#95 Papierlose Produktion mit Kevin Marckwardt

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Ist eine 100% papierlose Produktion wirklich möglich? Und sind wir als Anbieter für Digitalisierung eventuell voreingenommen bei der Beantwortung dieser Frage? Nun…

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Am besten findet ihr das einfach selbst heraus, in der neusten Folge spricht Andrea mit unserem Teamleiter im Bereich Vertrieb Kevin Marckwardt. Dabei wird auch darüber gesprochen wie eine papierlose Fertigung denn nun WIRKLICH realisiert werden kann.

Wo funktioniert der Switch von Papier zu digital wirklich? Was sind die typischen Einsatzbereiche? Gibt es vielleicht bessere Alternativen?

Wie immer kommt auch der Faktor Mensch zur Sprache, wie holt man alle Mitarbeitenden an Bord und sorgt für Akzeptanz bei der Transformation? Weg von „Das haben wir schon immer so gemacht“ und hin zu „Das geht ja wirklich schneller und günstiger!“.

Und ja, wir stellen uns auch der Frage, in welchen Bereichen das Papier dann doch unverzichtbar bleibt.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Papierlose Produktion

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Industrie 4.0 – der Experten-Talk für den Mittelstand. Vielleicht habt ihr euch schon immer mal gefragt, wie man papierlose Produktionsprozesse wirklich realisieren kann. Dann solltet ihr heute auf jeden Fall dranbleiben! Wir werfen einen genauen Blick darauf, welche Herausforderungen, Grenzen und Perspektiven die papierlose Produktion mit sich bringt. Dafür haben wir heute einen spannenden Gast bei uns. Er war zwar noch nie hier im Podcast, aber arbeitet schon lange bei

L-mobile. Bei mir ist mein Kollege Kevin Marckwardt, Teamleiter im Bereich Vertrieb. Schön, dass du da bist!
KEVIN MARCKWARDT: Hallo Andrea! Danke, dass ich dabei sein darf.
ANDREA SPIEGEL: Na, auf jeden Fall! Wir freuen uns.
An dieser Stelle noch ein kurzer Hinweis für euch: Diese Folge gibt es auch als Video auf YouTube. Schaut dort gerne vorbei, wenn ihr unsere freundlichen Gesichter sehen wollt.
Kevin, ich habe dich eben nur kurz als Teamleiter im Sales bei der L-mobile vorgestellt. Vielleicht magst du noch ein, zwei Sätze zu deiner Rolle sagen?

ANDREA SPIEGEL: Was machst du bei uns genau, und wie lange bist du schon dabei?
KEVIN MARCKWARDT: Ich arbeite seit viereinhalb Jahren bei L-mobile und habe 2020 angefangen. In den vergangenen Jahren war ich durchgehend im Vertrieb tätig. Seit diesem Jahr habe ich nun die Teamleiter-Rolle für mein Proalpha-Team übernommen. Das bedeutet, wir betreuen hauptsächlich neue Kundenprojekte sowie Bestandskundenprojekte im Zusammenhang mit Proalpha.
Gelegentlich gibt es Ausnahmen, aber grundsätzlich liegt mein Fokus auf der Vertriebsarbeit.
ANDREA SPIEGEL: Sehr gut! Und macht es dir immer noch Spaß?
KEVIN MARCKWARDT: Sonst wäre ich nicht mehr hier.
ANDREA SPIEGEL: Das ist wohl wahr – sehr gut!

