#107 Positionsdaten mit Bluetooth Low Energy mit Andreas Gaufer

Podcast Industrie 4.0 | Der Expertentalk für den Mittelstand

Alte Technologie im neuen Gewand: Gamechanger für mittelständische Unternehmen? Thema heute: Bluetooth Low Energy! Wie, wo, was das ist.

Welche Use Cases hat diese Technologie? Genau diese Frage klären Andrea und Andreas Gaufer, CTO bei der safectory GmbH, in der heutigen Folge.

Wie können die Effizienz gesteigert werden und automatische, mühelose Transparenz geschaffen werden? Und welche Infrastruktur wird benötigt, um das alles zu implementieren?

Einen kleinen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung in Sachen BLE Technologie gibt es zum Schluss auch noch – also, klingt doch wieder sehr spannend! Jetzt reinhören.

Das Transkript zur Podcast-Folge: Positionsdaten mit Bluetooth Low Energy

ANDREA SPIEGEL: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge „Industrie 4.0 – der Experten-Talk für den Mittelstand“. Wer unseren Podcast schon länger verfolgt, weiß, dass wir schon oft über das Thema Ortungstechnologien gesprochen haben. Heute schauen wir uns mal eine Ortungstechnologie an, die wir bisher noch nicht wirklich im Detail beleuchtet haben: Bluetooth Low Energy, kurz BLE. Wir sind sehr gespannt, was wir dazu alles erfahren und lernen dürfen. Bei mir ist heute Andreas Gaufer. Er ist CTO bei der Safe Factory GmbH, und ich freue mich, dass du da bist.

ANDREAS GAUFER: Hi, ich freue mich auch.

ANDREA SPIEGEL: Wie immer an dieser Stelle für euch noch einmal der Hinweis: Den Podcast gibt es auch als Video auf YouTube zu sehen. Schaut also gerne auf unserem Kanal vorbei. Wir freuen uns, wenn ihr das ein oder andere Video liked. Andreas, ich habe gerade gesagt, du bist CTO bei der Safe Factory GmbH und irgendwas mit Bluetooth Low Energy. Magst du mal ein bisschen mehr erzählen? Wer bist du, was machst du bei Safe Factory und was macht eure Firma generell?

ANDREAS GAUFER: Ja, also wie gesagt: Ich bin Andreas Gaufer und seit etwas über 30 Jahren in der industriellen Automatisierung unterwegs. Ich habe das anfänglich von der Pike auf bei der Siemens AG am Stammhaus in Erlangen gelernt. Nach knapp zehn Jahren hatte ich den Drang, ein eigenes Unternehmen zu gründen, nachdem ich die Einführung des Internets erlebt habe und alle möglichen Technologiesprünge innerhalb eines so großen Konzerns gesehen habe.
Dann habe ich zusammen mit meinem heutigen Partner, der Geschäftsführer ist, die Firma Safe Factory gegründet. Seitdem arbeiten wir an verschiedenen Technologien, und heute sprechen wir über Bluetooth Low Energy als Positionierungstechnologie – das ist natürlich mein Leidenschaftsthema.

ANDREA SPIEGEL: Also bist du genau der richtige Mann dafür, sozusagen.

ANDREAS GAUFER: Ich hoffe doch, dass ich gute Auskunft geben und einiges dazu sagen kann.

ANDREA SPIEGEL: Ich musste mir fast ein Grinsen verkneifen, als du sagtest, du bist seit 30 Jahren dabei im Bereich Automatisierung. Irgendwie hat man trotzdem das Gefühl, wir haben noch viel zu tun in Deutschland. Trotzdem gibt es seit 30 Jahren Menschen wie dich, die schon daran arbeiten und immer in diesem Thema unterwegs sind.

ANDREAS GAUFER: Absolut. Das ist ein langer Weg, den Deutschland da geht. Allen, die in der Branche sind, ist das bewusst. Natürlich haben wir auch die Eigenschaft, alles sehr genau machen zu wollen. Das hat viele Vorteile. Fürs Tempo wirkt es sich nicht immer positiv aus, aber am Ende kommt oft ein sehr gutes Ergebnis heraus.

ANDREA SPIEGEL: Das stimmt. Also die Mischung macht es am Ende.

