen, die das Projekt zum Erfolg bringen wollen. Personen, die herumgehen und immer wieder erklären, dass dies gut für die Mitarbeiter ist, auch wenn es sich nicht so anfühlt, aber es ist dennoch eine gute Sache. Das ist wichtig, denn das Schicksal des Projekts hängt davon ab. Wir können das nicht leisten, denn wir können nicht auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern sprechen.

ANDREA SPIEGEL: Ihr kommt quasi von außen.

JENS MALSO: Ja, genau. Und wir haben nicht einmal die Autorität, denn im Grunde genommen, was wissen wir schon über das Produkt? Dies muss im Unternehmensumfeld geschehen. Wenn das nicht stattfindet, haben diese Projekte Schwierigkeiten. Das ist also eine weitere Herausforderung in diesen Projekten. Und dann gibt es noch etwas, das man nicht erwarten würde. Wir sammeln jetzt all diese Daten, und dann sind sie da. Und jetzt?

ANDREA SPIEGEL: Das wäre meine nächste Frage. Wir sammeln und sammeln und sammeln unzählige Daten. Was machen wir damit?

JENS MALSO: Jetzt erstelle ich eine schöne Grafik und hänge sie einmal täglich an die Pinnwand. Jeder kann sie sehen. Aber was folgt daraus? Die Visualisierung der Daten, sei es online oder auf Papier, ist ein erster Schritt. Ich kann jetzt sehen, wie gut die Dinge gerade laufen. Und jeder kann sich daran orientieren. Ähnlich wie bei einem Marathonläufer, der über die Schulter schaut und sagt: “Oh, okay, das war schon nah dran”, und dann einen Zahn zulegt. Das ist bereits gut. Es hat psychologische und gruppendynamische Vorteile. Technisch gesehen hilft es mir jedoch keinen Millimeter weiter. Jetzt muss ich aus den Daten, die ich sehe, die richtigen Schlussfolgerungen ziehen, sie verarbeiten und dann analysieren, ob ich mich verbessere oder verschlechtere. Dieser Prozess liegt außerhalb unserer Möglichkeiten. Das Unternehmen muss diesen Prozess bewältigen. Ich beobachte jedoch, dass viele Projekte durchgeführt werden, bei denen dieser letzte Schritt ausbleibt. Wir haben es geschafft, Daten zu sammeln, und das war’s dann.

ANDREA SPIEGEL: Und dann passiert nichts weiter damit.

JENS MALSO: Genau. Abgesehen davon, dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, stärker überwacht zu werden und möglicherweise bessere Leistungen erbringen. Das ist dann das Ende des Projekts. Ich würde sagen, das ist eines der Defizite in dieser Art von Projekten.

ANDREA SPIEGEL: Aber welche Daten kann ich denn eigentlich sammeln? Also ich kann wahrscheinlich zum Beispiel Temperatur sammeln, wenn die Maschine über so und so viel Grad geht, muss sie gewartet werden oder was auch immer aus welchem Grund. Oder was kann ich denn eigentlich sammeln an Daten? Gibt es denn Grenzen?

JENS MALSO: Nö, also man kann nahezu alles messen. Interessanterweise sind die Schwerpunkte in den Projekten völlig andere. Es gibt den einen Kunden, der sich nur dafür interessiert, wie schnell läuft meine Maschine oder wie häufig müsste man eigentlich eher sagen. Also wie ist der Belegungsgrad meiner Maschine? Und das sind Kunden, die langlaufende Aufträge mit großen Stückzahlen haben. Das ist das Einzige, was interessiert. Wenn die Maschine läuft, verdiene Geld. Wenn die steht, dann nicht.