ANDREA SPIEGEL: Du hast es vielleicht schon mitbekommen – zum Kennenlernen stelle ich meinen Gästen immer eine kleine persönliche Frage, die erstmal nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. Für dich habe ich mir überlegt, weil es mich persönlich interessiert:
Wenn du nicht im Vertrieb arbeiten würdest, welche zweite Leidenschaft hättest du, bei der du sagen würdest: Damit würde ich auch gerne mein Geld verdienen, wenn ich nicht schon Vertriebler wäre?
KEVIN MARCKWARDT: Spannende Frage, okay.
Tatsächlich war meine gesamte Ausbildung auf Wirtschaft und Vertrieb ausgerichtet – das heißt, ich beschäftige mich damit, seit ich, keine Ahnung, die Schule abgeschlossen habe.
Wenn ich etwas anderes machen könnte … schwierig. Ich organisiere tatsächlich sehr gerne kleine Events. Das klingt vielleicht klischeehaft, aber ich plane gerne Dinge – zum Beispiel Motto-Partys zu Hause mit meinen Bekannten und Freunden. Vielleicht würde mich auch etwas in Richtung Hochzeitsplanung interessieren.
Aber Vertrieb bleibt trotzdem meine erste Leidenschaft.
ANDREA SPIEGEL: Also bist du auf jeden Fall schon mal sehr gut organisiert.
KEVIN MARCKWARDT: Ja, das würde ich schon behaupten.
ANDREA SPIEGEL: Dann sind wir mal gespannt, was dir zum Thema Papierchaos in der Produktion einfällt – und wie man das mit digitalen Tools vielleicht ein bisschen aufräumen oder besser organisieren kann.

ANDREA SPIEGEL: Für dich habe ich mir jetzt die erste Frage überlegt:
Was würdest du aus deiner Erfahrung sagen, sind die häufigsten Gründe, warum KMUs überhaupt eine papierlose Produktion anstreben? Also, wofür brauchen sie das eigentlich?
KEVIN MARCKWARDT: Ich würde mal ganz vorne beginnen. Papierlose Produktion ist ein Begriff, der sehr häufig fällt. Tatsächlich ist es aber so, dass der erste Grund nicht unbedingt das Papierlose selbst ist, sondern vielmehr die Automatisierung in der Produktion. Das mag zwar im Widerspruch zum Begriff papierlose Produktion stehen, ist aber ein zentraler Punkt.
Papierlos zu arbeiten bedeutet in erster Linie, mehr Transparenz zu schaffen – also Automatisierung einzuführen, Echtzeitdaten bereitzustellen und diese sowohl den Mitarbeitern als auch dem ERP-System zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört auch das Zurückmelden von Produktionsdaten ins ERP.
Der erste Schritt in diese Richtung wäre daher die Implementierung einer Betriebsdatenerfassung, sodass alle relevanten Meldungen direkt ins ERP überführt werden können.
ANDREA SPIEGEL: Das wäre also Schritt eins, sozusagen?
KEVIN MARCKWARDT: Richtig.
ANDREA SPIEGEL: Okay.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt wäre es vielleicht noch interessant – Kevin hat gerade schon ein paar Stichworte genannt: Daten sammeln, Transparenz schaffen und so weiter.
Für alle, die uns hier zuhören – vielleicht auf Spotify oder einer anderen Plattform: Falls ihr die Möglichkeit habt, wechselt doch mal rüber! Wir haben eine kleine Umfrage für euch eingebaut und würden gerne wissen:
Was ist für euch der Hauptgrund, papierbasierte Prozesse durch digitale zu ersetzen?
Es wäre super, wenn ihr abstimmt! Gebt ihr Kevin Recht, oder habt ihr vielleicht ganz andere Ideen und Gründe?

ANDREA SPIEGEL: Gibt es vielleicht noch andere Gründe? Transparenz ist ein wichtiges Thema, und die Datenerfassung bildet auf jeden Fall eine gute Grundlage.
Aber es gibt ja auch noch jemanden – den Kunden. Der hat vielleicht ebenfalls ein Interesse daran, dass Prozesse durch Digitalisierung, also durch weniger Papierlast, transparenter und besser nachvollziehbar werden. Man kann dadurch auch bessere Reports für den Kunden erstellen.
Spielt das eine Rolle, oder würdest du sagen, dass das keine der Hauptmotivationen ist?
KEVIN MARCKWARDT: Generell treiben verschiedene Aspekte die KMUs in Deutschland – und ich würde behaupten, weltweit.
Ein zentraler Faktor ist immer die Sicherheit, dann die Effizienz, der Komfort und letztlich natürlich das Geld. Denn jedes Unternehmen lebt vom Gewinn, der daraus entsteht. Deshalb sind das meiner Meinung nach die Hauptgründe.
Nachhaltigkeit spielt zwar eine Rolle, aber in vielen Fällen steht am Ende doch die Effizienz im Vordergrund.
ANDREA SPIEGEL: Okay, also würdest du sagen, dass Effizienz alle anderen Argumente schlägt  wie Nachhaltigkeit, Kundenerwartungen und so weiter?
KEVIN MARCKWARDT: Das hängt natürlich ein bisschen von der Branche ab. Es gibt Bereiche wie die Medizin, die Chemieindustrie oder die Automobilbranche, in denen strenge Regularien gelten – entweder durch Kunden, Lieferanten oder gesetzliche Vorgaben.
ANDREA SPIEGEL: Oder durch den Gesetzgeber, zum Beispiel bei Pharmaunternehmen.
KEVIN MARCKWARDT: Genau, da können ganz andere Faktoren eine Rolle spielen. Aber beim klassischen KMU, etwa im Maschinen- und Anlagenbau, wo Proalpha einer der Platzhirsche ist, geht es in erster Linie darum, die Effizienz zu steigern.