ANDREAS GAUFER: Die Mischung macht die Qualität.

ANDREA SPIEGEL: Aber auch mal die Geschwindigkeit. Ja, genau. Alles klar. Ich habe dich schon ein bisschen vorgewarnt und stelle immer noch eine kleine persönliche Frage zum Kennenlernen. Von dir würde ich gerne wissen: Wenn du deinem 15-jährigen Ich – oder von mir aus auch deinem 18-jährigen Ich – einen Tipp mitgeben könntest, welcher wäre das und warum?

ANDREAS GAUFER: Ah, das ist eine gute Frage. Meinem 15-jährigen Ich würde ich wahrscheinlich sagen: Lern noch genauer in der Schule und während der Ausbildung und

speichere dir das Wissen besser ab. Ich habe erst viel später wirklich begriffen, wie wertvoll eine fundierte Ausbildung ist. Ich würde meinem 15-jährigen Ich vielleicht auch sagen, weniger dem Spaß zu folgen, sondern mehr zu verinnerlichen, was man in der Zeit lernt. Als Jugendlicher ist man schließlich viel mehr in der Lage, wirklich zu lernen. Das wäre mein Tipp an mein früheres Ich.

ANDREA SPIEGEL: Also mehr Spaß im Lernen zu finden, sozusagen.

ANDREAS GAUFER: Genau.

ANDREA SPIEGEL: Sehr gut.

ANDREA SPIEGEL: Wir haben gerade schon darüber gesprochen: Du bist schon lange im Geschäft, und es gibt offensichtlich das Thema Automatisierung schon lange. Auch die Technologie Bluetooth Low Energy ist jetzt nicht super neu – also es gibt sie nicht erst seit gestern. Warum würdest du sagen, lohnt es sich trotzdem, dass wir uns heute diesem Thema widmen und dass auch unsere Zuhörerinnen und Zuhörer dranbleiben und sich wirklich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen?

ANDREAS GAUFER: Naja, Bluetooth Low Energy kennt ja jeder von seinen Kopfhörern, Smartwatches und so weiter. Wenn es mal nicht funktioniert, nervt es. Anfangs ist es manchmal auch etwas zickig. Aber es ist trotzdem eine weit verbreitete Technologie. Sie ist schon eine Weile am Markt, also schon ausgereift, und sie hat von Haus aus ein paar sehr gute Eigenschaften, die man in dem Anwendungsfeld, das wir heute besprechen – Positionierung – sehr gut nutzen kann. Deswegen lohnt es sich, sich das mal genauer anzuschauen.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es auch irgendwelche aktuellen Entwicklungen, sag ich mal, bei denen du denkst – technologische Entwicklungen, politische Entwicklungen oder was auch immer –, bei denen es nochmal besonders interessant wird? Also vielleicht auch im Hinblick auf Kosten oder so etwas?

ANDREAS GAUFER: Es ist natürlich so, dass, je weiter die Technologie entwickelt ist, sie auch immer günstiger wird. Man muss auch sagen, dass immer mehr Smart Devices – du hältst jetzt ja auch eins in der Hand – immer stärker in die Industrie Einzug finden: Tablets, Smartphones, und dass dort der Support für Bluetooth Low Energy sehr breit vorhanden ist. Und das wird immer weiter ausgebaut. Natürlich bringt auch die Bluetooth Special Interest Group immer wieder neue Technologieauflagen heraus. In Zukunft kommen Themen wie „Angle of Arrival“, aber auch Energiesparlösungen und noch mehr Robustheit hinzu. Es gibt also ständig Weiterentwicklungen. Deswegen ist Bluetooth Low Energy nach wie vor top aktuell.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt haben wir vorhin schon mal – oder ich habe es schon mal angekündigt – wir haben hier im Podcast schon oft über Ortungstechnologien gesprochen, auch RFID oder Ultra Wideband, solche Themen. Inwiefern unterscheidet sich jetzt Bluetooth Low Energy von solchen Technologien?