Andere Kunden, die machen am Tag auf einer Maschine 17 Aufträge. Die müssen 17 mal rüsten. Das heißt, wenn es gut läuft, in acht Stunden läuft die Maschine einmal. Und sieben Stunden lang wird umgerüstet. Das Einzige, was die interessiert ist, wie lange rüste ich. Wie lang die läuft, ist total egal. Und wie schnell, ist auch egal. Also es kommt meiner Ansicht nach gar nicht so darauf an, was man misst. Wichtig ist, man misst das, was dem Unternehmer hilft, sein Unternehmen zu betreiben. Und das ist immer was anderes. Und oft ist auch die Auffassung des Kunden darüber, was er denn gerne messen möchte, im Verhältnis zu dem, was er besser messen sollte, das ist schon manchmal ganz interessant, wie wenig das miteinander zu tun hat. Und im Auftakt von so einem Projekt ist es gar nicht selten, dass wir zum Konzept erscheinen. Und ich schaue mir die Themen an. Und dann gehen wir durch die Fertigung und dann frage ich, und was bringt das? Naja, dann haben wir alles, was wir brauchen. Aha, erklären Sie mal. Und wir gehen raus mit einem Konzept, wo wir ganz andere Dinge tun, weil sich herausstellt, so ja, könnte man so tun, hilft aber nicht.

ANDREA SPIEGEL: Es bringt nicht das Ergebnis, das man braucht.

JENS MALSO: Genau.

ANDREA SPIEGEL: Was kann ich denn mit den Daten machen? Ich habe bereits verstanden, dass ich im Grunde alles erfassen kann, was mich interessiert. Ich habe die Daten, ich kann sie in Tabellen und Diagrammen auswerten. Und dann ist das Wichtige im Prinzip, diese Erkenntnisse umzusetzen, Schlüsse daraus zu ziehen und sie zu interpretieren. Das kann Einfluss auf die Prozessplanung oder den Kauf neuer Maschinen haben, um ein Beispiel zu nennen.

JENS MALSO: Ja, absolut. Um zu planen, muss ich zunächst wissen, wie lange es dauert. Das ist entscheidend. Ich weiß normalerweise, wie viel Wolle ich brauche, um eine Socke zu stricken. Das wissen die meisten, das ist ziemlich einfach. In der mechanischen Bearbeitung habe ich normalerweise ein Rohteil und ein Fertigteil. Das macht es besonders einfach, denn es handelt sich nur um einfache mathematische Berechnungen. Was jedoch viel schwieriger ist, ist abzuschätzen, wie lange es dauert. Dies wird als Solldauer bezeichnet. Und die meisten Unternehmen haben keine solchen Informationen. Seltsamerweise.

Sie wissen nicht, wie lange es dauert. Daher können sie nicht planen, weil sie es nicht wissen. Und sie wissen es nicht, weil sie es nicht messen. Sie haben lediglich Aufzeichnungen darüber, dass in der Schicht 1500 Teile hergestellt wurden. Aber ich kann nicht genau sagen, wie lange es gedauert hat, diese herzustellen. Jetzt finde ich also heraus, wie lange es gedauert hat, diese Teile herzustellen. Aber ich weiß immer noch nicht, ob das eine gute Zeit oder eine schlechte Zeit ist. Wenn ich dieselbe Menge Material in der nächsten Nachtschicht fertige, kann dies viel länger oder viel kürzer dauern. Daher ist es eine Kunst, meine Ist-Daten in neue Soll-Daten zu überführen, um damit zu planen. Dies ist ein langwieriger Prozess und erfolgt oft gegen den Widerstand der Mitarbeiter. Denn sobald es Soll-Daten gibt, kann man davon ausgehen, dass sie immer kürzer werden und somit mehr Druck entsteht.

Maschinendaten können einerseits dazu führen, dass ich besser planen möchte. Diese Daten machen die Leistung der Menschen auch vergleichbar. Man könnte befürchten, dass es seltsam ist, wenn die Bearbeitungsdauer bei einer Person viel länger ist als bei einer anderen. Wie kann das sein? Dies könnte zu einem unzulässigen Vergleich führen, der den Mitarbeitern zum Nachteil gereicht. Das ist jedoch auch ein klarer Aspekt. Es geht darum herauszufinden, wie lange Dinge wirklich dauern.