ANDREA SPIEGEL: Was würdest du sagen – in einer Fabrik, wie du sie beschrieben hast, wo ja nicht das Hauptziel ist, einfach nur Papier zu entfernen –, an welchen Stellen kann man Papier am ehesten ersetzen? Wo kann man anknüpfen, wenn wir uns darauf jetzt mal ein bisschen fokussieren wollen?
KEVIN MARCKWARDT: Wenn wir von einem typischen Interessenten ausgehen – also einem KMU mit etwa 200 bis 300 Mitarbeitern –, dann hat dieser Betrieb oft eine gut laufende Produktion, aber wenig Automatisierung.
Das bedeutet, dass sämtliche Laufkarten oder Produktionsdokumente ausgedruckt werden. Die Mitarbeiter laufen dann teilweise mit dicken Ordnern herum, in denen alles steht – von den zu kommissionierenden Materialien bis hin zu jedem einzelnen Arbeitsschritt, der dokumentiert werden muss. Teilweise werden sogar Qualitätswerte wie Newtonmeter oder andere Messdaten erfasst.
Das führt dazu, dass so viel Papier ausgefüllt werden muss, dass die Transparenz verloren geht. Am Ende landet der gesamte Ordner bei jemandem in der Nachbearbeitung, der dann alle Werte manuell in Proalpha oder ein anderes System eintippen muss.
ANDREA SPIEGEL: Ich stelle mir gerade vor, wie jemand so einen Leitz-Ordner auf den Tisch knallt …
KEVIN MARCKWARDT: Ja, genau so sieht es in vielen Betrieben noch aus. Und genau da setzt man an.
Zunächst geht es darum, all diese Daten, die aktuell noch auf Papier erfasst werden, digital zu erfassen. Daraus ergibt sich dann automatisch, welches Papier weiterhin benötigt wird.
Und ich meine, ein Etikett ist auch ein Stück Papier – aber Etiketten werden nun mal immer noch gebraucht.
ANDREA SPIEGEL: Und sie müssen auch nicht zwangsläufig alle durch Electronic Shelf Labels oder Ähnliches ersetzt werden.
KEVIN MARCKWARDT: Absolut, das ist nicht immer nötig.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt hast du gesagt, das ist der erste Schritt, an dem man mal arbeiten kann. Wie mache ich das dann? Also, was schaue ich mir da an, wie funktioniert das und wie entscheide ich nachher, ob es für mich das Richtige ist, auf Elektronik umzusteigen oder nicht?
KEVIN MARCKWARDT: Tatsächlich würde ich mit diesen Papieren anfangen. Es beginnt meistens in der Kommissionierung, die das gesamte Material für die Produktion bereitstellt. Da könnte ich zum Beispiel schon mit Scannern arbeiten. Heute machen wir es immer noch so, dass die Mitarbeiter mit einem Kommissionierschein rausgehen, auf dem alles steht. Sie haken wirklich ab, schreiben die Nummer drauf und packen das dann dazu. Hier kann ich beginnen. Ich buche auf den Fertigungsauftrag von Proalpha oder irgendeinem anderen ERP-System die ganzen Materialien, und dann geht es los mit der BDE. Ich bekomme meine Laufkarte. Diese kann immer noch zum Abscannen des Fertigungsauftrags verwendet werden, aber dann sollten die Meldungen mit Zeit, Ausschuss, Stückmeldungen und vielleicht Qualitätsdaten beginnen, die ich dort schon digital erfassen kann, um das Papier sukzessive loszuwerden.