ANDREAS GAUFER: Also, wenn ich es mal einordnen darf: RFID hat keine Batterien. Das heißt, die Tags sind sehr preisgünstig, bekommen ihre Energie aber über die Antenne, die zum Funktionieren notwendig ist. Diese Antennenkonstruktion ist relativ aufwendig und komplex, dadurch auch kostenintensiv, und die Reichweite ist eher überschaubar. Man muss also vergleichsweise viele dieser komplexen Antennen installieren. Das ist der eine Aspekt bei RFID. Bluetooth Low Energy ist irgendwo in der Mitte. Das „L“ steht für Low, das „E“ für Energy. Das bedeutet, man kann ein Gerät mit einer kleinen Batterie über Jahre hinweg nutzen. Außerdem ist es, wie ich gerade erwähnt habe, eine weit verbreitete Technologie. Sie ist kostengünstig, pro Stück ist der Investitionsaufwand gering, und man kann viele Geräte einsetzen, ohne dass die Kosten stark steigen. Im Vergleich zu UWB ist es so: UWB nutzt die Laufzeitanalyse des Signals und misst die Distanz anhand der Flugzeit sehr präzise. Es kann Dinge auf den Zentimeter genau orten. Die Technologie, die dafür an der Wand hängt – die sogenannten Anker – ist allerdings relativ komplex, teuer, und man braucht davon meist sehr viele. Auch die Tags, die von diesen Ankern detektiert werden, benötigen viel Energie, haben einen größeren Batteriebedarf und sind daher schneller leer. Bluetooth sortiert sich hier also in der Mitte ein: geringer Energieverbrauch, geringe Kosten, solide Funktion. Aus unserer Sicht ist es der Sweetspot, bei dem man das meiste aus seiner Investition herausholen kann und es gleichzeitig im betrieblichen Alltag am einfachsten handhabbar ist. Man muss sich überlegen: Was brauche ich eigentlich am Ende? Wenn man wirklich auf den Zentimeter genau wissen muss, wo etwas ist, ist UWB vielleicht besser. Wenn das aber gar nicht das Thema ist, sondern der Use Case anders aussieht, dann kann BLE die richtige Technologie sein. Schauen wir uns auf jeden Fall gleich an. Ich bin leider ein ziemlicher Noob, was die Technologien angeht – ich kenne ein paar Grundfunktionen, aber was alles dahintersteckt, weiß ich nicht.

ANDREA SPIEGEL: Kannst du uns also noch ein bisschen mehr darüber erzählen, wie genau BLE funktioniert? Vor allem auch in Bezug auf ein Produktionsumfeld, zum Beispiel: Was kann die Technologie, wo liegen vielleicht ihre Grenzen – zum Beispiel bei der Genauigkeit, die wir gerade schon angesprochen haben? Kannst du uns da mal mitnehmen? Was ist BLE, und was kann BLE vor allem im Produktionsumfeld?

ANDREAS GAUFER: Absolut. Die BLE-Positionierungssysteme funktionieren eigentlich alle auf Basis der Feldstärke, also der Signalstärke zwischen zwei Geräten – einem Sender und einem Empfänger. Dabei nutzt man die Messung, um abzuschätzen, ob sich ein Gerät sehr nah am Sender oder weiter entfernt befindet. Das machen alle Bluetooth-Low-Energy-Positionierungssysteme so. Unser System, das eFactory, hat hier einen speziellen Aspekt: Wir bieten sowohl Sender als auch Empfänger, die miteinander messen, batteriebetrieben an. Das bedeutet, dass man die beiden Kernkomponenten des Systems sehr nah zusammenbringen kann. Man hat keinen Verdrahtungsaufwand, muss sie nicht an Strom anschließen und kann beide über Jahre batteriebetrieben nutzen.

Wenn Sender und Empfänger nah beieinander sind, funktionieren die Systeme besonders gut, weil die Messung besonders präzise, stabil und zuverlässig ist. Bei eFactory haben wir besonderen Wert darauf gelegt, dass die beiden Komponenten per Konzept oder Organisation nah zusammengebracht werden. Dadurch entstehen leicht verwertbare Daten.

Bei BLE-Systemen ist es häufig so, dass man eine zonenbasierte Lokalisierung hat. Das heißt, man definiert einen Platz – zum Beispiel einen Arbeitsplatz –, um zu erfahren, wann etwas dort eintrifft oder den Platz verlässt. Das System lässt sich leicht aufbauen: Man bringt ein Gerät am Arbeitsplatz an und ein Tag an den Ladungsträgern. Wenn diese beiden Geräte sich an diesem Punkt begegnen, erkennt das Tag genau: „Ich bin am Arbeitsplatz 4.“ Diese Information wird dann über einen Access Point weitergeleitet.