Dies sind die Hauptziele solcher Prozesse. Und dann stellt sich die Frage, ob ich eine neue Maschine benötige oder ob meine vorhandenen Maschinen einfach zu langsam laufen. Ich behaupte, in den meisten Fällen stehen die meisten Maschinen zu oft still. Es ist gar keine neue Maschine erforderlich. Es ist nur notwendig sicherzustellen, dass die Maschinen, die ich habe, kontinuierlich laufen. Und solche Informationen finde ich in den Daten. Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

ANDREA SPIEGEL: Und was mache ich jetzt, wenn ich all diese Daten gesammelt habe? Sie schweben ja nicht einfach in der Luft, sondern sie werden irgendwo abgelegt, irgendwo gespeichert. Kann ich zum einen selbst entscheiden, wo diese Daten gespeichert werden? Wie werden sie überhaupt gespeichert? Welche Möglichkeiten gibt es?

JENS MALSO: Daten werden, würde ich sagen, grundsätzlich immer in einer Datenbank gespeichert. Dafür sind Datenbanken da, sie sind die Spezialisten für das Speichern von Daten, daher auch ihr Name. Dennoch sind nicht alle Datenbanken in ihren Stärken und Schwächen gleich. Es ist offensichtlich, dass sehr große Datenmengen, im Sinne von sehr, sehr großen Datenmengen, nur in bestimmten Datenbanken gespeichert werden können, ohne dass sie bald an der schieren Größe der Datenmenge ersticken. Oft sind sie in einer Weise gespeichert, dass ich sie nicht wirklich bequem wieder abrufen kann. In den meisten unserer Projekte verwenden wir eine Datenbank, die auf die gleiche Weise funktioniert, eine lineare Datenbank, in die beliebig viele Daten in beliebig kurzer Zeit eingespeist werden können und die diese Daten einfach aufnimmt. Der Nachteil ist jedoch, dass der Zugriff nicht besonders einfach ist. Diese Daten sind jedoch normalerweise nicht diejenigen, die wirklich interessant sind.

Ich glaube, dass der unternehmerische Entscheidungsprozess in Richtung eines verbesserten Prozesses, einer neuen Maschine oder einer anderen Art der Bearbeitung über diese Daten nicht verläuft. Diese Daten sind nur der Rohstoff, aus dem wir den Ziegelstein herstellen. Und aus diesem Ziegelstein bauen wir dann ein Haus. Aber niemand interessiert sich für den Rohstoff. Was wir benötigen, sind verdichtete Daten, die von dort in eine höhere abstrakte Form überführt werden. Wir Experten bezeichnen das als ERP-System.

Mit anderen Worten, wir nehmen diese Grunddaten, die eigentlichen Signale, und verwandeln sie in sinnvolle und aggregierte Einheiten, die zu sinnvollen Buchungen führen. Diese Buchungen werden dann ausgewertet und landen schließlich dort, wo der Kunde seine Daten speichert. Das ERP-System ist der ideale Ort, um diese Daten hinzubewegen, und dort werden sie dann ausgewertet. Es sei denn, und das ist gar nicht so selten, das ERP-System verfügt über keine Schublade für diese Daten. Erstaunlicherweise ist das recht verbreitet, aber so ist es nun einmal. In solchen Fällen speichern wir die Daten in unserer eigenen Datenbank, die wiederum leicht lesbar ist. Das bedeutet, wir führen diese Aggregation bereits im ersten Erfassungsschritt durch, sodass die Daten anschließend gut lesbar sind. Dann bewegen wir sie, soweit möglich, in das ERP-System. In der Regel existieren die Daten somit an drei verschiedenen Orten: in ihrer Rohform, in ihrer aggregierten Form und oft in einer reduzierten Form im ERP-System, wo sie letztendlich hingehören.