ANDREA SPIEGEL: Wenn du jetzt in so einem Unternehmen steckst, gibt es ja immer wieder Herausforderungen oder Schwierigkeiten, vor denen man dann steht. Man stellt sich das so einfach vor: Ja, wir erfassen einfach die Daten, wir machen das jetzt mit einem Scanner, und dann läuft das alles problemlos. Vor welchen Herausforderungen steht man da schnell als Unternehmen, und wie kann man ihnen begegnen?
KEVIN MARCKWARDT: Die erste Herausforderung ist schon mal: Folgt der Prozess der Software oder die Software dem Prozess? Das ist einer der wichtigen Punkte, weil sich je nachdem, wie man den Prozess ändert, auch die Mitarbeiter und ihr Vorgehen ändern. Man muss sie dazu bewegen, das zu akzeptieren. Oftmals haben wir in Projekten die Problematik, dass die Mitarbeiter die Lösung nicht akzeptieren, weil sie nicht mehr so ist, wie es früher mal war. Und das kennt jeder: Menschen reagieren oft empfindlich auf Änderungen. Die Krux ist, man muss die Menschen jedes Mal in jedem Projekt mitnehmen, um sie dahin zu führen, die ganzen Meldungen abzugeben – und vor allem sie sauber abzugeben.
ANDREA SPIEGEL: Und wie entscheide ich, ob die Software dem Prozess folgt oder der Prozess der Software?
KEVIN MARCKWARDT: Das hängt davon ab, wie gut der Prozess ist und ob er wirklich so eingehalten werden muss. Es gibt Fertigungsvorgänge, die so eingehalten werden müssen, da kann man den Prozess nicht ändern. Aber es gibt auch Prozesse, die man mit der Software besser gestalten kann, wenn man der Software folgt.
ANDREA SPIEGEL: Du hast gerade gesagt, dass die Krux oft darin liegt, dass die Mitarbeitenden sagen: “Moment mal, da hat sich was verändert, das ist nicht mehr so, wie ich das kenne. Ich mache da nicht mit oder ich mache es vielleicht trotzdem nicht so, wie ich soll.” Wie kann ich alle Mitarbeitenden mit der neuen Technologie vertraut machen?

ANDREA SPIEGEL: Wie schaffe ich es, dass am Ende wirklich alle dabei sind? Du hast ja schon gesagt, man muss sie einbinden, aber das ist wahrscheinlich auch leichter gesagt als getan.
KEVIN MARCKWARDT: Die ersten Gespräche, die wir immer führen, sind klar mit den Verantwortlichen. Das heißt, wir sprechen mit dem Lagerleiter, dem Produktionsleiter, dem Geschäftsführer und vielleicht auch dem Leiter der Qualitätssicherung oder Ähnlichem. Diese gehen mit uns in das erste Gespräch. Wir beraten sie und erklären, was unsere

Empfehlung für eine Software ist, die wir benötigen, und wo der schnellste ROI erzielt wird. Dann kann man relativ früh damit beginnen, diese Mitarbeitenden in die Gespräche einzubeziehen. Das heißt, vielleicht kommt ein Berater wie ich oder meine Kollegen vor Ort, wir bringen Scanner und Tablets mit und lassen die Mitarbeitenden im Lager und in der Produktion diese Dinge schon mal in der Hand halten. Wir zeigen ihnen, wie das aussehen könnte und wie es sogar noch viel schneller gehen könnte. Man muss sie davon überzeugen, bevor man einfach sagt: “Hier, so machen wir es jetzt!” Denn das führt meistens eher zu einer Abwehrhaltung von den Mitarbeitenden.
ANDREA SPIEGEL: Ja, das ist auch verständlich, bis zu einem gewissen Punkt.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es Technologien, bei denen du sagst, die sind vor allem dann spannend, wenn man papierlos werden möchte oder wenn man es loswerden muss, beispielsweise wenn man etwas umstellt? Wenn man sagt, “Hey, wir digitalisieren jetzt die Fertigung im Gesamten”, welche Technologien sind dann hilfreich und unterstützen das Ganze?
KEVIN MARCKWARDT: Wir bei der L-Mobile haben ein ganz breites Spektrum an Technologien, die wir sozusagen einbinden können. Als Schlagwort “papierlose Produktion” verbindet bei uns bei L-Mobile zumindest jeder sofort das E-Label, das heißt, das elektronische Fertigungsbegleitpapier, das das Papier ablösen könnte. Aber auch hier bin ich immer vorsichtig. Das heißt, ich führe das E-Label nicht nur ein, um papierlos zu werden, sondern mit einem bestimmten Hintergrund. Ich führe das E-Label beispielsweise ein, wenn ich die Daten in Echtzeit angezeigt bekommen möchte, wenn ich Technologien brauche, die wirklich über fünf Jahre lang halten und bei denen ich nicht jedes Mal die Batterie tauschen muss. Diese Technologien helfen mir, alle Materialien, KLTs und Fertigungsaufträge im Unternehmen schnell zu finden, anstatt ewig zu suchen. Und da gibt es auch andere Technologien, wie zum Beispiel Ultra Wideband oder RFID-Technologien, die uns genau dabei helfen, Dinge schnell zu finden, Buchungen zu automatisieren und uns letztlich die nötige Transparenz zu verschaffen.