ANDREAS GAUFER: Pro Halle reicht oft schon ein Access Point aus, während man in anderen Systemen leicht vier, fünf, sieben oder zehn Access Points benötigt. Das heißt, man hat mit unserem System viel weniger Verdrahtungsaufwand. Man braucht nur einen Access Point und kann dafür bestehende Infrastruktur nutzen. Das bringt viele Vorteile.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt hast du viel über die Vorteile gesagt. Gibt es auch Punkte, bei denen BLE an seine Grenzen stößt, also Bereiche, wo es einfach nicht mehr funktioniert?

ANDREAS GAUFER: Absolut. Es ist natürlich so, dass BLE ein Low-Energy-Funk ist. Das heißt, wenn ich eine Betonwand oder eine Betondecke habe, kann das Funksignal schlecht oder gar nicht hindurchdringen. Im Idealfall liegt die Reichweite im Freifeld bei etwa 100 Metern, in Gebäuden meist eher bei 30 bis 50 Metern. Aber da die Geräte vergleichsweise geringe Anschaffungskosten haben, kann man einfach mehr davon einsetzen und einzelne Räume damit ausstatten. So lassen sich diese Reichweiten-Grenzen gut überwinden.

ANDREA SPIEGEL: Du hast jetzt schon gesagt, von der Infrastruktur her ist es eher einfach einzurichten. Gibt es außer den Ankerpunkten und den Sendern noch etwas, was man an Infrastruktur benötigt?

ANDREAS GAUFER: An Infrastruktur braucht man eigentlich nichts – das ist das Smarte am System. Es ist wirklich sehr einfach und pragmatisch aufgebaut. Die Gateways, die die Daten weiterleiten, kann man dort installieren, wo ein Kabel verfügbar ist. Sie müssen nicht an einem speziellen Ort sein, da sie in der Ortung selbst keine Rolle spielen – sie dienen lediglich als Transportmedium. Dadurch ist es möglich, die Gateways genau dort zu installieren, wo die Netzwerkinfrastruktur ohnehin schon vorhanden ist. Man kann sogar bestehende Netzwerkinfrastruktur, zum Beispiel von Cisco, Aruba oder Extreme Networks, nutzen, wenn solche Systeme bereits vorhanden sind, was ja oft der Fall ist.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt geht es ja auch darum, die Technologie im Produktionsumfeld sinnvoll einzusetzen, um am Ende Transparenz zu gewinnen oder mehr Sicherheit, mehr Nachverfolgbarkeit in den Prozessen zu erreichen und Dinge leichter zu finden. Was für Use Cases gibt es denn generell für die BLE-Technologie?
Also wo würdest du sagen: Das sind meine Top 2 oder Top 3 Use Cases, bei denen es sich lohnt, BLE einzusetzen, wenn jemand ein bestimmtes Problem oder eine Herausforderung hat?

ANDREAS GAUFER: Im Endeffekt geht es fast immer um die gleichen Dinge: Effizienz steigern, Qualität verbessern und Kosten senken. Daraus leiten sich die wichtigsten Use Cases ab.
Wenn ich zum Beispiel in einer dynamischen Produktion verstehen will, wie der Tagesablauf läuft, wo sich alles befindet, wie Ladungsträger oder Waren durch die Produktion fließen, dann kann BLE sehr gut eingesetzt werden.
Ein weiterer wichtiger Use Case ist die Verringerung von Suchzeiten. Wenn ich spezielles Equipment in meiner Factory habe – Werkzeuge oder andere seltene Gegenstände –, die immer wieder gesucht werden oder die nur in geringer Anzahl vorhanden sind, ist das ein idealer Einsatzbereich für BLE. Über ein Ordnungssystem kann man diese Dinge leicht auffindbar machen. Das bedeutet, dass jemand, der das Equipment benötigt, es schnell findet. Dadurch kann der Fuhrpark kleiner gehalten werden, weil man weniger Geräte benötigt. Gleichzeitig wird die Produktivität gesteigert, da die Mitarbeiter nicht lange suchen müssen. Das senkt auch die Personalkosten.