ANDREA SPIEGEL: Wie ist das eigentlich? Viele Menschen haben ja so ihre Bedenken, wenn sie ihre Maschinen ans Internet anschließen oder sie in ein Netzwerk integrieren, dass es dann einfacher für externe Personen wird, Zugriff zu erhalten. Ich stelle mir das bildlich vor, man steht draußen vor der Fertigungshalle, hat Zugriff auf das WLAN, und dann hackt sich jemand in meine Maschine ein und stiehlt irgendwelche Daten. Ist das ein realistisches Szenario? Kann das tatsächlich passieren? Und wenn ja, sollte ich mir wirklich Sorgen darüber machen? Wie steht es um das Thema IT-Sicherheit im Allgemeinen bei solchen Projekten?

JENS MALSO: Für mich steht der technische Aspekt hier nicht unbedingt im Vordergrund. Ich denke, ein mittelständischer Unternehmer in Deutschland verfügt schlichtweg nicht über die Mittel, um für eine Technologie zu sorgen, die objektiv sicher ist, im Sinne von nicht angreifbar. Hierfür sind Budgets erforderlich, wie sie von staatlichen Organisationen oder großen Unternehmen aufgebracht werden können. Ein mittelständisches Unternehmen kann sich das schlichtweg nicht leisten. Mit anderen Worten, das WLAN eines mittelständischen Unternehmens ist eine offene Tür, und dagegen kann der Mittelständler nichts unternehmen. Zudem ist alles, was jeder, der über ein Netzwerk verfügt, in den letzten zehn Jahren getan hat, objektiv unsicher. Man muss sich jedoch immer fragen, was genau man dagegen unternehmen kann.

Die Tatsache, dass man seine Daten ins Internet stellt, macht es nicht unsicherer. Diesbezüglich sind wir uns einig. Meine Antwort ist, dass es nicht unsicherer wird, wenn ein zusätzlicher Ort geschaffen wird, an dem diese Daten aufbewahrt werden. Wir unternehmen alles, um dies sicherzustellen. Wir übertragen die Daten verschlüsselt, wir schützen die Endpunkte so, dass es nicht einfach möglich ist, sich in diesen Datenstrom einzuklinken. Zudem ist es äußerst schwierig, diese Daten zu interpretieren. Das bedeutet, dass wir in unserer Nutzlast nahezu ausschließlich die reinen Daten übertragen, den sogenannten Payload im neueren Sprachgebrauch. Es gibt keine umgebende beschreibende Komponente.

Folglich muss jemand, der diese Daten lesen möchte, mit dem Prozess so vertraut sein, dass diese Daten überhaupt Sinn ergeben. Dann stellt sich die Frage, was man damit überhaupt anfangen kann. Insofern glaube ich, dass Sicherheit in diesem Bereich eine untergeordnete Rolle spielt.

ANDREA SPIEGEL: Was würdest du denn sagen, spielt die Maschinedatenerfassung (MDE) im Kontext von Industrie 4.0 eine wichtige Rolle? Wenn wir beispielsweise auf die Smart Factory schauen, also eine vernetzte Fabrik, kannst du dir heutzutage überhaupt noch eine solche Fabrik ohne Maschinedatenerfassung vorstellen? Ist es sinnvoll, oder gehört die Maschinedatenerfassung mittlerweile zum Standardrepertoire?

JENS MALSO: Es gibt keine Smart Factory ohne Maschinedatenerfassung. Es wäre nicht klug, ein so mächtiges Werkzeug zu vernachlässigen, wenn man es zur Verfügung hat. Anders ausgedrückt, Industrie 4.0 basiert darauf, dass eine Fabrik existiert, die dynamische Situationen nahtlos aufnimmt und bewältigt. Sie verfügt über Mechanismen, die Fehler verhindern, beispielsweise durch das Verhindern des Eintritts einer Palette in eine Maschine, wenn dies nicht zulässig ist. Es gewährleistet, dass ein bestimmtes Werkzeug nicht zusammen mit einem bestimmten Artikel durchgeht. Und wenn dies gerade nicht möglich ist, identifiziert es den nächsten sinnvollen Schritt. Das ist Industrie 4.0.