ANDREA SPIEGEL: Kannst du vielleicht ein Beispiel machen? Also kannst du auch fiktiv ein Beispiel erfinden, bei dem zum Beispiel eine RFID in Kombination mit einem E-Label zum Einsatz kommt? Wie könnte das aussehen, also wie das in einem konkreten Fertigungsprozess abläuft?
KEVIN MARCKWARDT: In unserer digitalen Fabrik kann man sich das zum Beispiel alles anschauen und anfassen. Aber es gab noch keinen Kunden, der gekommen ist und gesagt hat: “Ich will alles genauso, wie es da steht.” Bis jetzt gab es das faktisch noch nicht. Theoretisch ist es aber genau der Prozess, der dort abgebildet ist. Das heißt, ich fange mit meinem Kommissionierablauf an und verknüpfe das elektronische Etikett, also das E-Label, mit dem Fertigungsauftrag. Danach wird mir auf dem E-Label angezeigt, welche Fertigungsschritte noch anstehen. Ich laufe dann diesen ganzen Montageprozess durch, und das E-Label aktualisiert sich immer wieder, wenn ein Fertigungsschritt abgeschlossen wurde, um zu sehen, wo es als Nächstes hin muss.
ANDREA SPIEGEL: Woher weiß das E-Label, dass es der nächste Schritt ist?
KEVIN MARCKWARDT: Das könnte zum Beispiel die BDE (Betriebsdatenerfassung) machen. Das heißt, wenn ich eine BDE-Buchung angestoßen und abgeschlossen habe…
ANDREA SPIEGEL: Also eine Betriebsdatenerfassung?
KEVIN MARCKWARDT: Genau. Dann könnte diese Aktualisierung automatisch angestoßen werden. Dasselbe könnte aber auch mit RFID passieren. Das heißt, ich habe ein E-Label, das mit einem Fertigungsauftrag verbunden ist. Der Fertigungsauftrag hat wiederum ein eigenes RFID-Etikett, und sobald ich durch ein Gate laufe, können diese Daten ebenfalls aktualisiert werden und Buchungen angestoßen werden. Das hilft mir am Schluss auch, sagen wir mal, die Fehlerquelle Mensch zu minimieren.
ANDREA SPIEGEL: Oder zumindest die Fehler, die gemacht werden, auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
KEVIN MARCKWARDT: Klar, genau.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es Bereiche, in denen du schon festgestellt hast, dass am Ende das Papier einfach unschlagbar ist? Es gibt doch bestimmt auch Bereiche, vor allem in der Fertigung, wo es einfach noch schneller geht mit Papier. Oder würdest du sagen: “No way, am Ende ist alles digital besser”?
KEVIN MARCKWARDT: Wie gesagt, schneller ist nicht immer besser. Es gibt viele Punkte, an denen man Papier einsparen kann. Einer davon ist sicherlich die Produktion mit all den Dokumenten, da wir diese auch digital anzeigen könnten. Das heißt, man braucht sie dann nicht mehr auf Papier. Ein weiterer Punkt wäre zum Beispiel die Qualitätssicherung. Oftmals hat man hier auch ewig lange Listen, die man abarbeiten muss, etc. Das lässt sich ebenfalls digital abbilden.