ANDREA SPIEGEL: Und was machen Unternehmen am Ende, wenn sie diese Informationen gesammelt haben? Du hast gesagt, man kann Sachen orten. Kannst du ein Beispiel nennen, wie ein Kunde das konkret nutzt, und was dann mit den Informationen passiert?

ANDREAS GAUFER: Es gibt diverse Datenschnittstellen, über die man die Daten nutzen kann. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Szenarien: ad hoc, also in Echtzeit, und retrospektiv.
Ad hoc bedeutet: Ich schaue sofort nach, wo etwas ist, oder verschaffe mir einen Überblick. Zum Beispiel bei großen Maschinen, die bei einem Maschinenbauer hergestellt werden: Die Maschine wandert von Werkplatz zu Werkplatz. Ich kann genau sehen, wann ein Bearbeitungsschritt abgeschlossen ist und wann sie zur nächsten Station weitergeht. So behalte ich den Überblick: Ist genug Personal vorhanden? Läuft alles planmäßig? Dauert ein Schritt länger oder kürzer als geplant? Diese Informationen lassen sich auch in andere Systeme einspeisen. Ein Kunde nutzt sie zum Beispiel, um Material an der nächsten Station just in time bereitzustellen – nicht nach Plan, sondern nach den tatsächlichen Ist-Daten. Er weiß genau: Die Maschine ist im zweiten von vier Schritten, also liefert er bereits Material, Personal oder Werkzeuge für Station 3. So kann der Produktionsfluss reibungslos weiterlaufen.

Der zweite Teil ist die retrospektive Analyse. Als Planer oder Analyst kann ich prüfen, ob alles wie geplant verlief, ob das Konzept aufgegangen ist oder ob es Abweichungen gab. Diese Daten lassen sich in Ruhe auswerten, den Teams zur Verfügung stellen und für Optimierungen nutzen, die ohne Daten kaum möglich wären.

ANDREA SPIEGEL: Kannst du aus deiner Erfahrung sagen, was für die Kunden wichtiger ist? Geht es eher darum, ad hoc auf die Daten zuzugreifen, oder eher um die Planbarkeit und das Verständnis für die eigene Produktion – also Engpässe, Abweichungen und so weiter?

ANDREAS GAUFER: Das ist sehr unterschiedlich. Das Tool ist für beide Zwecke nützlich. Meistens wird beides genutzt: ad hoc, um schnell reagieren zu können, und retrospektiv, um die Planung zu verbessern. Ad hoc ist besonders in Zeiten von Fachpersonalmangel hilfreich, weil man Benachrichtigungen nutzen kann, um gezielt Fachkräfte einzusetzen, wenn Daten zeigen, dass etwas vom Plan abweicht. Gleichzeitig ermöglicht es eine effizientere Planung für den nächsten Tag oder die nächste Woche.

ANDREA SPIEGEL: Je nach Zielgruppe ist das unterschiedlich relevant. Ein Werker oder eine Fachkraft in der Halle hat eher Ad-hoc-Bedürfnisse, während ein Planer oder eine höhere Führungskraft eher an historischen oder aggregierten Daten interessiert ist.

ANDREAS GAUFER: Genau. So kann man wiederkehrende Abweichungen vom Plan erkennen und strategisch darauf reagieren.

ANDREA SPIEGEL: Das sind die Muster, die man erkennen darf.

ANDREAS GAUFER: Richtig, Muster. Und heutzutage ist KI in aller Munde. Mit diesen Daten lassen sich Analysen durchführen und Erkenntnisse gewinnen, die erfahrenen Mitarbeitern ohne Daten möglicherweise nicht auffallen. Das eröffnet viele neue Chancen, die nur genutzt werden können, wenn man die Daten hat.

ANDREA SPIEGEL: Ich frage immer ganz gerne auch mal nach den Kosten beziehungsweise nach dem ROI – oder wie auch immer man das nennen möchte. Mir ist klar, dass das natürlich viel Einfluss darauf hat, wie groß der Bedarf ist, wie viel Hardware man braucht und so weiter.
Aber vielleicht können wir mal darüber sprechen, ob du eine Erfahrung teilen kannst: Wie viel Zeit oder Kosten, vielleicht auch nicht ersetzbares Personal, konnte jemand einsparen? Oder wo konnte jemand einen Mehrwert in Zahlen generieren? Hast du da ein Beispiel von einem Kunden?