Es schafft eine Umgebung in einer Fabrik, die die Dynamik der Fertigung widerspiegelt und einen reibungslosen Ablauf durch die Existenz bestimmter Mechanismen ermöglicht. Dies erreichen wir durch intelligente Planung, kluge Maschinen und qualifizierte Mitarbeiter. Maschinendatenerfassung ist in diesem Kontext unverzichtbar, da sie der Maschine letztendlich ermöglicht zu bewerten, ob bestimmte Handlungen durchführbar sind oder nicht.

ANDREA SPIEGEL: Wie sieht es im Bereich der Digitalisierung und Industrie 4.0 aus? Das Wort IoT, also Internet of Things, fällt oft in diesem Zusammenhang, und auch der Begriff “digitaler Zwilling” wird häufig erwähnt. Beim digitalen Zwilling geht es darum, eine reale Maschine in digitaler Form abzubilden. Würdest du sagen, dass die Maschinendatenerfassung (MDE), also die Daten, die dabei gesammelt werden, in gewisser Weise die Grundlage für einen solchen digitalen Zwilling sein können, oder handelt es sich um zwei völlig verschiedene Konzepte?

JENS MALSO: Der digitale Zwilling ist ein Konzept und Teil eines theoretischen Rahmens. Es gibt sicherlich Szenarien, in denen ein digitaler Zwilling sinnvoll ist, da er komplexe Prozesse in der Vorausschau ermöglicht. Es gibt jedoch mehr Menschen, die diesem Konzept widersprechen als solche, die zustimmen. Für den deutschen Mittelstand spielt der digitale Zwilling in der realen Welt, in der wir unsere Projekte durchführen, keine Rolle. Vielleicht gibt es sehr innovative oder große Unternehmen, die diese Technologie nutzen und daraus einen messbaren Nutzen ziehen können. In unseren Projekten hat dies jedoch keine Relevanz, da unsere Prozesse zu linear und synchron sind, um den digitalen Zwilling anzuwenden.

ANDREA SPIEGEL: Kann man also sagen, dass die Maschinendatenerfassung eine Grundlage dafür ist, oder sind sie im Grunde genommen völlig unabhängig voneinander?

JENS MALSO: Nein, sie haben definitiv miteinander zu tun, aber sie sind für unsere spezielle Problemstellung nicht relevant. Ohne Maschinendaten gibt es keinen digitalen Zwilling, das ist klar. Aber wie geht es dann weiter? Um es bildlich auszudrücken: Es ist, als würde ich Blut von dir abnehmen und versuchen, basierend darauf zu erraten, was du morgen essen möchtest.

ANDREA SPIEGEL: Versuch es ruhig.

JENS MALSO: Genau, das ist schwierig, weil ich zwar einige Informationen habe, aber vieles nicht weiß. Das ist in etwa dasselbe Prinzip. Die Maschinen, die wir vorfinden, können sieben Dinge mitteilen. Aber es gibt 700.000 Dinge, die sie nicht übermitteln können. Wir können nur einen winzigen Teil davon erfassen, und das reicht einfach nicht aus. In einer idealen Welt würden wir viel mehr wissen und entsprechend mehr damit anfangen können. Aber das ist nicht der Fall. Lass mich ein Beispiel geben: Eine Windkraftanlage verfügt über etwa 15.000 Sensoren. Sie können sogar messen, wie sich die Kanzel oben verformt, da sie den rechten Winkel in den Ecken der Kabine überwachen können. In diesem Kontext ergibt der digitale Zwilling Sinn. Aber bei einer Stanzmaschine, die einfach “bumm, bumm” sagt und loslegt, ist das ein theoretisches Konzept. Es hat nur begrenzt etwas mit dem zu tun, was wir hier tun.

ANDREA SPIEGEL: Okay, dann würde ich sagen, unsere Zeit neigt sich schon wieder dem Ende zu. Kannst du uns am Ende nochmal zum ganzen Thema MDE oder wenn sich jetzt jemand überlegt, ich möchte Maschinedatenerfassung in meine Fertigung integrieren, ich glaube, da habe ich einen Mehrwert, in welcher Art auch immer. Was sind so deine drei Top-Tipps zu dem Thema?