ANDREA SPIEGEL: Rücklisten oder so etwas?
KEVIN MARCKWARDT: Richtig. Deswegen sehe ich keine Abteilung, in der Papier unschlagbar ist. Aber man muss halt immer schauen, was der Nutzen dahinter ist.

ANDREA SPIEGEL: Das heißt, für dich wären auch, ich sag jetzt mal, hybride Lösungen denkbar, bei denen du sagst, ja, an der einen Stelle ist vielleicht noch Papier im Einsatz, dann wird es übergeben und digital weiterverarbeitet. Oder würdest du sagen, na ja, hybrid ist immer schlecht wegen des Medienbruchs?
KEVIN MARCKWARDT: Ne, hybrid ist nicht schlecht. Wir haben immer das Thema der Identifikation. Das heißt, auch wenn ein Fertigungsauftrag in die Produktion geht, müssen wir wissen, was das überhaupt für ein Fertigungsauftrag ist. Ein kleines, sagen wir mal, nicht unbedingt DIN A4-Blatt, auf dem ganz normal der Barcode aufgedruckt ist, der mir bestätigt, dass es sich um diesen Fertigungsauftrag handelt, reicht schon, um die ganzen Daten auf einer BDE oder einer Lagerlösung anzuzeigen. Deswegen macht das auch Sinn.

ANDREA SPIEGEL: Wenn wir jetzt nochmal zurückblicken, du hast vorhin schon gesagt, die KMU in Deutschland, aber vielleicht auch weltweit. Wenn du da mal so einen groben Blick drauf wirfst oder, wie gesagt, auch einfach aus deiner Erfahrung der letzten Jahre, was würdest du sagen, wie weit sind die Unternehmen schon beim Thema papierlose Fabrikfertigung? Oder würdest du sagen, bei ganz vielen ist es noch ganz, ganz am Anfang? Kannst du da einen Eindruck geben?
KEVIN MARCKWARDT: Ja, das hängt natürlich stark von der Größe des Unternehmens ab. Also bei Proalpha betreuen wir hauptsächlich KMU. Andere große ERP-Systeme wie SAP und ähnliche haben logischerweise weiter fortgeschrittene Technologieprojekte, weil dahinter oft auch eine ganz andere Finanzkraft steckt. Aber generell, auch wenn die Kunden mit Papier anfangen, begleiten wir sie bis zu dem Punkt, an dem der Prozess größtenteils oder sogar ganz ohne Papier laufen kann. Deshalb würde ich vielleicht gar keine Angst davor haben.
ANDREA SPIEGEL: Sagst du, man sollte keine Angst davor haben, auch wenn man noch nie damit gearbeitet hat? Aber das heißt, es gibt auch, sage ich jetzt mal, je nach Unternehmensgröße starke Unterschiede, wo noch viel Papier im Einsatz ist und wo weniger. Wahrscheinlich in Konzernen, die sind ja tendenziell immer ein bisschen moderner unterwegs, weil sie einfach auch die finanziellen Mittel haben.
ANDREA SPIEGEL: Ja. Wenn wir schon bei den Finanzen sind, keine Angst, ich erwarte jetzt keine konkreten Zahlen von dir, also nicht “so und so viel kostet das”.

ANDREA SPIEGEL: Aber würdest du sagen, es ist einfach innerhalb eines gesamtheitlich gedachten Digitalisierungsprozesses sinnvoll, sich auch damit zu befassen, wo wir Papier reduzieren können, beziehungsweise es passiert automatisch, wenn man eben digitalisiert? Oder ist das ein Projekt, bei dem du sagst, das kann man auch separat angehen? Da kann man sich wirklich mal sagen, wir nehmen uns x Euro vor und versuchen, das an einer Stelle zu machen. Oder würdest du sagen, nee, das muss schon ganzheitlich in einem Digitalisierungsprozess der Fertigung mitgedacht werden?
KEVIN MARCKWARDT: Also, wir haben oft Kunden, die mit einem Pilotbereich anfangen. Das heißt, es gibt vielleicht einen separaten Bereich, in dem ein bestimmter Fertigungsschritt passiert, und da könnte man meistens gut anfangen, bevor man die ganze Fertigung gleich umkrempelt. Deshalb macht es Sinn, klein anzufangen und dann langsam auszurollen. Wir haben auch teilweise Kunden, die mit einer Tochtergesellschaft zum Beispiel starten, die nicht so groß im Volumen ist, was optimal für einen Pilotversuch ist. Danach kann man es auf die größeren Gesellschaften ausrollen.