ANDREAS GAUFER: Also eine Zahl, die eigentlich ziemlich plakativ ist: Wir erkennen immer wieder in verschiedenen Projekten, dass – ich habe vorhin vom Fuhrpark spezieller Werkzeuge oder Equipment gesprochen – Kunden die Anzahl der Dinge, die sie tracken, um etwa 10 Prozent reduzieren können. Das heißt, sie haben viel weniger Investitionen, weniger Geräte, die gewartet werden müssen, und können trotzdem mit geringeren Investitionen effizient arbeiten. Diese Zahl von 10 Prozent ist schon wertvoll. Gerade wenn man mit teurem Werkzeug oder Equipment arbeitet, kann man die Investitionen in ein Tracking-System so sehr schnell amortisieren.

ANDREA SPIEGEL: Das ist auf jeden Fall eine Ansage, ja.

ANDREAS GAUFER: Sehr.

ANDREA SPIEGEL: Cool.

ANDREA SPIEGEL: Du hast vorhin schon das Thema Schnittstellen zu anderen Systemen erwähnt. Ich sage mal, ein ERP-System ist ja bei den meisten Firmen vorhanden – vielleicht nicht bei allen, aber sehr vielen. Es ist oft der Single Point of Truth.
Wie binde ich nachher so eine BLE-Lösung idealerweise an ein solches System an? Manche haben vielleicht auch ein MES-System oder andere Systeme. Wie kommen die Daten vom einen ins andere System und wieder zurück? Oder braucht es das gar nicht? Wie arbeiten die Systeme sinnvoll zusammen?

ANDREAS GAUFER: Es ist eigentlich unkompliziert, weil viele Dinge schon im ERP-System vorhanden sind. Werkplätze zum Beispiel sind ohnehin bekannt, ebenso wie Ressourcen. Auch Ladungsträger oder Transportmittel, mit denen die Ware bewegt wird, existieren bereits. Ich befestige im Prinzip nur neue Elektronik oder Bluetooth-Low-Energy-Tracking-Sensoren an diesen vorhandenen Objekten. Das bedeutet, ich habe keinen großen Aufwand, die Systeme miteinander zu verknüpfen. Bei unserer Lösung kommen zum Beispiel nicht zwingend komplizierte geometrische Koordinaten heraus, sondern wir melden einfach: „Dieser Ladungsträger 14 ist jetzt am Arbeitsplatz 4.“

ANDREA SPIEGEL: Normalerweise bewegt sich der Arbeitsplatz 4 ja nicht.

ANDREAS GAUFER: Genau, der Arbeitsplatz bewegt sich nicht. Der Verzicht auf Koordinaten ermöglicht Pragmatismus bei Nutzung, Einbau und Erweiterung des Systems. Ich muss nicht jedes Mal ans Zeichenbrett gehen, um neue Daten einzupflegen. Wenn ich einen neuen Werkplatz einrichte, kann ich einfach einen neuen Location-Beacon anbringen, ihn so benennen, wie er im System bekannt ist, und schon weiß ich, wenn Dinge dort eintreffen. Das macht das System sehr einfach handhabbar.

ANDREA SPIEGEL: Auf jeden Fall.

ANDREA SPIEGEL: Jetzt haben wir schon gesagt, du bist schon lange in diesem ganzen Thema dabei – seit 30 Jahren im Bereich Automatisierung unterwegs. Was erwartest du denn? Du hast ja schon KI genannt, aber es gibt vielleicht auch noch andere Entwicklungen in den nächsten fünf bis zehn Jahren, gerade vielleicht im Bereich Bluetooth Low Energy. Was kommt da noch auf uns zu? Was passiert da noch? Gibt es da schon irgendwas, wo du sagst: „Da habe ich schon so ein Gefühl dafür, mein Näschen verrät mir da schon etwas“?