JENS MALSO: Baut eine neue Halle und gestaltet darin die Fertigung eurer Träume. Schreckt vor nichts zurück, was man tun könnte. Denn heute ist nahezu alles möglich. Erschafft eine Fabrik, die alle Anforderungen erfüllt, und überlegt dann, ob die alte noch benötigt wird. Das ist die Vision von Maschinendaten.

Die zweite Empfehlung ist, vermittelt euren Mitarbeitern, dass dies alles zum Gemeinwohl dient. Die meisten Unternehmer wollen ihren Mitarbeitern nichts Böses. Ihr Ziel ist es, ihr Geschäft zu erhalten oder zu erweitern, ohne jemandem zu schaden. Insofern sind diese Projekte technisch anspruchsvoll und unternehmerisch riskant. Sie zielen selten darauf ab, gegen die Belegschaft zu arbeiten. Bezieht die Mitarbeiter in den Prozess ein und erklärt ihnen, dass dies eine positive Entwicklung ist.

Die dritte Sache ist, Maschinendatenprojekte sind nicht einfach. Maschinen sind komplex, selbst wenn sie nur wenige Informationen liefern. Es ist herausfordernd, einen konsistenten Prozess um diese Daten herum aufzubauen, der die gewünschten Ergebnisse liefert. Als Beispiel hatte ich ein Projekt, bei dem es um eine einzige Maschine ging. Die Maschine hatte eine ausgezeichnete Benutzeroberfläche, funktionierte strukturell gut und lief reibungslos. Dennoch dauerte es vier Monate, bis alles reibungslos funktionierte. Wir haben viel über Timing und die Reihenfolge von Abläufen gelernt. Ein gutes Beispiel ist, dass die Maschine es nicht interessiert, in welcher Reihenfolge sie ihre Statusmeldungen sendet. Für uns ist dies jedoch von Bedeutung.

ANDREA SPIEGEL: Etwas scheint hier nicht zu stimmen.

JENS MALSO: Ja, aber die Maschine selbst ist damit zufrieden. Für uns ist es jedoch wichtig, dies zu korrigieren. Mit anderen Worten, Maschinendatenprojekte sind voller Überraschungen. Ein weiteres Beispiel ist unsere Podcast-Episode über Transponder, die ähnlich überraschend sein können. Maschinen sind komplex und unberechenbar.

Das Letzte, was erschwerend hinzukommt, ist, dass wir diese Daten nicht einfach testen können. Es gibt kein Testsystem. Wir können die Maschine nicht mit nach Hause nehmen und sie ausgiebig ausprobieren. Wir können nur im realen Betrieb, mit realen Materialien, echten Menschen und echten Kosten, unsere Theorien in der Praxis erproben. Das bedeutet, wir testen im Echtbetrieb, ob unsere Ideen funktionieren, und das kann den Verlauf des Projekts besonders herausfordernd machen. Jeder Fehler und jedes Missgeschick ist für alle Beteiligten sichtbar und das kann belastend sein. Diese Projekte erfordern einen langen Atem und eine hohe Frustrationstoleranz.

ANDREA SPIEGEL: Alles klar, das ist ein perfekter Abschluss. Lieber Jens, vielen Dank für deine Zeit und das Wissen, das du zum Thema Maschinendaten und Maschinendatenerfassung geteilt hast. Wir hoffen, dass ihr da draußen etwas für euch und eure Unternehmen aus dieser Episode mitnehmen konntet.

Wenn ihr Fragen an Jens oder allgemein zum Thema habt oder Ideen für zukünftige Folgen oder interessante Themen, die euch beschäftigen, schreibt uns gerne unten in die Kommentare. Und wenn euch die Episode gefallen hat, hinterlasst uns ein Daumen hoch auf YouTube oder eine Bewertung auf iTunes. Wir sehen uns beim nächsten Mal. Bis dahin!

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