ANDREA SPIEGEL: Kannst du uns auch nochmal einen Eindruck davon geben, wie so etwas aussehen kann? Was muss quasi definiert sein, bevor man loslegt? Was muss ich als Unternehmen vielleicht auch an Vorarbeit leisten? Ich denke da immer gerne an das Thema Daten, also meine Daten erstmal zu strukturieren und mir darüber Gedanken zu machen. Und was passiert dann bei der Umsetzung genau? Kannst du das mal grob beschreiben?
KEVIN MARCKWARDT: Also, da gibt es ein Wort, ich glaube, das hassen alle ITler in den Unternehmen: Stammdaten. Und Stammdaten sind nun mal der Kern jeder Software. Egal, ob es ein ERP-System ist oder ob es unsere Zusatzlösungen in der mobilen Logistik, der Produktionsplanung oder im Field Service sind – Stammdaten sind immer der Ausgangspunkt.
ANDREA SPIEGEL: Das Nonplusultra.
KEVIN MARCKWARDT: Ja, absolut. Wenn die nicht sauber sind, kann ich auch nicht sauber arbeiten. Das heißt, wenn die Stammdaten gepflegt sind, kann man mit unseren Erweiterungslösungen beginnen. Und dann ist es auch relativ einfach, weil, wenn ich sauber angelegte Fertigungsaufträge habe, sauber angelegte Artikel, Baugruppen und vielleicht auch meine ganzen Dokumente sauber gepflegt sind, kann ich sehr einfach darauf aufbauen. Am Schluss greifen wir auf Daten zurück, die es schon gibt, und erzeugen dann später erst die neuen.
ANDREA SPIEGEL: Okay. Das heißt, meine Hausaufgabe Nummer eins ist, meine Stammdaten zu pflegen und dafür zu sorgen, dass sie korrekt sind.
KEVIN MARCKWARDT: Ja, absolut. Wenn ich 5.000 Artikel in meinem ERP-System habe und davon produziere ich nur noch 2.000, die auch nur halb gut gepflegt sind, weil jemand noch die anderen 3.000 pflegt, dann ist das halt nicht gut.
ANDREA SPIEGEL: Okay, das heißt, Step 1 für mich. Was passiert danach? Ich habe jetzt die Stammdaten gepflegt.
KEVIN MARCKWARDT: Dann kommt auf mich zu oder meine Kollegen kommen dementsprechend. Wir führen ein erstes Anforderungsgespräch, hören einfach nochmal rein, wie ist die Situation, welche Version des ERP-Systems wird eingesetzt, wie ist der Prozess, den man verbessern möchte, also optimieren. Im nächsten Schritt kommen wir vielleicht vor Ort, schauen uns das Ganze nochmal an, präsentieren unsere Lösung und finden dann heraus, welcher Ansatzpunkt am einfachsten und schnellsten ist und wo wir den größten Benefit erzielen, weil nicht nur die Mitarbeiter sollen ja davon profitieren, sondern am Schluss auch logischerweise das Management und die Geschäftsführer oder der Inhaber.
ANDREA SPIEGEL: Und der Geldbeutel. Da haben wir vorhin schon mal drüber gesprochen.
KEVIN MARCKWARDT: Genau, ja. Das heißt, wir suchen schon danach, wo wir den schnellsten ROI erreichen. Dann fängt es an, ganz normal: Ich beauftrage bei L-mobile beispielsweise, wir beginnen das Projekt mit der Installation, vielleicht gefolgt von einem Workshop, falls es im Prozess Anpassungen geben muss, damit der Prozess sauber weitergeführt werden kann. Dann rollt man sukzessiv auf die weiteren Funktionen aus, bis das System schließlich ganzheitlich implementiert ist.
ANDREA SPIEGEL: Und dann kann ich loslegen.
KEVIN MARCKWARDT: Das kann man auch vorher schon sukzessiv aber langsam, Schritt für Schritt, weil Schritt für Schritt ist besser als alles auf einmal.
ANDREA SPIEGEL: Also, das heißt, ich muss nicht nur Schritt für Schritt einführen, sondern ich kann es parallel auch schon nutzen.
KEVIN MARCKWARDT: Ja, man kann auch anfangen, zum Beispiel haben viele Kunden, die mit dem Wareneingang beginnen. Das heißt, es geht los, und die ersten Buchungen, die abgegeben werden, passieren im Wareneingang. Erst dann folgt alles andere: nach dem Wareneingang die Einlagerung, nach der Einlagerung geht es dann weiter zur Kommissionierung für die Produktion, dann die Buchungen in der BDE oder in der Betriebsdatenerfassung, Maschinedatenerfassung, was auch immer man hat. So beginnt man einfach irgendwo und hangelt sich an dem ganzen wertschöpfenden Prozess entlang.