ANDREAS GAUFER: Es ist natürlich immer schwer, die Zukunft vorherzusagen, aber ich rechne damit, dass immer mehr Dinge, die man anschafft, die Technik vielleicht schon integriert haben. Bei Bluetooth ist es üblich, dass es zwischen Herstellern eine sehr große Kompatibilität gibt, und ich denke, dass das auch weiter wachsen wird. Hauptsächlich wird meiner Ansicht nach die Adaption in der Menge steigen.

ANDREA SPIEGEL: Wie meinst du das genau?

ANDREAS GAUFER: Ich meine, dass immer mehr Geräte und Dinge getrackt werden. Gleichzeitig entwickeln die Menschen, die damit arbeiten, ein besseres Verständnis dafür, was das bedeutet und welchen Vorteil es für sie hat. Dadurch wird die Adaption solcher Methoden meiner Meinung nach steil ansteigen.

ANDREA SPIEGEL: Gibt es denn jetzt zum Abschluss noch irgendwas, wo du sagst: „Das muss einfach jeder wissen, wenn es um BLE geht“? Oder möchtest du eine Lanze für die Technologie brechen oder einen Ansporn geben, den du Unternehmern mitgeben willst, die unseren Podcast hören? Wo du sagst: „Das solltet ihr wissen“ oder „Hört mir zu, das ist gut für euch“?

ANDREAS GAUFER: Was ich als Tipp oder Vorschlag machen möchte: Ein BLE-Positionierungssystem ist eines der einfachsten Systeme, die man anwenden kann. Mein Hinweis ist also: Einfach mal anfangen. Man kann damit in Teilbereichen der Produktion arbeiten. Von der technologischen Seite her ist es nicht notwendig, alles von vorn bis hinten durchzuplanen und dann erst zu beginnen. Man kann sehr pragmatisch starten und ebenso pragmatisch weitermachen. Das ist mein Appell: Das System einfach mal anschauen, ausprobieren, Erfahrungen sammeln und schnell lernen, was man damit verbessern kann.

ANDREA SPIEGEL: Und es ist, glaube ich, auch ein nicht-invasives System, richtig?

ANDREAS GAUFER: Absolut. Der Mitarbeiter oder Werker muss sich an das System nicht gewöhnen. Er muss nicht aktiv mitwirken – es funktioniert von alleine. Es gibt keine zusätzlichen Arbeitsschritte, die beachtet werden müssen. Die Sensoren werden einfach an den Dingen angebracht, die ohnehin benutzt werden, und funktionieren automatisch. Das System ist wartungsarm, leicht zu bedienen und dadurch auch einfach zugänglich.

ANDREA SPIEGEL: Das hört sich doch gut an – das wollen wir jetzt alle haben.

ANDREAS GAUFER: Das freut mich, ja.

ANDREA SPIEGEL: Vielen Dank für deine Zeit und Expertise. Wir haben über das ganze Thema Bluetooth Low Energy gesprochen: Was ist BLE überhaupt, worin unterscheidet es sich von anderen Ortungstechnologien, die technische Infrastruktur und deren geringe Anforderungen, Use Cases und Mehrwerte der Technologie sowie digitale Schnittstellen und die Einbindung ins Firmen-Ökosystem. Vielen Dank nochmal für deine Zeit – es hat Spaß gemacht. Schön, dass du da warst.

ANDREAS GAUFER: Danke auch, war sehr angenehm.

ANDREA SPIEGEL: Danke. Und wenn ihr da draußen noch Fragen zum Thema habt, dann stellt sie uns sehr gerne in den Kommentaren oder schickt uns eine Nachricht über die verschiedenen Kanäle. Wir geben sie auch gerne an Andreas weiter, sodass er vielleicht noch das ein oder andere Thema für euch beantworten kann.
Wenn ihr Ideen für neue Folgen habt, lasst es uns ebenfalls wissen. Und wenn euch diese Folge gefallen hat, lasst uns gerne einen Daumen nach oben bei YouTube da oder eine Bewertung bei Apple Podcasts oder Spotify – darüber freuen wir uns sehr.

Macht’s gut und bis zum nächsten Mal.

Welche Idee steckt hinter der Multikommissionierung in der Lagerlogistik?

„Die Idee bei der Multikommissionierung ist auch da, eben solche Leerfahrten, Leerwege, egal ob jemand läuft oder eben fährt, zu vermeiden.“

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