ANDREA SPIEGEL: Ergibt es in deinen Augen Sinn, wenn du jetzt gerade schon vom Lager gesprochen hast, dass ich das Lager digitalisiere, auch wenn ich es noch nicht digitalisiert habe, aber ich möchte es tun? Vielleicht, weil das Unternehmen mittlerweile so groß ist, dass Lager und Produktion mehr oder weniger zwei separate Bereiche sind. Würdest du sagen, man sollte erst das Lager digitalisieren und dann die Produktion, oder sagst du, nein, mein Pilotprojekt ist eben die Produktion, ich fange dort an?
KEVIN MARCKWARDT: Also, das hängt eher davon ab, wo man den größten Schmerzpunkt hat. Es macht sicherlich Sinn, Logistik und Produktion zusammenzulegen. Für unsere Software ist es einfacher, wenn ich zuerst die Logistik einführe und dann die Produktion anschließe. Das ist theoretisch auch günstiger für den Kunden. Auf der anderen Seite, wenn ich meine größten Schmerzpunkte in der Produktion habe, kann ich logischerweise auch dort anfangen.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es noch etwas zum Thema papierlose Fertigung oder auch zu den Technologien dahinter, das du den Leuten, die uns heute zuhören, auf jeden Fall mitgeben würdest?
KEVIN MARCKWARDT: Es tut nicht weh und ist oftmals günstiger, als man denkt, vor allem gerade in der Intralogistik und in der Produktion.

ANDREA SPIEGEL: Sehr schön, Kevin.
Und vielen, vielen Dank für deine Zeit, dass du heute bei uns warst.
Wenn ihr da draußen noch Fragen habt rund um das Thema papierlose Produktion oder papierlose Fertigung, lasst uns das gerne in den Kommentaren wissen oder schreibt uns eine Nachricht, eine E-Mail – wie auch immer.
Und wenn es noch weitere Themen gibt, schaut auch gerne mal in unseren bisherigen Podcast-Folgen vorbei. Dort findet ihr viele spannende Inhalte rund um das Thema digitalisierte Produktion und digitale Fertigung. Ihr könnt auch gerne mal vorbeischauen, um spannende Videos mit weiteren Experten von L-mobile oder natürlich auch aus ganz Deutschland zu sehen.
Wenn ihr noch Ideen für weitere Folgen habt, die wir in diesem Podcast behandeln sollen, lasst uns das ebenfalls gerne wissen.
ANDREA SPIEGEL: Und ansonsten, wenn euch die Folge gefallen hat, lasst uns einen Daumen nach oben bei YouTube oder eine Bewertung bei Apple Podcast oder Spotify da. Wir würden uns sehr freuen. Nehmt auch gerne an unserer Spotify-Umfrage teil. Das würde uns ebenfalls sehr freuen, da wir von euch ein bisschen Feedback bekommen können. Ob Kevin das hier richtig erklärt hat und was die Herausforderungen und Gründe sind, warum man eine papierlose Produktion anstrebt.
ANDREA SPIEGEL: Ansonsten vielen Dank noch mal an dich.
KEVIN MARCKWARDT: Danke ebenfalls.
ANDREA SPIEGEL: Macht’s gut, bis zum nächsten Mal.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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